Wirtschaft

DAX geht in Deckung

Berichtssaison wirft ihre Schatten voraus – das Ende für das "Prinzip Hoffnung"?

(hps). Die Optimisten liegen auf der Lauer. Jeder Kommentar, der einen Hinweis auf die "Wendetheorie" liefert, wird dankbar aufgegriffen. Nun meldete sich letzten Mittwoch die amerikanische Notenbank zum Thema Wirtschaftsentwicklung zu Wort. Doch der Ausblick, den die Notenbanker anzubieten hatten, fiel nicht nach dem Geschmack der Haussiers aus. Die Hoffnung auf eine schnelle Wirtschaftserholung scheint damit so weit entfernt wie die 5000er Marke für den DAX.

Die aktuelle Marktlage

Die Stimmung kippt. Die Zweifel an einer raschen Erholung der Wirtschaft werden lauter. Auf Basis des aktuellen Kursniveaus der Weltbörsen sei eine Konjunkturerholung bereits eingepreist, so ist am Parkett zu hören. Und kommt es dann zu einer Gewinnwarnung wie erst kürzlich bei Kali + Salz, kennen die Anleger keine Gnade. Der DAX-Titel hatte binnen nur fünf Tagen 30 Prozent an Wert verloren. Ein schlechtes Ohmen, denn die Amerikaner werden bald ihre Zahlen zum zweiten Quartal offen legen und es ist kaum davon auszugehen, dass sich die bislang positive Stimmung unter den Anlegern auch in den Geschäftszahlen der Unternehmen widerspiegeln wird. Unterdessen hinterlässt die allgemein zunehmende Skepsis im Verhaltensmuster der Investoren deutliche Spuren. Der seit drei Monaten vertraute Rhythmus, nach dem spätestens nach zwei schwächeren Börsentagen bereits schon wieder die ersten Rückkäufe getätigt werden, stimmt nicht mehr. Stattdessen steigen die Kurse am Anleihenmarkt – der alte Widersacher der Aktienmärkte meldet sich offensichtlich zurück. Die Börsenhändler fürchten, dass der Liquiditätsstrom in Richtung Börsenparkett bald wieder versiegen könnte. Nun lautet die Frage: Pause oder grundlegende Gegenbewegung? Die Optimisten werden jedenfalls leiser. Das "Prinzip Hoffnung" scheint ausgedient zu haben.

Aus der Perspektive der Analysten

Nur eine Ruhepause mit kleineren Rückschlägen – letzte Woche war das noch herrschende Meinung. Jetzt schlagen die Analysten andere Töne an. Eine neue Eiszeit für Aktien befürchtet die WGZ-Bank mit Blick auf die übertrieben hohen Erwartungen an die Wirtschaftserholung. Ganz ähnlich klingt es aus dem Hause der Deutschen Bank. Hier sehen die Analysten den Tiefstand beim DAX noch lange nicht erreicht. Vielmehr könne die Korrektur an den weltweiten Aktienmärkten bis zu zwei Jahrzehnte dauern. Nicht ganz so frostig beurteilen der Fortis Fonds und Sal. Oppenheim die Lage. Ihre Schätzungen für den DAX liegen bei 5500 Punkten bzw. in einem Korridor von 4500 bis 4800 Punkten zum Jahresende. Das Bankhaus Ellwanger&Geiger sieht dagegen beim DAX gravierende technische Mängel, nachdem es dem Börsenbarometer mehrmals nicht gelungen war, die 5150er Marke zu knacken. Außerdem, so führen die Stuttgarter an, seien Aktien auf dem derzeitigen Niveau alles andere als billig – und raten zum Verkauf. Noch deutlicher wird El-Erina, Chef von PIMCO, einem der ganz großen Unternehmen im Anleihengeschäft. Der Stratege befürchtet für die weltweiten Aktienmärkte heftige Kurseinbrüche in einer Größenordnung von 30 bis 40 Prozent. Auf absehbare Zeit rechnet er mit einem Ausfall der USA als Wirtschaftslokomotive und sieht das globale Wachstum langfristig auf jährlich 3,5 Prozent sinken. Bislang waren Analysten von einem jährlichen Zuwachs von über 5,5 Prozent ausgegangen. Eine langjährige Depression sei möglich. El-Erian empfiehlt Anlegern, die Aktienquote auf höchstens ein Drittel zurückzufahren und den Rest in inflationsgeschützte Anleihen, also in Papiere mit einem garantierten Inflationsausgleich auf Zinserträge und einbezahlter Summe, anzulegen.

