Wirtschaft

DAX: Intel holt die Käufer zurück aufs Parkett

Intel liefert zuversichtlichen Ausblick – Berichtssaison kommt in Schwung

(hps). Der Tenor der bislang veröffentlichten Quartalsergebnisse lautet: Zumindest nicht schlechter als erwartet. Glänzen konnten Goldman Sachs mit guten Zahlen und Intel mit einem positiven Ausblick. Repräsentativ ist das Ganze bislang allerdings nicht, denn nach den staatlich gedopten Finanzwerten folgen erst die wirklich harten Brocken.

Die aktuelle Marktlage

Gewinnrückgänge von durchschnittlich 35 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal erwarten die Experten bei den großen US-Unternehmen. Da dieses Minus mehrheitlich als bereits eingepreist angesehen wird, geht es in dieser Berichtssaison nur noch um die Prognosen für das dritte Quartal. Zunächst legten Goldman Sachs und JPMorgan die Karten auf den Tisch. Diese Bank gelten als Vorzeigeunternehmen der amerikanischen Finanzbranche mit Schwerpunkt auf dem Investmentbanking. Beide verdienen üppig mit der Platzierung von Anleihen, ohne sich dem Risiko des klassischen Kreditgeschäftes auszusetzen. Das gute Abschneiden von Goldman Sachs und JPMorgan wurde daher erwartet. Dann folgten Johnson & Johnson. Der Gewinnrückgang des Konsumgüter- und Generika-Herstellers fiel geringer aus als erwartet. Die Trost spendende Wirkung blieb jedoch aus. Der Ergebnisrückgang von Intel fiel ebenfalls geringer aus als erwartet. Allerdings konnte das Unternehmen dank der Nachfrage aus China einen positiven Ausblick anbieten. Das lieferte gleichzeitig die Steilvorlage für die noch anstehenden Zahlen des Berichtsreigens. Ausufernder Optimismus also, wenn es da am Parkett nicht noch eine Parallelwelt gäbe: Die Verkäufe von Nokia brachen um 25 Prozent ein. Das Unternehmen lieferte zudem einen negativen Ausblick ab.

Aus der Perspektive der Analysten

Mit den jüngsten Kursrückgängen an den Weltbörsen seien schlechte Geschäftsberichte der Berichtssaison bereits vorweggenommen worden, meint die Bremer Landesbank. Der DAX werde sich daher in der kommenden Woche eher stabilisieren oder sich sogar etwas erholen, so die Experten aus Bremen. Unverändert positiv gestimmt zeigt sich Pioneer. Die Investmentgesellschaft billigt den Aktienmärkten rund um den Globus in der zweiten Jahreshälfte ein Kurspotenzial von 10 bis 15 Prozent zu. Die Experten der HSBC Bank rechnen dagegen in den Sommermonaten noch mit fallenden Notierungen, sehen die Kurse aber im Spätsommer wieder auf Klettertour, falls im dritten Quartal deutlich werden sollte, dass die Unternehmensgewinne nicht mehr weiter fallen. Die WestLB sieht dagegen in dem fehlenden Ausblick von Aluminiumkonzern Alcoa kein gutes Omen für die anlaufende Berichtssaison. Die Analysten wähnen den DAX nach wie vor in der Konsolidierung und erwarten hier einen Rückgang bis auf 4300 Punkte noch während der Berichtssaison. Unterstützt wird diese Aussage auch von den Charttechnikern. Sie sehen ein Rückfall bis auf das Unterstützungsniveau von 4450 DAX-Punkten. Selbst 4000 Punkte seien denkbar, sollte die Verteidigungslinie nicht halten. Noch deutlicher werden amerikanische Chartisten: Sie sehen eine zunehmende Marktschwäche und wollen einen Test der alten Tiefstände vom März dabei nicht ausschließen.

Inflation – Schreckgespenst oder Hirngespinst?

