Arzneimittel und Therapie

Anzahl der gemeldeten Krebsneuerkrankungen gestiegen

Das Robert Koch-Institut (RKI) und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. haben aktuelle Daten zu Krebs in Deutschland für das Jahr 2004 veröffentlicht. Bei Männern traten im Vergleich zur vorangegangenen Schätzung etwa 12.000 Neuerkrankungen mehr auf, Prostatakrebs ist weiterhin die mit Abstand häufigste Tumorart bei Männern vor Darm- und Lungenkrebs. Bei den Frauen blieb die Zahl der Krebsneuerkrankungen stabil. Zu den häufigsten Tumorarten bei Frauen zählt weiterhin Brustkrebs vor Tumoren von Darm und Lunge.

Die allgemeinen Fünf-Jahres-Überlebensraten nach einer Krebsdiagnose haben sich bei Frauen nach RKI-Angaben um 2 Prozentpunkte auf 60% verbessert. Bei Männern stiegen die Überlebensraten um 5 Prozentpunkte auf 53%. Die veröffentlichten Zahlen beruhen auf einer Schätzung auf der Basis der Daten vollzählig erfassender epidemiologischer Krebsregister, die der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland angehören. Unter Krebs gesamt werden dabei alle bösartigen Neubildungen einschließlich primär systemischer Lymphome und Leukämien verstanden. Nicht berücksichtigt wird, wie international üblich, der nicht-melanotische Hautkrebs. Die Zahl der jährlich auftretenden Neuerkrankungen an Krebs in Deutschland wird auf ca. 230.500 Erkrankungen bei Männern und auf ca. 206.000 bei Frauen geschätzt. Das mittlere Erkrankungsalter liegt für Männer und Frauen bei etwa 69 Jahren. Das mittlere Sterbealter an Krebs liegt für Männer bei 71 und Frauen bei 75 Jahren. Gegenüber der letzten Schätzung für das Jahr 2002 bedeutet dies einen Anstieg der Krebsneuerkrankungsrate bei Männern um etwas mehr als 5%, der im Wesentlichen durch eine höhere Inzidenz bei Prostatakrebs bedingt ist. Bei Frauen bleibt die Gesamtzahl der Neuerkrankungen seit der letzten Schätzung unverändert.

Geschätzte Zahl der Krebsneuerkrankungen und der Krebssterbefälle in Deutschland 2004
Zahl der Krebsneuerkrankungen
Zahl der Krebssterbefälle
Lokalisation
Männer
Frauen
Männer
Frauen
Mundhöhle und Rachen
7.620
2.780
3.450
994
Speiseröhre
3.880
1.050
3.476
1.071
Magen
11.000
7.780
6.276
5.197
Darm
37.250
36.000
13.748
14.034
Bauchspeicheldrüse
6.320
6.620
6.412
6.596
Kehlkopf
2.990
390
1.327
169
Lunge
32.850
13.190
28.820
11.026
Malignes Melanom der Haut
6.520
8.380
1.256
1.037
Brustdrüse der Frau
57.230
17.592
Gebärmutterhals
6.190
1.660
Gebärmutterkörper
11.700
2.553
Eierstöcke
9.660
5.479
Prostata
58.570
11.135
Hoden
4.750
190
Niere und ableitende Harnwege
10.750
6.500
4.140
1.987
Harnblase*
21.410
7.340
3.565
2.629
Schilddrüse
1.520
3.540
231
445
Morbus Hodgkin
1.040
940
201
158
Non-Hodgkin-Lymphome
6.780
6.070
2.658
2.697
Leukämien
4.810
4.300
3.738
3.327
alle bösartigen Neubildungen ohne
nicht-melanotischen Hautkrebs
230.500
206.000
110.745
98.079
* einschließlich bösartiger Neubildungen in situ und Neubildungen unsicheren Verhaltens.Quelle: RKI-Schätzungen für Deutschland 2004

