DAX: Nächste Konsolidierung steht vor der Tür

Nachlassende Dynamik bei Finanztiteln und Stahlaktien – kleinere Werte im Vormarsch

(hps). Wachablösung beim DAX. Die bisherigen Zugpferde aus der Finanz-, Automobil- und Stahlbranche sind müde und werden ausgespannt. Die Aufmerksamkeit der Anleger gilt jetzt den kleineren Werten, mit denen sich das Börsenbarometer über Wasser hält. Erfahrungsgemäß der Auftakt zu einer Konsolidierungsphase.

Das Warten auf den großen Schub. Lediglich als "Vorgeplänkel" stufen manche Optimisten die gegenwärtigen Kursgewinne an den Weltbörsen ein. Der Grund: Ihrer Ansicht nach hat der eigentliche Run auf Aktien noch gar nicht eingesetzt. Sie spekulieren auf den Einstieg der großen Investmentgesellschaften, die scheinbar immer noch auf großen Cash-Positionen sitzen und den Einstieg versäumt haben. Der nicht zu erschütternde Glaube an die liquiditätsgetriebene Hausse verleiht so der Fantasie der Bullen Flügel. Man setzt auf die Fondsmanager, die in ihrer Verzweiflung fast bedingungslos nachkaufen müssen, um mit der DAX-Performance Schritt halten zu können. 6000 DAX-Punkte erscheinen da vielen nur noch als reine Formsache.

Die Faktenlage erscheint dagegen durchweg nüchterner. Der positive Verlauf der Berichtssaison basierte zum überwiegenden Teil auf Markterwartungen, die im Vorfeld von den Analysten drastisch reduziert worden waren. Dass dabei die Gewinnentwicklung von striktem Kostenmanagement bestimmt und eben nicht von höheren Umsätzen begleitet wurde, bedeutet nach Ansicht der Fundamentalisten nichts Gutes, denn solche Operationen lassen sich nicht beliebig oft wiederholen. Hinzu kommt, dass sich nach einer letzten Mittwoch veröffentlichten Erhebung einer privaten US-Arbeitsagentur der Stellenabbau im Juli wieder beschleunigte. Auch die Talfahrt der US-Dienstleister nahm im Juli wieder Fahrt auf. Ein Hinweis darauf, dass die wirtschaftliche Erholung langwierig und schwerfällig werden dürfte. An der Unternehmensfront fielen auf: Henkel mit weniger Gewinnrückgang als erwartet. Hinsichtlich der Zukunft hüllte sich der Konzern in Schweigen. Die Anleger honorierten dies mit einem Tagesplus von 3 Prozent. Das amerikanische Pendant Procter & Gamble vermeldete ebenfalls einen Umsatz- und Gewinnrückgang und lieferte zudem einen pessimistischen Ausblick ab. Adidas rutschte knapp an der Verlustzone vorbei, der Gewinn brach um 93 Prozent ein, sieht aber die Talsohle durchschritten. Der Überbringer der schlechten Nachricht wurde auch hier nicht gesteinigt, vielmehr honorierten die Marktteilnehmer das Ergebnis mit einem Tagesplus von 6 Prozent.

Aus der Perspektive der Analysten

Der Tenor unter den Analysten lautet ganz eindeutig: Furcht und Gier sind wieder lebendig. Zwar verweist man am Parkett unisono auf die Überhitzungserscheinungen und die Rückschlagsgefahr bei DAX und Dow Jones, zeigt sich jedoch gleichzeitig davon überzeugt, dass jeder Rückschlag an den Börsen gleich zu Nachkäufen genutzt werden dürfte. Die DAX-Prognosen reichen dabei von 5000 bis 6000 Punkte. Nur wenige Analysten sind skeptisch. Experten der WGZ-Bank oder der Landesbank Berlin zum Beispiel missfällt die niedrigen Börsenumsätze und die hohe Bewertung der DAX-Titel. Dies spräche zumindest für eine stärkere Kurskorrektur, so die Analysten.

Musterdepot und Strategie

Letztlich doch noch positiv hat sich der Put der Deutsche Börse AG entwickelt. Der Titel wird heute mit 26 Prozent Plus aus dem Depot genommen. Ergänzt wird die Put-Strategie diese Woche um einen Put auf BASF der Deutschen Bank (WKN: DB91LQ) mit Laufzeit September und einer nahen Basis von 35 Euro. BASF hatte im Quartalsbericht die Zukunft eher düster gezeichnet, dennoch ist die Aktie kräftig gestiegen. BMW wurde im Musterdepot schon öfters aufgenommen. Die Münchner kämpfen nach wie vor mit massiven Problemen im Übersee-Absatz, was den aktuellen Kurs von über 31 Euro als sehr ambitioniert erscheinen lässt. Der Put der Citigroup (WKN: CG56RU) läuft ebenfalls bis September, die Basis von 30 Euro liegt rund 5% unter dem aktuellen Geschehen.

DAX am 6. August (11.10 h): 5387 Punkte.

