Arzneimittel und Therapie

Welche Behandlung bei akutem Erkältungshusten?

Sprichwörtlich dauert eine "Erkältung" sieben Tage, mit Behandlung eine Woche. Wahrer Kern der Ironie: Der viral bedingte grippale Infekt klingt per definitionem spontan ab. Doch wo liegt die Grenze, wie unterscheidet man "leichte" von "schweren" Fällen, die doch besser zum Arzt geschickt werden? Und gibt es rezeptfreie Medikamente, die den Verlauf sowohl lindern als auch abkürzen? Was bei akutem Erkältungshusten zu tun und zu lassen ist, erläuterte der Pneumologe Dr. Peter Kardos aus Frankfurt.

Die banale Erkältung ist die häufigste Erkrankung, und Husten oft ihr belastendstes Symptom. Er beeinflusst erheblich Wohlbefinden, ggf. Nachtschlaf und Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Umgangssprachlich ist oft von einer Bronchitis die Rede, obwohl nach Kardos‘ Worten der Erkältungshusten meist im Bereich der oberen Atemwege ausgelöst wird: Schon Nase, Rachen, Nebenhöhlen und Kehlkopf, sind reichlich mit Hustenrezeptoren ausgestattet. Reize werden u. a. über den Nervus glossopharyngeus und den Nervus trigeminus zum Gehirn geleitet. Die Hauptrolle unter den Husten-vermittelnden Bahnen spielt der Nervus vagus, dessen sensible Endigungen Reize nicht nur aus Rachen, Kehlkopf und Bronchien, sondern auch aus dem Gehörgang, aus Speiseröhre und Magen (gastroösophagaler Reflux als Auslöser!) und anderen inneren Organen aufnehmen. Hustenauslösende Reize können endogener Natur oder exogener Natur sein. Im ersten Fall setzt die Zellschädigung durch Viren Entzündungsmediatoren frei; im zweiten reizen Rauch, kalte Luft, Chemikalien und ähnliche Noxen sogenannte irritant-Rezeptoren.

Wann banaler Erkältungshusten – wann chronisch oder eine Komplikation?

Der akute Erkältungshusten ist in der Regel trocken oder nur minimal produktiv. Als produktiver Husten zählt erst ein Auswurf von mindestens 30 ml Bronchialsekrete in 24 Stunden. "Dies wird beim akuten Erkältungsinfekt selten erreicht, die Auswurfmenge wird meist überschätzt", betonte der Lungenfachmann. Richtigen Sekretstau zeichnet erst die chronische Bronchitis oder die COPD aus. Charakteristisch für Erkältungshusten ist weiterhin die im Allgemeinen auf acht, höchstens 14 Tage begrenzte Dauer. Danach ist ein Infekt durch Rhinoviren üblicherweise abgeklungen; besonders Infektionen durch Adenoviren oder Mykoplasmen (Bakterien) können jedoch eine bronchiale Hyperreaktivität hinterlassen, infolge derer der Husten über acht Wochen anhält, somit als chronisch bezeichnet werden kann. Die aktuelle Leitlinie Husten der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie zieht die Grenze zwischen akutem und chronischem Husten bei acht Wochen. Die Formen unterliegen verschiedenen Diagnose- und Therapiealgorithmen. Zu den Differenzialdiagnosen des Erkältungshustens zählen Asthma, chronische Bronchitis, Fremdkörperaspiration (Kinder von einem bis drei Jahren!), aber auch Pneumonie und das Bronchialkarzinom. Ratsuchende Apothekenkunden sollten zum Arzt geschickt werden, wenn Erkältungshusten länger als zwei Wochen anhält, bei Husten unklarer Ursache und bei besonderen Umständen wie Atemnot, Bluthusten, Fieber, Begleiterkrankungen, Einnahme hustenfördernder Medikamente und Verdacht auf bakterielle Infektion oder Fremdkörperaspiration. Bei Kindern wird die Indikation selbstverständlich enger gezogen, und hustende Kleinkinder sind gar kein Fall für die Selbstmedikation.

Welche Husten-(Selbst)Medikation wirkt?

Nur bei ansonsten gesunden Erwachsenen und Jugendlichen ist bei akutem Erkältungshusten keine ärztliche Behandlung erforderlich. Wird der Husten als quälend empfunden und/oder raubt den Nachtschlaf sind dennoch Medikamente sinnvoll, die Symptome lindern und deren Dauer verkürzen.