Kaum eine Diskussion ist bislang so kontrovers geführt worden wie die um die Gefahr einer möglichen Geldentwertung infolge der hohen Staatsverschuldung. Alles Unsinn, meint beispielsweise Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank. In einem Umfeld stark rückläufiger Konsumnachfrage sei kein Platz für steigende Preise. Das Problem der kommenden Jahre sei vielmehr die Deflation. Das krasse Gegenteil behauptet Wirtschaftswissenschaftler Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI). Er sieht die staatlichen Konjunkturprogramme voll auf die Preise durchschlagen. Auch nach Ansicht von Andreas Schmitz, dem Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, dürfte das frische Geld der Notenbanken die Teuerung spürbar antreiben.

Auf kurze Sicht scheinen die Anhänger der Deflationstheorie Recht zu behalten. Die Preise steigen kaum und der Ölpreis notiert rund 60 Prozent unterhalb seinem Höchststand vom Juli 2008. Und dennoch dürfte sich hier ein gewaltiges Inflationspotenzial aufbauen, das sich momentan nur noch nicht richtig entfalten kann. Die Staatsverschuldung der Amerikaner treibt schon jetzt die Zinsen in den mittleren und längeren Laufzeiten nach oben. Aber bei dem jetzigen Defizitstand dürfte es kaum bleiben. Die USA denken bereits laut über ein weiteres Konjunkturpaket nach. Obamas Gesundheitsreform kostet zusätzlich eine Billion Dollar. Da wird die amerikanische Notenbank (FED) Geld drucken müssen. Kommt es dann noch zusätzlich irgendwann doch noch zu einer erhöhten Kreditnachfrage seitens der Privatwirtschaft, dürften alle Dämme brechen. Die FED wird dann das tun, was sie in solchen Situationen immer getan hat – die Zinsen wegen der hohen Staatsverschuldung weiterhin niedrig halten und die Inflation dabei billigend in Kauf nehmen. Denn wer mit einem derartigen Defizit befrachtet ist, hat nur zwei Möglichkeiten: Staatsbankrott oder Entschuldung über die Inflation. Es ist nicht schwer zu erraten, für welche Option sich die USA entscheiden werden.

Musterdepot und Strategie

Die Erholung dürfte sich als nicht nachhaltig erweisen. Die Put-Strategie hat daher unverändert Gültigkeit: Im Zuge der fallenden Ölnotierungen liegt der Put-Schein auf RWE der Citigroup (WKN CG0ZTP) nahe. Laufzeit bis September, die Basis liegt mit 55 Euro marginal unter dem derzeitigen Börsengeschehen (aktuell 56 Euro). Weiter ein Put-Schein auf Deutsche Börse der Citigroup (WKN CG0PFW) mit ebenfalls Laufzeit September und Basis 55 Euro (aktuell 56,20 Euro).

DAX am 16. Juli (13.30 h): 4961 Punkte.


Aktie
zum
Kurs
Tipp
vom
Kurs
aktuell
Veränderung
in %
Strategie
DWS Russia
74,38
14.01.
107,83
+ 45%
Verkauft 29.4.
M.A.N. Put 06/09
0,15
29.04.
0,22
+ 47%
Verkauft 14.5.
BMW Put 06/09
0,16
27.04.
0,48
+ 200%
Verkauft 14.5.
SAP-Put 08/09
WKN: GS10NS
1,30
04.06.
1,60
+ 91%
Verkauft 17.6.
BMW Put 08/09
WKN: CG4XRR
0,15
11.06.
0,31
+ 107%
Verkauft 24.6.
Henkel Put 07/09
WKN: CM3PRW
0,02
21.05.
0,01
– 50%
Verkauft 8. 7.
BMW Put 09/09
WKN: CG4KMB
0,19
02.07.
0,32
+ 68%
Verkauft 8. 7.
SAP Put
0,08
01.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Deutsche Bank Put
0,32
01.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Metro Put 06/09
WKN: CM2JUG
0,21
16.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Deutsche Börse Put 06/09
WKN: CM1KEZ
0,26
20.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Caterpillar Put 06/09
WKN: CG3DFN
0,15
23.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
RWE Put 06/09
WKN: AA1AE0
0,18
13.05.
0,00
Verlust
ausgebucht
Metro Put 09/09
WKN: DB94LX
0,18
28.05.
0,20
+ 11%
Halten
Henkel Put 08/09
WKN: CG4XXB
0,076
18.06.
0,04
– 47%
Halten
Salzgitter Put 09/09
WKN: CM2YZH
0,48
25.06.
0,20
– 58%
Halten
Deutsche Bank 09/09
WKN: CB43VU
0,28
25.06.
0,14
– 50%
Kaufen
RWE Put 09/09
WKN: CG0ZTP
0,20
16.07.
neu
Kaufen
Deutsche Börse Put 09/09
WKN: CG0PFW
0,34
16.07.
neu
Kaufen
zum Vergleich:
DAX seit 8. 1.
4871,00
4961,00
+ 2%
Die Angaben zu Aktienkäufen im Musterdepot und im Artikel sind nur fiktiv zu verstehen, es handelt sich dabei keinesfalls um Kaufempfehlungen.


