Gesundheitspolitik

Thema verfehlt

Thomas Müller-Bohn

Der Apotheken-Beratungstest, der am 23. April in der Fernsehsendung "ZDF.reporter" gezeigt wurde, hat eine breite Diskussion entfacht. Diskutiert wird dabei – wie schon so oft – leider nicht mehr über den Test, sondern über die praktische Relevanz der abgefragten Wechselwirkung. Während bei früheren Tests umstritten war, ob Patienten wegen einer eher theoretischen Wechselwirkung verunsichert werden sollten, wurde diesmal ein Expertenstreit entfacht, ob die Wechselwirkung überhaupt Eingang in Datenbanken finden sollte. Damit verfehlt der Test sein Thema. Fernsehzuschauern und Zeitschriftenlesern wird bei solchen Tests suggeriert, es sollte die Beratungsleistung der Apotheken geprüft werden. Dann muss aber eine wissenschaftlich unumstrittene Aussage abgefragt werden. Nach den sonst so gelobten Kriterien der Evidenzbasierten Medizin reicht dafür die Meinung zweier Experten nicht aus. Eine Wechselwirkung sollte möglichst in mehreren Datenbanken verzeichnet sein, um als allgemein anerkannt zu gelten. Sogar diese Verzeichnisse unterscheiden sich international, womit die Unsicherheit solcher Aussagen noch verdeutlicht wird.

Doch die Frage des Tests sollte lauten: "Berät die Apotheke nach allgemein akzeptierten Standards?" Dagegen interessiert hier nicht die Frage: "An welcher Meinung orientiert sich die Apotheke in wissenschaftlichen Zweifelsfällen?" Letzteres wäre vielleicht ein Thema für eine Doktorarbeit, aber nicht für einen publikumswirksamen Test.

Die Reaktion des ZDF auf die Diskussion vermittelt noch eine weitere Erkenntnis in ganz anderer Sache. Seit dem dm-Urteil über Pick-up-Stellen wird kontrovers diskutiert, ob Verbraucher zwischen der Abgabe und der Abholung von Arzneimitteln unterscheiden können. Mit der Antwort des ZDF ist nun klar: ZDF-Redakteure unterscheiden dies nicht. Damit entfällt eine Grundvoraussetzung des dm-Urteils, dass die Pick-up-Stellen nicht den Anschein von Apotheken erwecken dürfen. Genau dieser Eindruck entsteht beim Verbraucher offenbar allein durch den Abholvorgang. Wenn ein Gericht die Einschätzung der ZDF-Redakteure als stellvertretend für einen aufgeklärten Verbraucher anerkennen würde, wäre die Unterscheidung zwischen Abholung und Abgabe als wirklichkeitsfremd anzusehen. Die Anerkennung der Pick-up-Stellen müsste dann folgerichtig verworfen werden.

Thomas Müller-Bohn

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