Gesundheitspolitik

Apothekentest zieht weite Kreise

Frölich weist ABDA-Vorwürfe zurück – ABDA kündigt weitere Stellungnahme an

Berlin (ks). Die Beratungsqualität von Apotheken stand schon mehrmals im Fokus von Fernsehreportagen. Der am 23. April ausgestrahlte Beitrag in der Sendung ZDF.reporter zieht jedoch in bislang unbekannter Weise Kreise. Der emeritierte Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie der Medizinischen Hochschule Hannover, Prof. Jürgen Frölich, hatte für den Beitrag die Beratungsqualität von 30 Apotheken getestet und wusste daraufhin nichts Gutes zu berichten. Die ABDA hielt ihm vor, Verbraucher durch Falschinformationen zu verunsichern. Doch Frölich weist diese Anschuldigungen zurück.

Am Tag nach der Ausstrahlung der Reportage hatte die ABDA prompt gekontert: Die von Frölich behauptete Wechselwirkung zwischen den Wirkstoffen Metoprolol und Ranitidin trete nachweislich nicht auf. "Die korrekten Informationen wären leicht verfügbar gewesen. Allerdings hätte man dafür eine zweite Meinung einholen müssen", sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. "Es ist unverantwortlich, wenn mit solchen Falschinformationen Patienten verunsichert werden und deren Vertrauen in die Apotheke zerstört wird." Zudem sei es falsch, dass das Migränemittel Formigran® in Drogerien erhältlich sei, wie es im Beitrag erklärt werde. Auch Frölichs Aussage, in Deutschland seien 8000 Arzneimittel verkehrsfähig, stellte die ABDA richtig. Nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gilt dies für rund 60.000 Medikamente in Deutschland.

Unerwünschte Wirkungen durch Dosisverstärkung

Doch Frölich verbreitete nun einen Brief, in dem er die ABDA bezichtigt, eine "sachlich falsche Pressemitteilung" zu verbreiten. Auch das ZDF selbst gab eine Stellungnahme zu den ABDA-Vorwürfen ab. Frölich betont in seinem Schreiben, dass die von der ABDA abgestrittene Interaktion zwischen Metoprolol und Ranitidin "in vitro und am Menschen gründlich untersucht" worden sei. Es habe sich dabei gezeigt, dass Ranitidin das wesentlichste Enzym, welches Metoprolol abbaut, hemme. Dadurch komme es zu einer fast zweifachen Erhöhung der Plasmakonzentrationen von Metoprolol. Die gleichzeitige Gabe beider Arzneimittel entspreche also in etwa einer Verdoppelung der Dosis von Metoprolol allein gegeben. Die Gefahren seien: Bradykardie, Herzrhythmusstörungen, Hypotonie und Synkopen. "Alle diese unerwünschten Wirkungen kommen ja bereits ohne diese Komedikation häufig vor, wie erst, wenn die Dosis verdoppelt wird!", echauffiert sich Frölich. Er räumt ein: "Die Fachinformation nennt diese Interaktion (noch) nicht." Dies schreibt er dem Originalhersteller von Ranitidin zu, der bei der Einführung sehr darum bemüht gewesen sei, das fehlende Interaktionsrisiko von Ranitidin glaubhaft zu machen. Das bedeute aber keineswegs, dass es diese Interaktion nicht gebe. Zum Beleg verweist Frölich auf drei Studien, die Anfang der 1980er Jahre veröffentlicht wurden.

Zweitmeinung eingeholt

Auch was die von der ABDA geforderte Zweitmeinung betrifft, waschen sich Frölich und das ZDF rein. Ohne Wissen Frölichs habe der Sender eine Zweitmeinung zu der vorgestellten Interaktion eingeholt. Prof. Jürgen Brockmöller, Facharzt für Klinische Pharmakologie an der Universität Göttingen, habe jedoch gegen die in dem Bericht gemachten pharmakologischen Aussagen keine Einwände gehabt, sondern diese bestätigt.

Das ZDF rückte überdies die Behauptung zurecht, dass das Migränemittel Formigran® nicht in Drogerien erhältlich sei. Man könne das Medikament sehr wohl bei Schlecker bestellen – auch wenn man es letztlich von der Partner-Versandapotheke Vitalsana erhalte.

8000 oder 60.000 Arzneimittel – für Patienten egal?

Nicht zuletzt hat Frölich eine Erklärung für seine Aussage, man habe die Beratung bei "fünf von 8000 Medikamenten" untersucht. "Ich habe auf die Rote Liste verwiesen, die etwa 8000 Medikamente enthält. Inwiefern es für Patienten wichtig ist, zu wissen, dass 52.000 weitere Medikamente verkehrsfähig sind, über die noch weniger in den Apotheken bekannt sein dürfte, insbesondere zur Frage des Kosten-Nutzen-Verhältnisses, sei dahingestellt. Ich glaube, dass der Hinweis auf 60.000 Medikamente dem Berufsbild der Apotheker, der rationalen Arzneitherapie und auch den Patienten schadet: sie werden verunsichert."

Bei der ABDA wollte man sich vergangene Woche noch nicht zu Frölichs Brief äußern – dort ist man derzeit vor allem mit zahlreichen Anfragen zur Schweinegrippe beschäftigt. Man werde jedoch möglichst rasch eine umfangreiche Stellungnahme abgeben, kündigte eine Sprecherin an.

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