Arzneimittel und Therapie

Rifaximin bei Reisediarrhö

Rifaximin (Xifaxan®) ist ein halbsynthetisches Rifamycin-Derivat. Es wird nicht resorbiert und wirkt deshalb ausschließlich im Darm. In Deutschland ist Rifaximin zur Behandlung der Reisediarrhö bei Erwachsenen indiziert, wenn diese durch nicht-invasive enteropathogene Bakterien verursacht wird.
Rifaximin

Die klinische Wirksamkeit von Rifaximin ist gut belegt. Weltweit ist das Antibiotikum in 27 Ländern zugelassen, und wird unter anderem zur Behandlung einer bakteriellen Darmüberwucherung, Reizdarmsyndromen, der Clostridium-difficile-assoziierten Kolitis und der mit gastrointestinalen Infektionen assoziierten hepatischen Enzephalopathie verwendet. Zum Teil wird Rifaximin auch für die prä- und postoperative Prophylaxe gastrointestinaler Infektionen eingesetzt.

In klinischen Studien wurde Rifaximin für die Behandlung der Divertikulitis, des Morbus Crohn und der Pouchitis (Entzündung eines aus einer Dünndarmschlinge geformten Reservoirs zum Ersatz des Rektums, zum Beispiel nach totaler Kolektomie) erfolgreich erprobt. Es ist durchaus denkbar, dass solche Anwendungen im Einzelfall außerhalb der Zulassung notwendig werden, etwa bei ansonsten therapieresistenten Infektionen mit Clostridium difficile. Bei der Behandlung der Pouchitis wird eine Therapie mit Rifaximin bereits als Möglichkeit in einer einschlägigen Leitlinie aufgeführt.

Kaum resorbierbar

Zusammen mit Antibiotika wie Rifampicin und Rifabutin gehört Rifaximin zur Gruppe der Rifamycine, deren erste Vertreter bereits vor 50 Jahren aus dem Bodenbakterium Amycolatopsis mediterranei (heute: Streptomyces mediterranei) isoliert wurden. Anders als Rifampicin besitzt Rifaximin eine Pyridoimidazolgruppe, durch die es praktisch wasserunlöslich und daher auch kaum resorbierbar ist.

Bei oraler Anwendung wird Rifaximin systemisch zu weniger als 1% resorbiert, sowohl im nüchternen Zustand als auch bei der Einnahme innerhalb von 30 Minuten nach einer fettreichen Mahlzeit. Die Substanz gelangt nahezu vollständig in den Darm und erreicht dort sehr hohe Konzentrationen.

Behandlung über drei Tage

Die Dosierung beträgt eine Filmtablette (200 mg) alle acht Stunden. Sie kann bei Bedarf auf zwei Filmtabletten (400 mg) alle zwölf Stunden erhöht werden, die maximale Tagesdosis beträgt 800 mg. Rifaximin kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Nach der Einnahme von Aktivkohle muss mit der Anwendung von Rifaximin zwei Stunden gewartet werden.

Soweit ärztlich nicht anders verordnet, darf die Behandlungsdauer bei einer Reisediarrhö drei Tage nicht überschreiten. Dauern die Symptome länger an, muss ein Arzt hinzugezogen werden.

Bei Patienten mit klinischen Zeichen einer invasiven Enteritis, zum Beispiel bei Fieber oder blutigem Stuhl, darf Rifaximin nicht angewendet werden. In den aktuellen deutschen Fachinformationen wird darauf hingewiesen, dass zur klinischen Wirksamkeit und Sicherheit von Rifaximin bei Patienten mit Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder anderen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen keine ausreichenden klinischen Daten vorliegen, und daher sollte Rifaximin bei diesen Patienten nicht angewendet werden.

Bakterizide Wirkung

Rifaximin bindet irreversibel an die Beta-Untereinheit der bakteriellen DNA-abhängigen RNA-Polymerase, blockiert die Bindung des Enzyms an die DNA und verhindert so die Initiierung der Kettenbildung. Durch die Unterdrückung der RNA-Synthese des Bakteriums wird letztlich die Proteinsynthese gehemmt. Da Rifaximin nicht mit der eukaryotischen Form der RNA-Polymerase interagiert, bleiben Säugerzellen unbeeinflusst.

Rifaximin wirkt bakterizid. Es besitzt ein breites antimikrobielles Wirkungsspektrum gegen die meisten grampositiven und -negativen, aeroben und anaeroben Bakterien, die Darminfektionen wie die bakterielle Diarrhö verursachen.

Da die Substanz aus dem Magen-Darm-Trakt kaum resorbiert wird, wirkt sie vor allem lokal im Darmlumen. Klinische Studien bei Patienten mit Reisediarrhö zeigten die Wirksamkeit von Rifaximin gegen ETEC (enterotoxische Escherichia coli) und EAEC (enteroaggregative Escherichia coli). Diese Keime sind überwiegend für die Reisediarrhö bei Personen, die in mediterrane Länder oder tropische und subtropische Regionen reisen, verantwortlich. Weil es nur in sehr geringen Mengen aus dem Magen-Darm-Trakt absorbiert wird, wirkt Rifaximin nicht gegen invasive pathogene Bakterien, auch wenn diese in vitro gegen Rifaximin empfindlich sind.