Nr. 1 bei den Männern: Prostatakarzinom

Die Prostata ist mit 25% die häufigste Lokalisation bösartiger Neubildungen beim Mann. Derzeit werden in Deutschland jährlich über 58.000 Prostatakarzinome diagnostiziert. Bei den zum Tode führenden Krebserkrankungen steht das Prostatakarzinom mit 10% an dritter Stelle. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei ca. 69 Jahren, die Erkrankungen treten kaum vor dem 50. Lebensjahr auf. Die für Deutschland geschätzten Inzidenzzahlen verlaufen bis 2004 ansteigend. So hat sich die Zahl der jährlich für Deutschland geschätzten Neuerkrankungen beim Prostatakarzinom binnen acht Jahren mehr als verdoppelt. Dieser Anstieg kann größtenteils auf den Einsatz neuer Methoden in der Diagnostik zurückgeführt werden. Auch die Absenkung des mittleren Alters spricht für eine zeitlich vorverlegte Diagnosestellung. Ein Großteil der derzeit diagnostizierten Prostatakarzinome wäre ohne den PSA-Test und die bei positivem Befund nötige diagnostische Abklärung zu Lebzeiten nie gestellt worden. Schätzungen gehen davon aus, dass teilweise über 50% der infolge eines PSA-Tests gestellten Karzinomdiagnosen zu Lebzeiten nie bekannt geworden wären. Da nicht klar ist, welche der früh erkannten Karzinome im weiteren Verlauf letztlich symptomatisch geworden wären, lässt sich für den einzelnen Betroffenen nicht sagen, ob es sich um eine Überdiagnose handelt oder ob eine Therapie hilfreich gewesen wäre. In Deutschland zeigt die Sterberate an Prostatakrebs seit den frühen 1970er Jahren bis Mitte der 1990er einen geringfügigen Anstieg, dem sich ein leichter Rückgang bis zurück auf das Niveau der 1970er Jahre anschließt. Die relative Fünf-Jahres-Überlebensrate bei Prostatakrebs hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert und liegt inzwischen bei etwa 87%. Die Verbesserung ist wesentlich der Vorverlagerung der Diagnose durch Früherkennung zuzuordnen.

Risikofaktoren für ein Prostatakarzinom

Bisher sind die Ursachen für die Entstehung des Prostatakarzinoms und die den Verlauf beeinflussenden Faktoren im Wesentlichen unbekannt. Bei Männern, die in jüngerem Alter erkranken, wird eine genetische Prädisposition diskutiert. Als mögliche Risikofaktoren werden Übergewicht, fett- und kalorienreiche Ernährung, Bewegungsmangel und Rauchen diskutiert.

Nr. 1 bei Frauen: Brustkrebs

Bei Frauen ist Brustkrebs die häufigste Krebsneuerkrankung: In Deutschland erkranken derzeit jährlich über 57.000 Frauen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 63 Jahren und damit sechs Jahre unter dem mittleren Erkrankungsalter aller Krebserkrankungen.

Eine frühe erste Regelblutung (Menarche), Kinderlosigkeit oder ein höheres Alter bei der ersten Geburt sowie der späte Eintritt in die Wechseljahre (Klimakterium) werden mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs assoziiert. Ausgetragene Schwangerschaften in jungen Jahren, mehrere Geburten und längere Stillzeiten scheinen umgekehrt das Brustkrebsrisiko zu verringern. Östrogen- und progesteronhaltige Ovulationshemmer erhöhen das Brustkrebsrisiko geringfügig, wirken sich allerdings günstig auf das Risiko für Endometriumkarzinome und Eierstockkrebs aus. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Hormontherapie mit Östrogenen oder insbesondere mit einer Kombination von Östrogenen und Gestagenen in Klimakterium und Postmenopause das Brustkrebsrisiko erhöht. In vielen Studien wurde eine Risikosteigerung durch Übergewicht, Bewegungsmangel und in gewissem Umfang durch regelmäßigen Alkoholkonsum beobachtet, während regelmäßige körperliche Aktivität und Sport einen günstigen Einfluss haben.

Risikofaktoren für Brustkrebs

Mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs werden

  • eine frühe erste Regelblutung,
  • Kinderlosigkeit oder ein höheres Alter bei der ersten Geburt sowie
  • der späte Eintritt in die Wechseljahre assoziiert.

Ebenso scheinen

  • Übergewicht,
  • Bewegungsmangel und
  • regelmäßiger Alkoholkonsum das Risiko zu steigern.

Östrogen- und progesteronhaltige Ovulationshemmer erhöhen das Brustkrebsrisiko geringfügig, wirken sich allerdings günstig auf das Risiko für ein Endometriumkarzinom und Eierstockkrebs aus.

Eine Hormontherapie mit Östrogenen oder insbesondere mit einer Kombination von Östrogenen und Gestagenen in Klimakterium und Postmenopause kann das Brustkrebsrisiko erhöhen. Frauen, in deren naher Verwandtschaft Brustkrebserkrankungen aufgetreten sind, tragen ein erhöhtes Brustkrebsrisiko.