• Zentral wirkende Hustenstiller: "Logische" Therapie eines trockenen Hustenreizes wären Antitussiva. Dextromethorphan ist nach Kardos‘ Worten bei einer viralen Bronchitis jedoch weniger wirksam als nach Experimenten zu erwarten. An nicht opioiden Substanzen stehen nach der Rücknahme von Clobutinol laut Roter Liste Pentoxyverin, Benproperin und das verschreibungspflichtige Levodropropizin zur Verfügung. Kodein, Dihydrocodein und Noscapin bleiben der Verordnung vorbehalten. Einige pflanzliche Arzneimittel (Thymian, Spitzwegerich, Drosera, Wollblumenextrakt) ohne Suchtpotenz beanspruchen eine zentrale antitussive Wirkung, die aber nicht belegt ist.

Nach einer Infektion chronisch gewordener (postinfektiöser) Husten spricht oft auf Beta-2-Agonisten oder inhalative Glucocorticoide an.

• Demulzentia wirken antitussiv durch "Einhüllung" der im Rachen befindlichen Hustenrezeptoren. Die Husten-Leitlinie sieht Zucker als wirksames Agens nicht nur in Zuckersirup, sondern auch in vielen Hustensäften, Lutschtabletten, Honig und Hustenbonbons. Die Wirkung beschränke sich auf die Verweildauer des Zuckers am Rezeptor, meist auf 20 bis 30 Minuten.

• Antibiotika haben bei viral ausgelöster Erkältung keinen oder sehr geringen Effekt und werden paradoxerweise immer noch häufig verordnet. In einer Cochrane-Übersicht (Fahey 2004), die 542 Patienten mit akuter Bronchitis auswertete, klang der Husten unter Antibiose durchschnittlich einen halben Tag früher ab als in der Placebogruppe. Dem Zeitgewinn von ein paar Stunden standen nicht unerhebliche, vor allem gastrointestinale Nebenwirkungen gegenüber. Und "die Begünstigung der Entwicklung bakterieller Resistenzen ist unermesslich", kritisierte der Pneumologe.

• Expektoranzien wie Ambroxol, Bromhexin und Acetylcystein mindern die Reizung der Hustenrezeptoren durch erleichtertes "Abhusten" des Sekretes. Die Sekretlöser spielen in Deutschland traditionell die Hauptrolle in der Behandlung akuten Hustens. Doch existiert für ihren breiten Einsatz nach Kardos‘ Worten keine ausreichende wissenschaftliche Begründung. In den angelsächsischen Ländern würden Sekretolytika nur marginal angewendet, so der Pneumologe. Nur bei starker Sekretretention im Rahmen von COPD oder Bronchiektasie werden Expektoranzien explizit empfohlen. Viele Patienten geben eine günstige subjektive Wirkung der "Hustenlöser" auch bei der akuten Bronchitis an.

• Phytotherapeutika mit spasmolytischen und antientzündlichen Effekten konnten in der letzten Zeit in randomisierten placebokontrollierten Studien ihre Wirksamkeit bei akutem Erkältungshusten belegen. Zwei dieser RCT’s (Kemmerich B. et al, Drug Research 2006 bzw. 2007) testeten Kombinationen aus Thymian und Efeu (Sirup) bzw. Thymian und Primeln (Tablette) an jeweils 360 Patienten. Endpunkte waren die Häufigkeit der Hustenanfälle und die Schwere der Erkrankung, gemessen als Bronchitis Severity Score (5-Punkte-Skala für Husten, Aufwurf, Atemnot, Rasselgeräusche und Brustschmerzen). Unter Verum ging der Husten jeweils etwa zwei Tage früher als unter Placebo auf die Hälfte der ursprünglichen Intensität zurück. Der Unterschied war noch elf Tage nach Beendigung der Therapie signifikant. Die Schwere der Bronchitis lag unter dem Thymian-Efeu Sirup signifikant niedriger. "Eine medikamentöse Therapie ist beim akuten Erkältungshusten nicht unbedingt erforderlich", resümierte Kardos, "sie ist aber wirksam und verkürzt die Symptomdauer und die Symptomintensität bei den Betroffenen, ohne relevante Nebenwirkungen zu verursachen."

 

Quelle

Dr. med. Peter Kardos, Frankfurt: "Wintersaison: Phytopharmaka zwischen Arztpraxis und Apotheke", Presseveranstaltung des Komitee Forschung Naturmedizin, München, 8. Dezember 2007.

Leitlinie Nr. 20/003 der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie: Diagnostik und Therapie von Patienten mit akutem und chronischem Husten www.leitlinien.net

 

 


Apotheker Ralf Schlenger

 

 

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