In der Gesundheitspolitik knirscht es

Der Fonds entzweit FDP, CSU und CDU – doch man sieht auch Kompromisspotenzial

Berlin (ks). Das gesundheitspolitische Erbe Ulla Schmidts könnte zu einem der Knackpunkte in den anstehenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP werden. Schon vor der Wahl waren sich nicht nur Union und FDP sondern auch CDU und CSU uneins in ihrer Einschätzung des Gesundheitsfonds. Dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel in den am heutigen Montag beginnenden Koalitionsverhandlungen am Fonds festhalten will, stößt bei den Liberalen auf Kritik.

Schon unmittelbar nach der Wahl hatte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel die Abschaffung des Fonds als Bedingung für erfolgreiche Koalitionsverhandlungen genannt. Die stellvertretende FDP-Chefin Cornelia Pieper zog nach: "Es ist kein guter Umgangsstil, bereits vor den Koalitionsgesprächen zu sagen, was nicht verhandelt werden darf", beklagte sie sich gegenüber "Bild". Und auch der FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr hält nichts davon, wenn die CDU mit allzu starren Vorgaben in die Verhandlungen eintritt. Gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 1. Oktober) bekräftigte er nochmals das Ziel der FDP, den Fonds rückabzuwickeln: "Dafür haben wir in unserem Wahlprogramm geworben und ein entsprechendes Ergebnis bekommen." Die Liberalen plädieren für die Einführung eines Prämiensystems, das von den Lohnkosten abgekoppelt ist. Zudem fordern sie für die Krankenversicherungen wieder Beitragsautonomie. "Darüber werden wir in den Koalitionsverhandlungen streiten. Die Gespräche werden gerade in der Gesundheitspolitik nicht leicht werden", räumte Bahr ein. Über deren Ergebnisse will er vorab nicht spekulieren. Bestärkt sieht er sich aber durch die CSU, die den Fonds in seiner jetzigen Form ebenfalls ablehnt. "Wenn die Union am Fonds festhalten will, dann sollte sie doch einmal Lösungen für die Probleme nennen, vor denen das Gesundheitswesen steht", forderte Bahr, "im Wahlprogramm hat sie ja alles offen gelassen".

Kompromissmöglichkeiten beim Zusatzbeitrag?

Einlenkend gab sich auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn. In der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 2. Oktober) betonte er zwar die positiven Seiten des Fonds. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich, dass man ihn mit der FDP weiterentwickeln und verbessern könnte. Es gebe "viel Potenzial für Kompromisse", erklärte Spahn. So könnte etwa ein "richtig" gemachter Zusatzbeitrag die von der FDP geforderte Beitragsautonomie der Kassen wieder stärken. "Die Begrenzung des Zusatzbeitrages auf ein Prozent des Einkommens ist auch aus Sicht der Kassen offensichtlich nicht praktikabel und gehört daher abgeschafft", betonte der CDU-Abgeordnete. Sie sei ein "typisches Relikt großkoalitionärer Kompromisszwänge". Überdies ist die Union laut Spahn auch bereit darüber zu reden, ob die kürzlich eingeführten Erschwerungen für den Zugang zur privaten Krankenversicherung geändert werden sollten. Nicht zuletzt äußerte Spahn den Wunsch, eine Kapitaldeckung in der GKV einzuführen. "Wir werden in diesem Land alle gemeinsam älter und weniger. Und wir sollten dementsprechend handeln und vorsorgen. Dazu gehört es auch, Kapital für die Zukunft zurückzulegen."

Mittelstand der Union hängt am Prämienmodell

Kein Problem mit den FDP-Vorstellungen hat man offenbar auch im Wirtschaftsflügel der Union. Der Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, betonte in der "Frankfurter Rundschau" (Ausgabe vom 2. Oktober), dass das alte Unionsmodell für eine Gesundheitsprämie in seiner Gruppierung ein Thema bleibe. "Wir können die Sozialleistungsquote in jedem Fall nicht weiter wachsen lassen", so Schlarmann. Daher müsse man sich über die Finanzierungssysteme unterhalten. "Der Gesundheitsfonds der Großen Koalition sollte ja eine Brücke sein, entweder zur Bürgerversicherung von Rot-Grün oder zu einer Prämie".

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