Wirtschaft

Schulden – was tun, wenn ?

Mittel gegen Mahnbescheid, Gerichtsvollzieher, Lohnpfändung

(bü). Wer hohe Schulden hat, der kann oft nicht mehr klar denken. Doch das kann noch tiefer in den Schlamassel führen. Hier Tipps für den Fall der Fälle. Was können Sie tun, wenn ...

… Sie einen Mahnbescheid bekommen?

Der sprichwörtliche "blaue Brief" (der inzwischen gelb ist) kommt vom Gericht und fordert Sie auf, 900 Euro zu zahlen, die Sie – angeblich – einem ehemaligen Freund schulden. Sie wissen genau, dass Sie ihm das Geld zurückgezahlt haben und besitzen die Quittung darüber. Was viele nicht wissen: Das Gericht hat vor dem Absenden des Mahnbescheides gar nicht geprüft, ob "Gläubiger Freund" berechtigt ist, von Ihnen Geld zu fordern. Er hatte nur die Gebühren vorzustrecken (die Sie ja auch noch bezahlen sollen) – und ab ging die Post.

Was tun? Innerhalb von zwei Wochen legen Sie beim Gericht "Widerspruch" gegen den Mahnbescheid ein. Das Formular ist im selben Brief wie der Bescheid. Tun Sie es nicht, dann kann es schon bald erneut Post vom Gericht geben. Inhalt: ein "Vollstreckungsbescheid". Auch dagegen gibt es ein Mittel: den "Einspruch" – der wiederum per mitgeschicktem Formular innerhalb von 14 Tagen eingelegt werden kann. Danach geht die Sache vor Gericht, wenn der angebliche Gläubiger immer noch nicht überzeugt ist. Dafür haben Sie gute Karten: die Quittung. Achtung: Der Gläubiger dürfte aus dem Vollstreckungsbescheid auch schon innerhalb der 14 Tage-Frist das Gericht bemühen. Dagegen können Sie "Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung" beim Gericht stellen.

… ein Gerichtsvollzieher vor der Türe steht?

Aufmachen können Sie ja, hereinlassen müssen Sie den ungebetenen Gast allerdings nicht. Auch nicht, wenn er ein zweites Mal kommen sollte. Dann jedoch (sogar in den Fällen, in denen er Sie zweimal nicht angetroffen hat) kann er "mit Verstärkung" kommen: jemandem vom Schlüsseldienst und gegebenenfalls einem Polizisten. Dann darf er sich mit "sanfter Gewalt" Zutritt zu Ihrer Wohnung verschaffen und legt dafür eine "Durchsuchungsanordnung" vor. Da Sie die Kosten (auch für den Schlüsseldienst) schließlich doch bezahlen müssen, dürfte es meist sinnvoll sein, den Vollzieher freiwillig Ihr Hab und Gut bestaunen zu lassen.

Lassen Sie ihn gewähren, sofern Sie Schulden haben. Er wird zunächst nach Bargeld forschen, das er aber nicht komplett mitnehmen darf, wenn es sich um Lohn oder um Sozialleistungen handelt. Zunächst muss der unpfändbare Teil herausgerechnet werden (siehe unten). Dann sieht er sich "verwertbare Gegenstände" an, etwa Ihre gut erhaltene Stereoanlage, den fast neuen Heimtrainer, Ihren Schmuck. Den 80-cm-Farbfernseher darf er auch mitnehmen, muss Ihnen aber "im Austausch" ein anderes Gerät besorgen. Kleidung und Wäsche bleiben Ihnen natürlich, auch das Fahrrad, Ihre Uhr, Ihr Haustier. Aber: Ihr Auto könnte dran glauben müssen – wenn es Ihnen nicht gelingt klarzumachen, dass Sie es beruflich benötigen. Dasselbe gilt für Ihren Computer. Sind Sie mit der Beschlagnahmung bestimmter Gegenstände nicht einverstanden, so können Sie dagegen beim Gericht angehen.

… Ihr Lohn gepfändet wurde?