Aktie
zum
Kurs
Tipp
vom
Kurs
aktuell
Veränderung
in %
Strategie
DWS Russia
74,38
14.01.
107,83
+ 45%
Verkauft 29.4.
ThyssenKrupp Put
0,12
28.01.
0,13
+ 8%
Verkauft 20.2.
Lufthansa Put
0,09
28.01.
0,10
+ 11%
Verkauft 20.2.
Telecom Put
0,48
04.02.
0,76
+ 58%
Verkauft 12.2.
RWE Put
0,25
04.02.
0,35
+ 40%
Verkauft 12.2.
Metro Put
0,12
25.02.
0,18
+ 50%
Verkauft 2.3.
ThyssenKrupp Put
0,11
11.03.
0,17
+ 29%
Verkauft 1.4.
M.A.N. Put 06/09
0,15
29.04.
0,22
+ 47%
Verkauft 14.5.
BMW Put 06/09
0,16
27.04.
0,48
+ 200%
Verkauft 14.5.
SAP-Put 08/09
WKN: GS10NS
1,30
04.06.
1,60
+ 91%
Verkauft 17.6.
BMW Put 08/09
WKN: CG4XRR
0,15
11.06.
0,31
+ 107%
Verkauft 24.6.
Henkel Put 07/09
WKN: CM3PRW
0,02
21.05.
0,01
– 50%
Verkauft 8. 7.
BMW Put 09/09
WKN: CG4KMB
0,19
02.07.
0,32
+ 68%
Verkauft 8. 7.
BMW Put 05/09
0,18
18.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
Bayer Put
0,31
18.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
Metro Put 05/09
0,13
18.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
Salzgitter Put
0,28
18.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
RWE Put
0,37
25.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
SAP Put
0,08
01.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Deutsche Bank Put
0,32
01.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Metro Put 06/09
WKN: CM2JUG
0,21
16.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Deutsche Börse Put 06/09
WKN: CM1KEZ
0,26
20.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Caterpillar Put 06/09
WKN: CG3DFN
0,15
23.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
RWE Put 06/09
WKN: AA1AE0
0,18
13.05.
0,00
Verlust
ausgebucht
Metro Put 09/09
WKN: DB94LX
0,18
28.05.
0,05
– 72%
Halten
Henkel Put 08/09
WKN: CG4XXB
0,076
18.06.
0,01
– 87%
Halten
Salzgitter Put 09/09
WKN: CM2YZH
0,48
25.06.
0,10
– 79%
Kaufen
Deutsche Bank 09/09
WKN: CB43VU
0,28
25.06.
0,11
– 60%
Kaufen
RWE Put 09/09
WKN: CG0ZTP
0,20
16.07.
0,08
– 60%
Kaufen
Deutsche Börse Put 09/09
WKN: CG0PFW
0,34
16.07.
0,43
+ 26%
Verkauft 6. 8.
Daimler Put 09/09
WKN: CG0TKZ
0,11
23.09.
0,05
– 54%
Kaufen
BASF Put 09/09
WKN: DB91LQ
0,15
05.08.
neu
Kaufen
BMW Put 09/09
WKN: CG56RU
0,08
06.08.
neu
Kaufen
zum Vergleich:
DAX seit 8. 1.
4871,00
5387,00
+ 11%
Die Angaben zu Aktienkäufen im Musterdepot und im Artikel sind nur fiktiv zu verstehen, es handelt sich dabei keinesfalls um Kaufempfehlungen.
Das Leben in Parallelwelten. Auf der einen Seite tummeln sich die Großanleger auf dem Jahrmarkt der verpassten Gelegenheiten. Aus purem Performancedruck "entdecken" sie derzeit täglich aufs Neue angeblich noch vernachlässigte Werte. Waren es am Anfang noch die Finanztitel und die zyklischen Aktien aus den Bereichen Stahl und Automobil, richtet sich das Interesse nun mehr auf die zurückgebliebenen Titel. So feiern Lufthansa-Aktien ein Comeback – obwohl man sich schon weit aus dem Fenster lehnen muss, will man an diesem Unternehmen etwas Positives finden. Ähnliches gilt für Adidas oder Beiersdorf. Selbst die Telekom liebt man wieder – und dafür muss schon wirklich viel passieren. Will sagen: Das Geld kommt langsam in den hinteren Reihen an. Nur wenige Werte haben die – ohnehin schon niedrig angesetzten – Erwartungen enttäuscht. So fielen Kali + Salz und die Deutsche Börse bei den Anlegern in Ungnade und wurden rigoros abgestraft.
Auf der anderen Seite hat sich an den mageren Börsenumsätzen nichts geändert. Es bleibt das Spiel weniger Großanleger, in der Hauptsache Banken und Investmentfonds, die ihre Geldpakete hin und her schieben. Schließlich will man sich nicht nachsagen lassen, man sei nicht dabei gewesen. Den Kursaufschwung sehen die Optimisten dabei in einer Art Endlosschleife: Steigende Kurse sollen die Blockadepolitik vieler Großanleger, die immer noch als Zuschauer an den Seitenlinien stehen, unterwandern und sie am Ende unter Zugzwang bringen. Ob sich dabei die Zeit wirklich als Verbündete der Optimisten erweisen wird, erscheint zweifelhaft. Die staatlichen Hilfspakete werden in ihrer Wirkung nachlassen, die Arbeitslosigkeit in den USA weiter steigen und schon in der nächsten Berichtsrunde dürfte das Argument "Gewinnstabilisierung durch Kostenmanagement" ausgedient haben. Die Endstation des Börsenzuges lässt sich heute bereits klar benennen: Während die Märkte eine starke Belebung der Unternehmensgewinne bereits eingepreist haben, wird die kräftige Erholung der Wirtschaft ausbleiben. Eine Rückstufung der hohen Aktienbewertung ist dann unausweichlich. Doch bis jetzt funktioniert das Spiel der Bullen noch. Technisch sind die Märkte für den großen Einbruch noch nicht reif. Der DAX ist zwar angeschlagen, weil die schwer gewichteten Indexwerte kaum mehr steigen wollen. Ein Rückfall bis auf knapp 5000 Punkte ist jetzt wahrscheinlich. Doch danach werden es die Optimisten noch mal wissen wollen und zum Schlussakkord ansetzen. Vor dem Hintergrund des dürftigen fundamentalen Umfeldes ist das der berühmte Wahnsinn mit Methode.
Peter Spermann
Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers.

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