Häusliches Arbeitszimmer – Vorab-Entscheidung des BFH

Eintragung auf der Lohnsteuerkarte birgt (geringe) Risiken

(bü). Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zum "häuslichen Arbeitszimmer", wonach "ernsthafte Zweifel" bestehen, ob die 2007 gesetzlich eingeführte weitgehende Streichung der auf ein solches Arbeitszimmer entfallenden Kosten mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wirft Fragen auf:

  • Da es sich um eine "Vorab-Entscheidung" handelt, mit der einem Lehrerehepaar erlaubt wurde, für die Nutzung des Arbeitszimmers in den eigenen vier Wänden einen Freibetrag auf den Lohnsteuerkarten eintragen zu lassen, ist das endgültige Urteil noch nicht gefallen. Ob dieses "vorab" getroffene Ergebnis in der späteren Hauptverhandlung Bestand haben wird, steht dahin. Originalton: Sein jetziger Beschluss sei "kein Präjudiz" für das Hauptsacheverfahren. Kommt der BFH (erwartungsgemäß) zum selben Ergebnis, so ist anschließend das Bundesverfassungsgericht am Zuge.
  • Was bringt das allen übrigen Steuerzahlern, die – wie das Lehrerehepaar – nicht darauf verweisen können, dass ihr häusliches Arbeitszimmer den "Mittelpunkt ihrer gesamten beruflichen Betätigung" bildet? Können Sie sich nun ebenfalls einen Freibetrag auf der Steuerkarte notieren lassen? Beziehungsweise: Können Sie 2010 in der Steuererklärung für 2009 entsprechende Kosten geltend machen? – In beiden Fällen: ja. Das Finanzamt wird dies auch berücksichtigen und entsprechend geringere Steuern festsetzen. Es wird dies aber unter dem Vorbehalt der zu erwartenden endgültigen Entscheidung des Bundesfinanzhofs und – gegebenenfalls – des Bundesverfassungsgerichts tun.
  • Daraus folgt: Geht das Verfahren später endgültig zugunsten der Steuerzahler aus, so bleibt es beim geringeren Steuerabzug. Wird aber doch die vom Gesetzgeber getroffene Regelung abgesegnet, dann werden die bis dahin ergangenen Steuerbescheide wieder aufgerollt und Steuern nachberechnet. Dabei bleibt es aber nicht: Das Finanzamt wird 6 Prozent Zinsen auf den Nachzahlungsbetrag berechnen. Insofern besteht also ein (wenn auch in Anbetracht der "ernsthaften Zweifel", die den Bundesfinanzhof quälen – geringes) Risiko.
  • Wer ein solches Risiko nicht eingehen will, der bewahrt Ruhe und gibt sich – scheinbar – mit der dem Buchstaben des Gesetzes übereinstimmenden Rechtslage einverstanden. Geht das Verfahren steuerzahlerfreundlich aus, werden die bis dahin ergangenen Steuerbescheide neu geschrieben und zu Unrecht abgezogene Steuern erstattet. Zinsen gibt es hier allerdings erst mit Verzögerung: Der Anspruch darauf besteht mit dem 15. Monat nach dem "Steuerjahr", für das Steuern erstattet werden, so Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine.

Die Finanzämter sind im Übrigen angewiesen, die Steuerbescheide im Punkt "Häusliches Arbeitszimmer" als "vorläufig" zu bezeichnen. Wer diesen Vermerk auf seinem Steuerbescheid nicht findet, der sollte darauf dringen, dass er nachträglich vorgenommen wird.

Entsprechendes gilt für Selbstständige, etwa Handelsvertreter, denen das Finanzamt inzwischen die Anerkennung des Arbeitszimmers in der eigenen Wohnung/im eigenen Haus gestrichen hat. Sie können ihre Aufwendungen zwar nicht als Werbungskosten (wie die Arbeitnehmer), sondern als "Betriebsausgaben" geltend machen und auf den Ausgang der Musterprozesse warten. (Es laufen noch zwei weitere Verfahren in dieser Angelegenheit.)

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