Mitarbeiterführung in schwierigen Zeiten

Führungsfehler von vornherein vermeiden

Eine Fehlerkultur hebt darauf ab, Fehler als notwendige Schritte auf dem Weg zum Ziel zu akzeptieren und sie als Lernchance zu begreifen. Trotzdem spricht nichts dagegen, Fehler insbesondere bei der Mitarbeiterführung von vornherein zu vermeiden. Denn vor allem die langfristigen Folgen von Führungsfehlern sind schmerzlich: demotivierte Mitarbeiter, gewittriges Betriebsklima, genervte Chefs und – im schlimmsten Fall – unzufriedene Kunden.

Fehlerquelle 1: Führen ohne Werte

Die Krise hat gezeigt, dass Unternehmen, deren Mitarbeiter und Führungskräfte nicht über einheits- und stabilitätsstiftende Werte verfügen, eher vom Zerfall bedroht sind als Unternehmen, in denen sich die Menschen mit denselben Werten identifizieren.

Der Apotheker sollte darum gemeinsam mit dem Team einen Wertekodex aufstellen und dabei folgende Fragen diskutieren: Wer sind wir, was wollen wir und was ist uns wichtig? Was sind unsere Spielregeln? Wie gehen wir miteinander um? Und wie mit den Kunden?

Die Vorteile: Mitarbeiter und Apotheker ziehen an einem "Wertestrang", sind denselben Leitlinien verpflichtet und entwickeln so einen Teamgeist – und ein Team leistet immer mehr als die bloße Summe seiner Mitglieder vermuten lässt.

Im Fokus dürfen aber nicht "abgehobene" Werte ohne Alltagsrelevanz stehen, sondern Aspekte wie Wertschätzung und Vertrauen sowie die Einhaltung getroffener Vereinbarungen. Der Wertekodex umfasst dann ganz konkrete Vereinbarungen wie etwa: "Wir hören einander zu", "Wir suchen nicht die Schuld immer gleich beim anderen", "Wir agieren als Team – in guten und in schlechten Zeiten" und "Wir trauen dem Kollegen/Mitarbeiter/Chef etwas zu".

Fehlerquelle 2: Ökonomische Notwendigkeiten unterschätzen

Führen ohne Werte ist wertlos, und ohne Wertschätzung ist keine Wertschöpfung möglich. Trotzdem müssen in der Apotheke natürlich auch ökonomische Notwendigkeiten beachtet werden. Mitarbeiter sollen sich in der Apotheke wohl fühlen – sie müssen aber auch etwas leisten und zur Wertschöpfung beitragen. Der Apotheker darf auf der Basis des Wertekodex fordern, dass sich die Mitarbeiter engagieren und für die Erreichung der Apothekenziele motiviert einsetzen.

Verantwortung übernehmen, selbstständig Entscheidungen treffen, Aufgaben so gut wie möglich bearbeiten – der Apotheker kann im Mitarbeitermeeting und im Zielvereinbarungsgespräch mit Fug und Recht einfordern, dass Mitarbeiter Leistungsbereitschaft zeigen, besonders dann, wenn er ihnen Wertschätzung und Anerkennung entgegenbringt. Es ist ein Geben und Nehmen – Wertschätzung muss zu einem Gutteil auch erworben und erarbeitet werden.

Fehlerquelle 3: Kurzfristig denken und handeln

Es ist das alte Lied vom operativen Tagesgeschäft und der langfristigen Ausrichtung. Gerade bei der Krisenbewältigung sind ein schnelles Eingreifen und unkonventionelle Entscheidungen gefragt. Der Apotheker kann nicht bei jeder Entscheidung ein Gremium einberufen, in dem alle Pro- und Contra-Argumente ausdiskutiert werden. Es gibt Situationen, die ein schnelles und entschlossenes Handeln erfordern.

Aber darüber darf er nie den strategischen Weitblick verlieren, die operativen Entscheidungen müssen auf dem Fundament der strategischen Ausrichtung der Apotheke fußen. Das ständige Präsentieren neuer Lösungen verunsichert die Mitarbeiter zutiefst. Besser ist ein stringenter Führungsstil, der die Erfordernisse des operativen Handelns und des strategischen Richtungsdenkens austariert.

