Gesundheitspolitik

Falsch verstanden?

Klaus G. Brauer

Soll ins Arzneimittelgesetz eine Regelung, dass Hersteller ihre Produkte nicht mehr direkt an Apotheken liefern dürfen? Davon kann keine Rede sein – obwohl zuweilen anderes kolportiert wird. Denn was im Rahmen der 15. AMG-Novelle vorgesehen ist, bedeutet nur, dass die Hersteller auf Anfrage auch (!) den vollsortierten Pharmazeutischen Großhandel beliefern müssen. Trotz dieses Belieferungsanspruchs ist ein Direktvertrieb weiter möglich. Den Apotheken bleiben Bezugsalternativen. Sie können sich entscheiden – für einen Großhändler ihrer Wahl oder den Direkteinkauf. Mit dieser Wahlfreiheit wäre Schluss, wenn die "DTP"-Träume einiger Hersteller Realität würden.

"Direct to Pharmacy" – hinter diesem harmlos klingenden Etikett verbirgt sich ein nach gegenwärtiger Rechtslage noch umsetzbares Vorhaben einiger Hersteller. Viele (vor allem hochpreisige, verschreibungspflichtige) Arzneimittel könnte die Apotheke demnach nur noch aus einer Quelle, beim Hersteller direkt über einen von diesem bestimmten Logistiker, beziehen. Der Hersteller könnte die Konditionen einseitig diktieren: Wann, wie oft, wie schnell, zu welchem Preis, ja sogar: welche Apotheke wird beliefert? Die Hersteller erhielten einen vollen Instrumentenkasten für wettbewerbsfeindliche Gängelungen der Apotheken.

Dass ein Hersteller sich beim DTP-Modell als Logistiker (unter Zahlung einer Logistikfee) auch einen pharmazeutischen Großhändler aussuchen könnte, macht die Sache nicht besser. Im Gegenteil: Die Apotheke wäre gezwungen, um ihrem Versorgungsauftrag voll gerecht werden zu können, über alle Großhändler zu beziehen, die als exklusive Logistiker einzelner Hersteller auftreten. Genauso wichtig: Mit der Fee (Gebühr) würde die beim normalem Großhandelsbezug greifende Preisspannenverordnung ausgehebelt. Die politisch gewollte, sinnvolle Mischkalkulation, die dem Großhandel bislang erlaubt, auch niedrigpreisige Arzneimittel (z. B. die, die für die Umsetzung der Rabattverträge benötigt werden) zu listen und zu liefern, würde unmöglich – mit gefährlichen Folgen für die Versorgung der Bevölkerung. Die Apotheken sind richtigerweise verpflichtet ("Kontrahierungszwang"), jedes benötigte und lieferbare Arzneimittel bereitzuhalten oder notfalls zu beschaffen. Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, über die 15. AMG-Novelle endlich klarzustellen, dass sich auch die nachgelagerten Handelsstufen ihren Lieferpflichten – Großhandel an Apotheke und Hersteller an Großhandel – nicht entziehen dürfen.


Klaus G. Brauer

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