Gut frisiert

Dr. Klaus G. Brauer

Selten so gelacht: Nicht Celesio, nicht Gehe, nicht DocMorris – nein, die waren nicht die Verlierer, als der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 19. Mai sein Apothekenurteil fällte. DocMorris-Chef Däinghaus, gewohnt vollmundig: "Das Schöne ist, dass wir heute nicht verlieren konnten. Wir konnten nur gewinnen". Man könne sich jetzt ganz auf den Ausbau des DocMorris-Versandhandels und die "Markenpartnerschaften" (bis 2011 sollen es 500 sein) konzentrieren – so ähnlich auch Fritz Oesterle, Chef der DocMorris-Mutter Celesio. Na prächtig! Mit beiden Aktivitäten – wenn sie denn erfolgreich würden – grüben die Celesen auch den "normalen" eigenen (Gehe-)Großhandelskunden das Wasser ab. Ob die das toll finden?

Oesterle und Däinghaus sind in vieler Hinsicht ein ungleiches Gespann. Aber beide sind höchst erfahren, wenn es darum geht, ihnen unangenehme Tatsachen – schon mit Blick auf den Celesio-Börsenwert – so zu frisieren, dass sie wie harmlose oder gar freudige Ereignisse aussehen. Sollte nicht am 19. Mai der Startschuss für eine DocMorris-Apothekenkette im Besitz von Celesio fallen? Standen beim "Projekt Tag Null" nicht Celesio-Vertreter, bewaffnet mit allen Vollmachten und Unterlagen, vor Ort bereit, um unmittelbar nach Verkündigung des Urteils überfallartig bei Behörden Genehmigungen für eine zweistellige Anzahl von Fremdbesitzapotheken durchzudrücken? So jedenfalls raunt die gewöhnlich gut unterrichtete Branche. Dank EuGH wurde der Startschuss zum Rohrkrepierer.

Und dennoch: Folgt man Oesterle, dann sind die wahren Verlierer des EuGH-Apothekenurteils die selbstständigen Apotheker. Sie hätten, so der Celese, von einer Abschaffung des Fremdbesitzverbotes "nur profitieren können" (Die Welt, 23. 5. 2009). Nachdem sie 30 Jahre eine Apotheke aufgebaut haben, müssten sie nun scheitern, wenn sie ihr gutes Stück vererben oder "zu einem fairen Preis" verkaufen wollen. Sie würden scheitern, "weil nur ein ausgebildeter Pharmazeut die Apotheke betreiben … darf".

So ein Unsinn! In einem Land mit Niederlassungsfreiheit ist ein verkaufswilliger Apotheker (ebenso wie ein kaufwilliger Apotheker) sicher ganz arm dran, wenn auch Berufsfremde, wenn auch irgendwelche GmbHs, wenn auch große Kapitalgesellschaften, Drogerieketten oder Großhandlungen an jeder Straßenecke selbst Apotheken eröffnen und betreiben dürften. Nur Traumtänzer können unter solchen Bedingungen noch auf einen "fairen Preis" hoffen.


Klaus G. Brauer

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