Fehlerquelle 4: Orientierungslos führen

Heute macht der Apotheker Druck, pocht auf das bedingungslose Einhalten getroffener Vereinbarungen, morgen überschüttet er die Mitarbeiter mit Lob und Anerkennung, übermorgen kritisiert er den Mitarbeiter Müller im Beisein aller Kollegen. Hektischer Aktionismus führt zu Verunsicherung und Unzufriedenheit. Der Apotheker muss wissen, was er will, welche Ziele er erreichen möchte und bei der Mitarbeiterführung Prinzipien beachten, die alle seine Entscheidungen grundieren. Der prinzipiengeleitete Führungsstil bietet den Mitarbeitern Sicherheit und Orientierung – auch wenn sie nicht immer mit den Prinzipien einverstanden sein mögen.

Fehlerquelle 5: Das Selbstwertgefühl missachten

Der Apotheker muss und darf kritisieren, wenn es notwendig ist, und dabei auch Klartext reden, also Fehlerquellen klar benennen. Er sollte aber nie das Selbstwertgefühl der Mitarbeiter verletzen. Dies gelingt, indem er nie die Person, sondern stets das Fehlverhalten kritisiert. Wenn der Mitarbeiter einen Fehler macht, spricht die Führungskraft dies deutlich an – allerdings: Die Kritik ist inhaltsbezogen und nie personenbezogen ausgerichtet.

Fehlerquelle 6: Nur Ja-Sager ins Team holen

Gerade in schwierigen Zeiten tendieren Führungskräfte dazu, von den Mitarbeitern bedingungslose Gefolgschaft zu verlangen. Sie fürchten den Widerspruch – und damit den Zeitverlust bei wichtigen Entscheidungen. Das erstickt jede Kreativität im Keim.

Entwicklung und Fortschritt sind jedoch vor allem dann möglich, wenn der Apotheker den produktiven Widerspruch im Team nicht nur akzeptiert, sondern ihn darüber hinaus einfordert. Im Teammeeting fordert er dazu auf, konkret zu sagen, was aus Sicht der Mitarbeiter nicht optimal läuft. Er animiert mithin zur kritischen Wortmeldung und ermutigt die Kritikaster. Zugleich verdeutlicht er, dass es nicht bei der Kritik allein bleiben darf – er fordert konstruktive Lösungsvorschläge ein.

Fehlerquelle 7: Immer nur mit Entweder-oder-Haltung führen

Stets operativ ans Tagesgeschäft denken. Immer nur strategisch handeln. Nur loben. Immer Kritik üben. Die Apotheke zum "Wohlfühlzentrum" für Mitarbeiter machen. Mit harter Hand führen. All diese Einseitigkeiten und Entweder-oder-Haltungen sind kontraproduktiv.

Besser ist es, im Rahmen der Werteorientierung und auf der Basis der Führungsprinzipien flexibel zu bleiben und zu prüfen, ob nicht ein Sowohl-als auch die bessere Alternative darstellt.

Positive Führungskultur etablieren

Die Fehlerquellen sind benannt – die Grundsätze, die dazu führen, auch die nächste Krise konstruktiv zu bewältigen, lassen sich so zusammenfassen:

1. Formulieren Sie im Team verbindliche Spielregeln für den Umgang miteinander.

2. Verdeutlichen Sie Ihre Erfolgsorientierung. Die Mitarbeiter müssen ihr Bestes dazu beitragen, die Apothekenziele zu erreichen.

3. Bringen Sie strategischen Weitblick und operatives Handeln ins Gleichgewicht.

4. Formulieren Sie Ihre Führungsprinzipien – und handeln Sie konsequent danach.

5. Führen Sie Ihre Mitarbeiter so, dass nie die Gefahr des Gesichtsverlustes besteht.

6. Ermutigen Sie die Mitarbeiter zur konstruktiven Kritik und zu produktiven Lösungsvorschlägen.

7. Führen Sie immer mitarbeiterindividuell und beachten Sie die konkreten Umstände.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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