Aus der Sicht des Querdenkers


Und noch zwei Billiönchen! Mit dem neuen Fehlbetrag von voraussichtlich 1,8 Billionen Dollar im neuen Haushaltsjahr summiert sich die Gesamtverschuldung der USA auf 11,5 Billionen USD. Die Zinszahlungen belaufen sich damit jährlich auf 452 Milliarden Dollar, dem viertgrößten Posten im Haushalt nach den Positionen Krankenversicherungssystem, soziale Sicherheit und Rüstung. Unterdessen zeigte sich Finanzminister Geithner in einer Ansprache vor der Handelskammer in Dschidda in Saudi Arabien zuversichtlich, dass die USA die Wirtschaftskrise bald überwinden könne. Was soll man sonst auch sagen, wenn man dem viertgrößten Gläubiger gegenüber steht. Die Volkswirtschaften müssten wieder wachsen, bevor neue Jobs geschaffen werden könnten, so der US-Finanzminister. Das dürfte wohl etwas problematisch werden, da die führende Rolle in der Weltkonjunktur bislang noch beim US-Konsumenten liegt. Durch die Bedeutung des Dollars trügen die USA eine besondere Verantwortung für das globale konjunkturelle Umfeld, so Geithner weiter. Herzergreifend wie die moralische Botschaft aus einem seichten Western. Wir sind die Guten. Dabei würden die großen Gläubigernationen in Asien, dem Nahen Osten und Russland die Amerikaner samt ihrem Dollar wohl am liebsten von hinten sehen.

Noch scheinen alle nach der alten Ordnung zu streben: Die USA konsumieren, China liefert die Waren und tritt gleichzeitig als Gläubiger auf. Diese Position erlaubt es den Amerikanern, auf Zeit zu spielen. Wenn sie jedoch ihren Ottonormalverbraucher nicht bald wieder auf Konsumkurs bringen, entfiele mithin jeder Grund, den Amerikanern überhaupt noch auch nur einen Heller als Darlehen zur Verfügung zu stellen. Dann können die USA zwar noch militärisch mit dem Säbel rasseln, aber selbst hier dürften aus finanzieller Sicht für amerikanische Atom-U-Booten nur dann nur noch Butterfahrten drin liegen. Eine schwierige Situation für die Börse. Möglicherweise muss man sich mittelfristig am Parkett von Althergebrachtem verabschieden, um sich dem neuen und Unbekannten zuzuwenden. Aber wie sagte Obama so schön: Change! Doch das sind mittelfristige Perspektiven, denen der Börsenprofi wenig aufgeschlossen gegenüber steht. Der Ausblick von Intel brachte das Geld der institutionellen Anleger in die Märkte zurück. Die Rahmenbedingungen haben sich dabei nicht verändert: Steigende Kurse bei erschreckend niedrigen Handelsumsätzen. Bemerkenswert ist auch, dass der Kursanstieg am Parkett nicht mehr von den Rohölnotierungen begleitet wird. Also wieder keine Überzeugungstäter am Werk und wieder ein Erholungsversuch, der am Ende wohl einknicken wird. Denn für die bloße Bestätigung eines lediglich verlangsamten Wirtschaftswachstums sind und bleiben die bislang erzielten 40 Prozent Kursaufschlag an den Weltbörsen deutlich zu viel.


Peter Spermann

Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.