Schulden zu haben, ist für Sie vielleicht schon peinlich genug. Aber dass andere von Ihren Schulden wissen, ist vermutlich noch schlimmer. Dazu kommt es aber, wenn Gläubiger Ihren Lohn pfänden lassen. Ihr Arbeitgeber ist dann verpflichtet, einen Teil Ihres Arbeitsverdienstes nicht an Sie, sondern an den "Pfändungsgläubiger" zu überweisen. Wäre es da nicht besser, den Job gleich hinzuschmeißen, weil unterm Strich ja doch kaum etwas übrigbleibt? Nein. Aus der "Pfändungstabelle" geht hervor, wie viel Ihnen auf jeden Fall bleiben muss – je nach Familienstand und Verdiensthöhe:

  • Für jeden gilt eine Untergrenze von 989,99 Euro netto im Monat. Bei 1400 Euro netto bleiben Alleinstehenden 1109,60 Euro; 290,40 Euro dürfen gepfändet werden. Müssen Sie für einen Angehörigen aufkommen, dann muss Ihr Arbeitgeber Ihnen 1377,95 Euro belassen, 22,05 Euro sind pfändbar. Bei 1800 Euro netto im Monat dürfen Alleinstehenden 570,40 Euro gepfändet werden (1229,60 Euro verbleiben Ihnen); 222,05 Euro gehen an Ihre Gläubiger, wenn Sie für einen Angehörigen zu sorgen haben (1577,95 Euro verbleiben Ihnen); mit nur 95 Euro müssen Sie Ihre Schulden bei Unterhaltspflichten für zwei Angehörige abtragen (1705 Euro verbleiben).

Wichtig: Für Unterhaltszahlungen legen die Gerichte meist niedrigere Freibeträge fest, als in der Pfändungstabelle angegeben. Und: Pfändungen sind kein Kündigungsgrund. Ihr Arbeitgeber darf Sie also wegen der Mehrarbeit, die durch die Pfändungen anfällt, nicht entlassen. Und er darf Ihnen dafür auch keine "Gebühren" berechnen.

Schließlich: Sie können beim Gericht einen höheren Pfändungsfreibetrag beantragen, wenn Sie besondere Aufwendungen haben – etwa eine hohe Miete zahlen oder einen weiten Weg zur Arbeit haben. Lassen Sie sich dazu vom Sozialamt Ihren "Sozialhilfebedarf" ausrechnen. Bleibt nach der Pfändung weniger übrig, als das Sozialamt für Sie als monatlichen Bedarf ausgerechnet hat, wird das Gericht Ihren Verdienst "schonender" behandeln.

… die Bank Ihr Konto sperrt?

Das kann Ihnen, wenn Sie Schulden haben, schneller passieren, als Ihnen lieb ist: Bank oder Sparkasse "sperren" Ihr Konto. Das heißt: Sie können kein Geld mehr abheben, Daueraufträge (etwa für die Miete) werden nicht mehr ausgeführt. Grund: Eine Firma, bei der Sie in der Kreide stehen, hat Ihr Konto gepfändet, und zwar bis auf den letzten Euro.

So wehren Sie sich: Beantragen Sie beim Amtsgericht, dass von Ihrem Gehalt auf jeden Fall das übrigbleibt, was pfändungsfrei ist. Und: Erledigen Sie das so schnell wie möglich! Denn der Rechtspfleger beim Gericht, der Ihrem Antrag auf jeden Fall entspricht, wenn Sie keine weiteren Einkünfte haben, berücksichtigt nur die restlichen Tage des Monats (vorher haben Sie ja schon "gelebt"; rückwirkend bleibt also nichts pfändungsfrei). Bitten Sie gleichzeitig darum, dass auch in den nächsten Monaten nicht mehr vom Konto an Ihren Gläubiger heruntergeht, als nach der Pfändungstabelle möglich ist. Beziehen Sie Sozialleistungen (Krankengeld, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe zum Beispiel), so darf in den ersten sieben Tagen nach der Gutschrift auf Ihrem Konto ohnehin niemand an Ihr Geld...

… Sie einen "Offenbarungseid" leisten sollen?

Eine schlimme Sache, die allerdings ihre verborgenen Vorteile hat, ist die "Eidesstattliche Versicherung" (früher: Offenbarungseid). Sie beteuern damit, dass bei Ihnen nichts mehr zu holen ist (wenn das "Beteuern" für die Gläubiger auch nicht etwa verbindlich ist). Auslöser einer solchen "Versicherung" ist ein Gläubiger, der vielleicht mehrfach erfolglos versucht hat, bei Ihnen zu pfänden. Sie werden dann einem Gerichtsvollzieher Frage und Antwort stehen müssen. Er kann die "eV" sofort in Ihrer Wohnung abnehmen oder er bestellt Sie in sein Büro. Sie füllen das Formular "Vermögensverzeichnis" aus. Ob es dann zu weiteren Pfändungen kommt, hängt vom Inhalt des Verzeichnisses ab; ausgeschlossen ist das nicht.

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