Gesundheitspolitik

Bürger erwarten weitere Reformen

Umfrage: Gesundheitspolitik bleibt Topthema

Berlin (ks). Auch in der aktuellen Wirtschaftskrise messen die Deutschen dem Gesundheitswesen und seiner Weiterentwicklung besondere Bedeutung bei: In einer Emnid-Umfrage antworteten 63 Prozent der Befragten, hier seien Reformen wichtig, um Deutschland zukunftsfähig zu machen. Damit messen die Bürger ihnen einen ebenso hohen Wert bei wie Reformen im Bereich "Banken- und Finanzsystem". Nur das Bildungswesen ist ihnen noch wichtiger. Jeder Zweite erwartet dennoch, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 alle anderen Themen verdrängen wird.

Im Auftrag des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) hatte Emnid Anfang März rund 1000 Telefoninterviews durchgeführt, um das Meinungsbild der Bundesbürger zur Gesundheitsreform abzufragen. Die Ergebnisse wurden am 1. April in Berlin vorgestellt. Danach sind 59 Prozent der Befragten noch immer zufrieden mit dem Gesundheitswesen. Doch sie sehen mit einer gewissen Sorge in die Zukunft. Nur 28 Prozent halten die bisherige Regierungsarbeit im Gesundheitssystem für erfolgreich. Schon der Gesundheitsfonds lässt viele zweifeln. Zwei Drittel der Befragten erklären, vom Gesundheitsfonds gehört zu haben. Von ihnen wiederum geben 70 Prozent an, seine Funktionsweise verstanden zu haben. Gut weg kommt die Geldverteilungsstelle dabei nicht. So halten 61 Prozent den Fonds für (eher) schlecht. Nur jeder zehnte Befragte (11 Prozent) glaubt, dass er eine Zukunft hat. 87 Prozent gehen davon aus, dass der Krankenkassenbeitrag auch in den nächsten Jahren weiter steigen wird. Nur jeder Zehnte geht davon aus, dass der Gesundheitsfonds in seiner jetzigen Form lange Bestand haben wird.

"Wettbewerb" – trotz Krise kein Unwort

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hält die Mehrheit der Bürger aber nicht davon ab, mehr Wettbewerb für das Gesundheitswesen zu fordern. Der Aussage, dass mehr Wettbewerb auf allen Ebenen des Gesundheitssystems – also bei Krankenkassen, Krankenhäusern, Ärzten, Arzneimittelherstellern und Apotheken – insgesamt zu einer besseren Versorgung bei geringeren Kosten führen würde, stimmen 25 Prozent "voll und ganz" und weitere 36 Prozent "eher" zu. Damit sinkt der Wert der Wettbewerbs-Befürworter beständig: 2006 stimmten der Aussage noch 71 Prozent zu, 2007 waren es 69 Prozent, nun sind es insgesamt nur noch 61 Prozent. Dennoch: VFA-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer hält es "in der Hochphase einer fundamentalen Wirtschafts- und Finanzkrise für beachtlich und wichtig, dass ‚Wettbewerb‘ weiterhin für eine deutliche Mehrheit der Befragten ein Wert bleibt und noch kein Unwort geworden ist".

VFA setzt auf Mehrdimensionalität

Auch die forschenden Arzneimittelhersteller wünschen sich mehr Wettbewerb – wenn auch keinen gänzlich unregulierten, der im Gesundheitswesen ohnehin nicht möglich wäre. Doch noch existieren rund 20 Kostendämpfungsinstrumente im Arzneimittelbereich. Und der durch die Rabattverträge angestoßene Wettbewerb im Generikasegment verläuft bislang eindimensional, zielt schlicht darauf ab, Kosten zu sparen. Im innovativen Bereich sollten mehrdimensionale Verträge auch Effizienz und Qualität der Gesundheitsversorgung sicherstellen, erklärte Yzer. Einige Rabattverträge über innovative Arzneimittel nach Cost-Share oder Risk-Share-Modellen gibt es bereits. "Die Bedeutung all dieser Vertragsformen liegt darin, dass sie ein Tor für mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen geöffnet haben", so Yzer. "Wer den politischen Mut haben will, durch dieses Tor zu gehen, der muss sich von älteren, teilweise sinnlosen, teilweise kontraproduktiven Regelungen trennen."

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