Musterdepot und Strategie

BMW wurden letzten Mittwoch zu 0,31 Euro bzw. mit 107% Plus glattgestellt. Als weitere Put-Optionsscheine werden Deutsche Bank und Salzgitter aufgenommen. Beide Scheine sind diesmal relativ "konservativ" ausgestattet: In beiden Fällen ist der Emittent die Commerzbank und die Laufzeit wurde für beide mit Fälligkeit September verhältnismäßig langfristig gewählt. Der Deutsche Bank-Put (WKN CB43VU) liegt dabei mit Basis 40 Euro recht nahe am aktuellen Börsengeschehen von ca. 42 Euro. Dies gilt auch für den Salzgitter-Put (WKN CM2Y2H): Die Basis beträgt hier 60 Euro, aktuell wird Salzgitter mit 62 Euro gehandelt.

DAX am 25. Juni (14.30 h): 4730 Punkte.


Aktie
zum
Kurs
Tipp
vom
Kurs
aktuell
Veränderung
in %
Strategie
DWS Russia
74,38
14.01.
107,83
+ 45%
Verkauft 29.4.
ThyssenKrupp Put
0,12
28.01.
0,13
+ 8%
Verkauft 20.2.
Lufthansa Put
0,09
28.01.
0,10
+ 11%
Verkauft 20.2.
Telecom Put
0,48
04.02.
0,76
+ 58%
Verkauft 12.2.
RWE Put
0,25
04.02.
0,35
+ 40%
Verkauft 12.2.
Metro Put
0,12
25.02.
0,18
+ 50%
Verkauft 2.3.
ThyssenKrupp Put
0,11
11.03.
0,17
+ 29%
Verkauft 1.4.
M.A.N. Put 6/09
0,15
29.04.
0,22
+ 47%
Verkauft 14.5.
BMW Put 6/09
0,16
27.04.
0,48
+ 200%
Verkauft 14.5.
BMW Put 5/09
0,18
18.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
Bayer Put
0,31
18.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
Metro Put 5/09
0,13
18.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
Salzgitter Put
0,28
18.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
RWE Put
0,37
25.03.
0,00
Verlust
ausgebucht
SAP Put
0,08
01.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Deutsche Bank Put
0,32
01.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Metro Put 6/09
WKN: CM2JUG
0,21
16.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Deutsche Börse Put 6/09
WKN: CM1KEZ
0,26
20.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
Caterpillar Put 6/09
WKN: CG3DFN
0,15
23.04.
0,00
Verlust
ausgebucht
RWE Put 6/09
WKN: AA1AE0
0,18
13.05.
0,00
Verlust
ausgebucht
Henkel Put 7/09
WKN: CM3PRW
0,02
21.05.
0,02
+/– 0%
Halten
Metro Put 09/09
WKN: DB94LX
0,18
28.05.
0,26
+ 44%
Halten
SAP-Put 08/09
WKN: GS10NS
1,30
04.06.
1,60
+ 91%
Verkauft 17.6.
BMW Put 08/09
WKN: CG4XRR
0,15
11.06.
0,31
+ 107%
Verkauft 24.6.
Henkel Put 08/09
WKN: CG4XXB
0,076
18.06.
0,06
– 21%
Kaufen
Salzgitter Put 09/09
WKN: CM2Y2H
0,48
25.06.
neu
Kaufen
Deutsche Bank 09/09
WKN: CB43VU
0,28
25.06.
neu
Kaufen
zum Vergleich:
DAX seit 8. 1.
4871,00
4730,00
– 3%
Die Angaben zu Aktienkäufen im Musterdepot und im Artikel sind nur fiktiv zu verstehen, es handelt sich dabei keinesfalls um Kaufempfehlungen.

