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Von Schwindel befreit

Neben Kopfschmerzen stellt der Schwindel, so Priv.-Doz. Dr. Klaus Jahn aus München, eines der häufigsten Leitsymptome nicht nur in der Neurologie dar. Unterschieden werden verschiedene Schwindelformen unterschiedlicher Genese, bei denen entweder ein Dreh- oder ein Schwankschwindel im Vordergrund steht. Die Ursache bestimmt die Therapie. So lässt sich der periphere paroxysmale Lagerungsschwindel gut durch Lagerungsmanöver behandeln.

Unter Schwindel wird eine unangenehme Störung der räumlichen Orientierung oder die fälschliche Wahrnehmung einer Bewegung des Körpers in Form von Drehen oder Schwanken verstanden. Doch Patienten deuten häufig Symptome wie Angst und Herzrasen als Schwindel, die mit der eigentlichen Definition des Schwindels nicht zu vereinbaren sind.

Der Arzt muss daher immer genau erfragen, welche Art von Schwindel vorliegt, wie lange er andauert, wodurch er ausgelöst oder verstärkt wird und welche Begleitsymptome vorliegen.

Die Antworten geben ihm Hinweise darauf, ob und welche Form eines Schwindels vorliegt.

Zu den häufigsten Schwindelformen zählen der

  • benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel (BPPV),
  • die Neuritis vestibularis,
  • der Morbus Menière,
  • zentrale vestibuläre Symptome wie die vestibuläre Migräne und
  • der phobische Schwankschwindel.

Typisch für den benignen peripheren paroxysmalen Lagerungsschwindel sind durch Änderung der Körperlage auszulösende, 20 bis 30 Sekunden anhaltende Drehschwindelanfälle. Oft klagen die Patienten über Übelkeit. Verursacht wird dieser Schwindel durch losgelöste Otokonien, die sich im Bogengang ablagern. Der BPPV lässt sich erfolgreich mit entsprechenden Lagerungsmanövern, sogenannten Befreiungsmanövern, behandeln, mit denen die Ablagerungen aus dem Bogengang entfernt werden.

Bei der Neuritis vestibularis kommt es im Rahmen eines Labyrinthausfalls zu Dauerdrehschwindel, Fallneigung, heftiger Übelkeit und Erbrechen. Sie wird erfolgreich mit Methylprednisolon behandelt. Die Therapie sollte innerhalb von drei Tagen nach Symptomeintritt beginnen. Antivertiginosa sind nur zur symptomatischen Therapie in den ersten drei Tagen indiziert.

Der Morbus Menière ist charakterisiert durch plötzlich einsetzenden, 20 Minuten bis mehrere Stunden andauernden Drehschwindel, verbunden mit Fallneigung, Übelkeit und oft auch Hörminderung, Tinnitus und Druckgefühl. Er wird verursacht durch einen Hydrops des häutigen Labyrinths, dessen periodisch auftretende Rupturen für die Symptomatik verantwortlich sind. In der Akutphase sind Antivertiginosa indiziert. Mit einer mehrmonatigen hochdosierten Betahistin-Dauertherapie (dreimal 48 mg Betahistindihydrochlorid) lassen sich die Attackenzahl und der Gesamtverlauf günstig beeinflussen.

Unter einem phobischen Schwankschwindel leiden vor allem besonders gewissenhafte perfektionistische jüngere Menschen. Situtationsabhängig beispielsweise in einem großen Kaufhaus oder in Menschenansammlungen entwickeln sie einen fluktuierenden Dauerschwindel verbunden mit Stand- und Gangunsicherheit. Der klinische Befund ist unauffällig. Mit Aufklärung und einer Verhaltenstherapie wird versucht, diese Schwindelform zu behandeln. Medikamentös werden selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer eingesetzt. Ermutigend ist, dass auch nach langjährigem Krankheitsverlauf mehr als 70% der Patienten geholfen werden kann.


Zum Weiterlesen

Was steckt hinter dem Karussel im Kopf? – Medikamentöse und nichtmedikamentöse Hilfen gegen Schwindel


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