Resistenzen gegen Rifaximin entstehen durch Mutationen der bakteriellen DNA-abhängigen RNA-Polymerase. Sie entwickeln sich jedoch erst bei hohen Mehrfachdosierungen, sind instabil und verschwinden rasch nach Absetzen der Behandlung. Bei einer kurzen dreitägigen Behandlung ist eine Resistenzbildung nicht zu erwarten, auch wird die Darmflora nicht nachhaltig geschädigt.

Kaum Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen in klinischen Studien waren gastrointestinale Symptome, Müdigkeit und Fieber, die alle auch auf die zugrunde liegende Krankheit zurückgeführt werden können. Gastrointestinale Symptome traten nicht häufiger auf als unter einer Placebo-Behandlung

Trotz der minimalen Resorption kann Rifaximin ebenso wie alle Rifamycin-Derivate zu einer rötlichen Verfärbung des Urins führen.

Da Rifaximin bei oraler Anwendung kaum in den Organismus aufgenommen wird, sind systemische Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln nicht zu erwarten.

Wirkung auf Östrogenspiegel

Eine Ausnahme ist die Wirkung auf hormonelle Kontrazeptiva, die durch die Beeinflussung der Darmflora zustande kommen kann. Bakterielle Darmenzyme spalten in den Darm sezernierte Glucuronid- oder Sulfatkonjugate von Östrogenen, sodass die Mutterverbindungen reabsorbiert werden können, weshalb Antibiotika mit Wirkungen auf die Darmflora zu niedrigeren Östrogenspiegeln führen können. Allerdings scheint für diese Effekte eine dreitägige Behandlung mit Rifaximin nicht auszureichen. Trotzdem sollten zusätzliche alternative kontrazeptive Maßnahmen erwogen werden, insbesondere, wenn der Östrogengehalt, wie bei der sogenannten "Mikropille", unter 50 μg liegt.

Auch kann die Resorption oraler Arzneimittel bereits durch die Darminfektion selbst beeinträchtigt werden, weshalb der Schutz durch orale Kontrazeptiva nicht mehr ausreichend sein kann.


Quelle

Fachinformation von Xifaxan® , Stand August 2008.

Presseinformationen der Norgine GmbH, Deutschland, Marburg.


hel

Steckbrief: Rifaximin

Handelsname: Xifaxan
Hersteller: Norgine, Marburg
Einführungsdatum: 15. September 2008

Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält 200 mg Rifaximin. Poly(vinylalkohol), Titandioxid, Macrogol (3350), Talkum, entölte Phospholipide aus Sojabohnen, Indigocarmin, Aluminiumsalz (E 132). Sonstige Bestandteile: Poly(O-carboxymethyl)stärke, Natriumsalz, Glyceroldistearat (Ph. Eur.), hochdisperses Siliciumdioxid, Talkum, mikrokristalline Cellulose, Hypromellose, Titandioxid, Natriumedetat (Ph. Eur.), Propylenglycol, Eisen(III)-oxid.

Packungsgrößen, Preise und PZN: 12 Tabletten, 39,85 Euro, PZN 116818.

Stoffklasse: Antiinfektiva/Antibiotika. ATC-Code: A07AA11.

Indikation: Zur Behandlung der durch nicht-invasive enteropathogene Bakterien verursachten Reisediarrhö bei Erwachsenen.

Dosierung: Eine Filmtablette (200 mg) alle acht Stunden, bei Bedarf Erhöhung auf zwei Filmtabletten (400 mg) alle zwölf Stunden, maximale Tagesdosis 800 mg. Rifaximin kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Soweit ärztlich nicht anders verordnet, darf die Behandlungsdauer bei Reisediarrhö drei Tage nicht überschreiten.

Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, gegen andere Rifamycin-Derivate oder einen der sonstigen Bestandteile.

Nebenwirkungen: Sehr häufig: Blähungen. Häufig: abdominelles Spannungsgefühl, Bauchschmerzen, Verstopfung, Stuhldrang, Übelkeit, Tenesmus ani, Erbrechen; Benommenheit, Kopfschmerz; Erschöpfung, Pyrexie.

Wechselwirkungen: Aufgrund seiner minimalen gastrointestinalen Resorption bei oraler Anwendung (weniger als 1%) besitzt Rifaximin ein geringes Potenzial für systemische Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Durch die Veränderung der Darmflora unter der Therapie mit Antibiotika kann es zu einer Beeinflussung des enterohepatischen Kreislaufs von Estrogenen kommen. Rifaximin darf frühestens zwei Stunden nach der Einnahme von Aktivkohle eingenommen werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Rifaximin sollte bei Patienten mit klinischen Zeichen einer invasiven Enteritis, beispielsweise Fieber oder blutigem Stuhl, nicht angewendet werden. Rifaximin sollte nicht bei Patienten mit Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder anderen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen angewendet werden.

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