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Gesundheitspolitik
Grünes Licht für AOK-Rabattverträge
Monatelang hatten sich die rechtlichen Auseinandersetzungen der AOK mit diversen Pharmafirmen hingezogen. Am Ende standen 52 Entscheidungen von Vergabekammern und Gerichten, die allesamt zugunsten der AOK gingen. Nun sind sämtliche Zuschläge für alle 63 ausgeschriebenen Wirkstoffe erteilt und mit 22 Bietern und Bietergemeinschaften in fünf Gebietslosen insgesamt 315 Einzelverträge geschlossen. Ein guter Grund für den AOK-Verhandlungsführer für die Rabattverträge, Christopher Hermann, seinen Erfolg am 6. Mai vor der Hauptstadt-Presse zu verkünden. Hermann hat einen langen Atem bewiesen – die letzten beiden AOK-Ausschreibungen waren noch in einige juristische Stolperfallen geraten. Doch der Vize-Vorsitzende der AOK Baden-Württemberg ist "gerne Stehaufmännchen" – zumal wenn am Ende alles zu seiner Zufriedenheit ausgeht. Die AOKen haben aus den Fehlern der letzten Ausschreibungen gelernt – diesmal hatten die Vergabekammern und Gerichte nichts zu beanstanden. Hermann frohlockt, dass er mit den jetzt abgeschlossenen Verträgen den aus seiner Sicht bislang viel zu unbeweglichen Generika-Markt aufbrechen kann. Die AOK sieht das aus den Verträgen erwachsende Einsparpotenzial bei 512,4 Mio. Euro pro Jahr liegen. Bezogen auf den Apothekenverkaufspreis seien dies Einsparungen von 23 Prozent, so Hermann.
Hoher Beratungsaufwand und längere Wartezeiten
Da zur Umsetzung der Rabattverträge die Apotheken gefragt sind, setzt die AOK auf eine intensive Zusammenarbeit mit dem DAV. "Wir werden auch diese neuen Rabattverträge bestens umsetzen", versicherte Becker auf der AOK-Pressekonferenz. Zugleich merkte er allerdings an, dass nach Ansicht des Verbandes Zielpreisvereinbarungen ein überzeugenderes Modell wären, die eine einfachere und schnellere Umsetzung in der Praxis ermöglicht hätten. "Aber das ist Schnee von gestern." Becker machte aber auch deutlich, dass auf die Apotheken nun "eine Menge Extra-Arbeit" zukommt. Erneut gilt es, AOK-Versicherten zu erklären, warum sie nun wieder ein neues Arzneimittel bekommen. Der DAV-Vorsitzende rechnet damit, dass 2009 mehr als 60 Prozent der AOK-Versicherten umgestellt werden müssen. Bedenkt man überdies, dass nach einer Umfrage der AOK unter gut 2000 Versicherten knapp zwei Drittel noch nie etwas von Rabattverträgen gehört haben, ist mit immensem zusätzlichen Beratungsaufwand zu rechnen. Neben vielen offenen Fragen erwartet Becker aufgrund der bisherigen Erfahrungen auch Verärgerung bei den Patienten. "In meiner Apotheke ging das so weit, dass ein Versicherter, der das alles nicht mehr verstanden hat, die Polizei gerufen hat", so der DAV-Vorsitzende – ein anschauliches Beispiel für die zuweilen doch recht großen Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit Patienten. Aber auch die AOK selbst will diesmal ihren Beitrag zur Information ihrer Versicherten erhöhen; so gibt es Flyer in mehreren Sprachen. Becker betonte die Notwendigkeit für die Apotheken, sich intensiv auf eine enorme Welle an Mehraufwand und Aufklärungsbedarf vorzubereiten, während die Patienten sich auf erhöhte Wartezeiten einstellen müssen.
Lieferfähigkeit ist Schlüssel zum Erfolg
Den Schlüssel für den Erfolg der Rabattverträge sieht der DAV-Vorsitzende aber an anderer Stelle: Bei der Lieferfähigkeit der Hersteller. "Da, wo dieser Faktor fehlt, wird der Patient sich stur stellen. Er verliert das Vertrauen in seine Kasse, in die Funktion von Rabattverträgen und er verliert das Vertrauen zum Apotheker." Im Juni haben die Hersteller noch Zeit, sich auf ihre neue Aufgabe einzustellen. Vorerst haben AOK und DAV eine einmonatige Friedenspflicht ausgehandelt, in der Apotheken keine Retaxierungen fürchten müssen, wenn sie von den Rabattverträgen abweichen. Zum 1. Juli soll die Scharfstellung der Verträge erfolgen. Allerdings kann nötigenfalls auch über eine Verlängerung der Friedenspflicht nachverhandelt werden.
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