Das Brustkrebsrisiko zu verringern scheinen

  • ausgetragene Schwangerschaften in jungen Jahren,
  • mehrere Geburten und
  • längere Stillzeiten.

Auch regelmäßige körperliche Aktivität und Sport haben einen günstigen Einfluss.

Die relativen Fünf-Jahres-Überlebensraten für Brustkrebspatientinnen betragen derzeit über alle Stadien betrachtet ca. 81%. Brustkrebs ist eine Krebserkrankung, die in den bevölkerungsbezogenen Krebsregistern am besten erfasst wird und damit eine gute Datenbasis für die Schätzung der deutschlandweiten Inzidenz bietet. Generell stieg die Brustkrebsinzidenz in Deutschland seit 1980 stetig an, während die Mortalität seit Mitte der 1990er Jahre leicht sinkt.

 

Derzeit wird ein strukturiertes und qualitätsgesichertes Mammographie-Screening-Programm für alle Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren zur Früherkennung von Brustkrebs flächendeckend von der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen in Kooperation mit den Ländern aufgebaut. Es ist geplant, die epidemiologischen Krebsregister zu nutzen, um sowohl über die Anzahl der Brustkrebserkrankungen, die zwischen zwei Screeninguntersuchungen aufgetreten sind, als auch über die Veränderung der Stadienverteilung bei Diagnose und Mortalität an Brustkrebs, Auskunft geben zu können. So wird es möglich sein, die erwarteten und erhofften Veränderungen bezüglich der Erkrankung an Brustkrebs in der weiblichen Bevölkerung zu beobachten und den teilnehmenden Frauen ein qualitativ optimiertes Screeningprogramm anzubieten.

Die meisten Neuerkrankungen: Darmkrebs

Darmkrebs ist bei beiden Geschlechtern die zweithäufigste Krebserkrankung. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen in Deutschland wird für Männer auf über 37.000 und Frauen auf etwa 36.000 geschätzt. Männer erkranken im Mittel mit 69, Frauen mit 75 Jahren. Darmkrebs ist darüber hinaus sowohl für Frauen als auch für Männer die zweithäufigste Krebstodesursache.

Risikofaktoren für Darmkrebs

Das Risiko für Darmkrebs erhöhen neben Übergewicht und Bewegungsmangel ernährungsbedingte Faktoren, insbesondere eine ballaststoffarme, fettreiche Nahrung, ein hoher Anteil an rotem (eisenhaltigem) Fleisch, ein geringer Anteil an Gemüse sowie regelmäßiger Alkoholkonsum.

Verwandte ersten Grades von Patienten mit Darmkrebs sind selbst überdurchschnittlich häufig betroffen, ob aufgrund von Genveränderungen oder eines ähnlichen Lebensstils, ist bisher nicht abschließend geklärt. In geringerem Maße erhöhen auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen das Krebsrisiko.

Ernährungsbedingte Faktoren, insbesondere eine ballaststoffarme, fettreiche Nahrung, ein hoher Anteil an rotem (eisenhaltigem) Fleisch, ein geringer Anteil an Gemüse sowie regelmäßiger Alkoholkonsum erhöhen das Risiko an Darmkrebs zu erkranken ebenso wie Übergewicht und Bewegungsmangel. In geringerem Maße erhöhen auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen das Krebsrisiko. Im Rahmen der Krebsfrüherkennung können gesetzlich krankenversicherte Personen im Alter von 50 bis 54 Jahren jährlich einen Test auf verstecktes Blut im Stuhl durchführen lassen. Ab dem Alter von 55 Jahren besteht ein Anspruch auf die Durchführung einer Darmspiegelung, einschließlich einer Wiederholungskoloskopie nach zehn Jahren. Der Einfluss der neu geregelten Darmkrebsvorsorge auf die Darmkrebs-Inzidenz kann bislang noch nicht bewertet werden. Die geschätzten Erkrankungsraten von Männern und Frauen bleiben nach einem seit 1980 zunehmenden Trend in den letzten zehn Jahren auf unterschiedlichem Niveau nahezu unverändert. Im Gegensatz zur Entwicklung der Inzidenz nehmen die Sterberaten an Darmkrebs für beide Geschlechter stetig ab. Die kumulierten relativen Fünf-Jahres-Überlebensraten bei Darmkrebs liegen für Männer wie auch für Frauen inzwischen bei 60%

.

Quelle

Krebs in Deutschland 2003 – 2004. Häufigkeiten und Trends. 6. überarbeitete Auflage. Robert Koch-Institut (Hrsg) und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. (Hrsg.) Berlin, 2008.
 

ck

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.