Gesundheitspolitik

Neues Analysetool bewertet Zusatznutzen

EVITA soll helfen, echte und scheinbare Arzneimittelinnovationen zu unterscheiden

Berlin (ks). Nach dreijähriger Entwicklungsphase ist vergangene Woche das Bewertungsportal für neue Arzneimittel EVITA (Evaluation Innovativer Therapeutischer Alternativen) online gegangen. Das von den gesetzlichen Krankenkassen angestoßene Projekt soll Ärzten eine schnelle Entscheidungshilfe geben, ob und wann ein neu auf den Markt gekommenes Präparat sinnvollerweise zu verordnen ist.

Auch wenn das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beständig Nutzenbewertungen durchführt, ist heute kaum kurzfristig zu klären, ob ein neues Arzneimittel wirklich oder nur scheinbar eine Innovation ist. Die IQWiG-Verfahren dauern zumeist Monate. EVITA will hier künftig Abhilfe schaffen, ohne mit dem Kölner Institut in Konkurrenz zu treten. Das Analysetool soll die in den Markt gekommenen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen auf Grundlage der verfügbaren Literatur evidenzbasiert und zeitnah bewerten. Dabei geht es davon aus, dass von einer Innovation im Arzneimittelsektor nur gesprochen werden darf, wenn durch methodisch hochwertige klinische Studien ein patientenrelevanter Vorteil gegenüber dem bisherigen Behandlungsstandard belegt worden ist. Ziel ist, pro Jahr etwa zehn Substanzen zu untersuchen. Bislang wurden im Rahmen der Projektentwicklung drei Wirkstoffe bewertet und die Ergebnisse im Internet unter www.evita-report.de veröffentlicht.

Kosten bleiben außen vor

Laut GKV-Spitzenverband kann ein neu eingeführtes Arzneimittel mithilfe von EVITA in der Regel innerhalb eines Monats bewertet werden – nicht zuletzt, da die Studienlage noch übersichtlich sein dürfte. EVITA liefert sodann indikationsbezogene Erkenntnisse zum Innovationsgrad und zur Frage, ob die eine Markteinführung stets begleitende massive Produktwerbung mit den Studienergebnissen übereinstimmt. Die Kosten einer Therapie werden ausdrücklich nicht betrachtet. Mithilfe eines Punktesystems stellt EVITA vielmehr nur Wirksamkeit und Risiken eines Arzneimittels gegenüber.

Ampel-Farbskala sorgt für schnellen Überblick

Entscheidende Kriterien für die Punktevergabe sind neben der methodischen Qualität der vorliegenden Studien, auch die Bedeutung der Studienziele für die Patienten (Einflussnahme auf Sterblichkeit und Krankheitsverlauf versus Korrektur von Surrogaten wie z. B. Laborwerte) sowie die Testung eines Arzneimittels gegenüber dem bisherigen Behandlungsstandard (anstelle von Placebo). Der letztlich erreichte Punkte-Score wird sodann im Internet veröffentlicht. Für diejenigen, die sich ganz schnell orientieren wollen, wird die Bewertung auch auf einer Farbskala dargestellt. Dabei steht grün für einen sicheren klinischen Fortschritt, gelb für einen unklaren klinischen Fortschritt und rot für "sicher kein klinischer Fortschritt". Genügt die Studienlage nicht den Bewertungsanforderungen, wird das durch ein "N/A" (= nicht auswertbar) und ein Halteschild mit Fragezeichen ausgewiesen. Sollte sich die Studienlage ändern, kann die Bewertung jederzeit wieder aufgenommen werden. Das System versteht sich nicht als abschließend, sondern als bewusst flexibel.

Deutsch-schwedisches Projekt

EVITA wurde im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen von schwedischen und deutschen Wissenschaftlern gemeinsam entwickelt. Es ist ein Kooperationsprojekt des Instituts für Pharmakologie am Klinikum Bremen-Mitte, der Arbeits- und Koordinierungsstelle Gesundheitsforschung der Universität Bremen und der NEPI-Foundation der Lund-Universität Malmö. Das Projekt wurde schon Ende 2007 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die nun gestartete Internetplattform sollte nach der damaligen Planung bereits im vergangenen Jahr online gehen. Der GKV-Spitzenverband verspricht sich von EVITA Unterstützung in den Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum wirtschaftlichen und qualitätsgesicherten Einsatz innovativer Arzneimittel. Auch bei der Weiterentwicklung möglicher Steuerungsinstrumente (z. B. Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen, Zweitmeinungsverfahren) könnte das Analysetool hilfreich sein.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.