Gesundheitspolitik

Wie kritisch darf's denn sein?

Peter Ditzel

Die Bußgeldbescheide in Millionenhöhe gegen die ABDA, drei Apothekerlandesverbände und verschiedene Einzelpersonen der ABDA sind nicht lustig. Allein die ABDA muss 600.000 Euro ans Kartellamt abdrücken – da kommt keine Freude auf (höchstens Schadenfreude auf der celesischen Seite). Mit dem Sümmchen könnte man eine feine, kleine Aktion zur Stärkung der deutschen inhabergeführten Apotheke durchziehen. Ähnlich die Landesapothekerverbände, die aus ihren Schatullen zwischen 100.000 und 250.000 Euro zahlen sollen – Gelder der Mitglieder, die man besser für andere Aktionen ausgeben könnte. Waren die Verbände und die Einzelpersonen, war die ABDA seinerzeit zu keck, zu forsch, zu kritisch, als man über den Kauf von DocMorris durch Celesio und mögliche Konsequenzen informierte? Hat man damals gar zum Boykott aufgerufen und seine Mitglieder angestiftet, nicht mehr bei der Celesio-Tochter Gehe einzukaufen? Nein, sagt ABDA-Präsident Wolf ganz klar in unserem Interview ( siehe Seite 8): "Niemand der Betroffenen hat zum Boykott aufgerufen." Man habe seine Mitglieder lediglich informiert. In der Tat, ein Berufsverband muss die Möglichkeit haben, ja es ist seine Pflicht, seine Mitglieder über Vorgänge im Markt zu informieren. Wenn dann die Mitglieder aus diesen Informationen ihre Konsequenzen ziehen und dann wie in diesem Fall dem Großhandel den Rücken kehren, darf dies nicht der Informationsweitergabe angelastet werden. Hier steht das Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit auf dem Spiel ebenso wie die Verbandsfreiheit. Wie kritisch darf die Presse denn sein? Kritisch ja, aber nicht zu kritisch? Es ist kaum anzunehmen, dass ein Verband seinen Mitgliedern beispielsweise mitgeteilt hat, keine Produkte mehr von Gehe zu beziehen. Wenn sich Apotheker von Gehe abwandten, dann aus freien Stücken.

Die Betroffenen haben bereits signalisiert, dass sie die Bescheide genau prüfen und das Vorgehen des Kartellamts nicht akzeptieren wollen. Vermutlich wird man gerichtlich gegen die Bescheide vorgehen, man baut auf die Rechtsprechung. Es dürften Chancen bestehen, dass Richter die Ansicht eines Kartellamts nicht teilen. Die ABDA jedenfalls gibt sich optimistisch. Hoffen wir, dass sie Recht bekommt. Es geht um Informationsfreiheit und unsere Mitgliedsgelder.


Peter Ditzel

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