Aus der Sicht des Querdenkers


Stück für Stück scheint sich die Erkenntnis nun auch an der Börse durchzusetzen. Da haben Regierungen und Notenbanken Milliarden in die Märkte gepumpt – und mit welchem Erfolg? Lediglich die Fallgeschwindigkeit der Wirtschaft hat sich verlangsamt. Der bislang größte "Triumph" war beim US-Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter zu verzeichnen. Das Plus von 1,8 Prozent wurde letzte Woche an der Börse euphorisch gefeiert, es errechnete sich allerdings auf Basis der katastrophalen Zahlen im Vormonat April. Mit den staatlichen Milliardensummen wurden die wirtschaftlichen Probleme nicht gelöst, sondern nur verschoben. Dem äußerst bescheidenen Erfolg dieser Hilfsmaßnahmen stehen nun aller Orten eine gigantische Staatsverschuldung und Probleme bei der staatlichen Refinanzierung gegenüber. Und dies beginnt die Börse langsam zu sortieren. Dabei werden in Hinblick auf das zu erwartende Wirtschaftswachstum inzwischen nur noch zwei ernstzunehmende Szenarien herumgereicht: Entweder droht in 2010 ein weiterer Rückgang oder es ist bestenfalls eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau zu erwarten. Hans-Werner Sinn, Chef des Münchner Ifo-Instituts, bezeichnete die Lage der deutschen Wirtschaft erst kürzlich als "grottenschlecht". Das Schlimmste stehe der Wirtschaft noch bevor, so Sinn. Der Vorstandvorsitzende von Toyota erwartet noch weitere zwei schwierige Jahre. In das gleiche Horn bläst Warren Buffett, Chef des Berkshire Hathaway Investment-Unternehmens und zweitreichster Mensch der Welt. Buffett bezweifelte in einem Interview gegenüber dem amerikanischen Nachrichtensender CNBC, dass die Weltwirtschaft unmittelbar vor einer Erholung stehe und betonte, dass das Wendemanöver einfach seine Zeit brauche. Buffett wörtlich: "Selbst wenn Sie neun Frauen gleichzeitig schwängern, kriegen Sie das Baby dennoch nicht in einem Monat hin" – das ist Warren Buffet live. Das nächste Sorgenkind an der Börse wird die Staatsverschuldung sein. Die US-Renditen klettern immer weiter, verteuern Unternehmens- und Staatsfinanzierung gleichermaßen. Die amerikanische Notenbank (FED) versucht dagegenzuhalten und hat bereits die Hälfte ihres 300 Milliarden-Budgets für Stützungskäufe am Anleihenmarkt ausgegeben. Die Renditen sind trotzdem gestiegen. Nun wird über eine weitere Ausdehnung des Rückkaufprogramms diskutiert. Weil aber jeder weiß, dass dafür die Notenpresse angeworfen werden muss, befindet sich FED-Chef Bernanke in der Sackgasse. Was immer er macht, es wird an den Börsen negativ interpretiert werden. Was bleibt also am Ende? Die Dominanz der institutionellen Anleger. Ob nun von Skrupellosigkeit geleitet oder einfach nur unbefrachtet von der Kenntnis über wirtschaftliche Gesamtzusammenhänge – nach wie vor pumpen sie das Geld der Anleger in die Börse. Bleibt zu hoffen, dass die Herrschaften auch über eine entsprechende Exit-Strategie verfügen. Als Anleger hält man sich jedenfalls am besten an Warren Buffett. Mit dem können Sie übrigens einen Abend lang fachsimpeln und ein Dinner mit ihm über eBay ersteigern. Einem Investor aus Hong Kong war das erst kürzlich 2,1 Mio. Dollar wert. Die Frage, wer am Ende das Essen bezahlt, ist bei dieser Summe denn wohl eher nachrangig.

Peter Spermann


Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers.

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