Feuilleton

Die Pharmazeutin Agatha Christie

Eine Ausstellung über die Autorin und Giftexpertin Agatha Christie ist bis Ende Juli 2009 in der Kräuterapotheke des Fränkischen Freilandmuseums Bad Windsheim zu sehen.
Rezepturgeräte für Venena, Brechnüsse (rechts)und Krimis.
Foto: Schmelzer

Tod auf dem Nil, Mord im Orientexpress, Alibi, Nicotin, Blausäure, Die Tote in der Bibliothek, Vorhang, 16.50 ab Paddington, Der Wachsblumenstrauß, Morphium – das sind nur einige bekannte Kriminalromane einer weltberühmten Autorin: Agatha Mary Clarissa Christie (1890 –1976). Sie schrieb mehr als 80 Romane; weltweit wurden, grob geschätzt, zwei Milliarden Exemplare verkauft.

Im 1. Weltkrieg arbeitet Agatha Christie erst als Krankenschwester, dann als Apothekenassistentin in einem Krankenhaus ihrer Heimatstadt Torquay. Dort interessiert sie sich für "sanfte" Morde durch Gift. In ihren Lebenserinnerungen schreibt sie: "Ich begann zu überlegen, welche Art Krimi ich schreiben könnte. Auf den Regalen rund um mich herum standen Gifte, und so war es vielleicht nur natürlich, dass ich einen Giftmord ins Auge fasste." 1920 erscheint ihr erster Kriminalroman (The Mysterious Affair at Styles; Das fehlende Glied in der Kette), in welchem bereits der belgische Detektiv Hercule Poirot auftritt und Strychnin seine Giftwirkung "entfaltet".

Im 2. Weltkrieg ist Christie in der Apotheke des Londoner University College Hospital tätig. Nachdem sie den Archäologen Max Mallovan geheiratet hat, führt sie der Weg in den Nahen Osten, wo im Laufe der Zeit ein umfangreiches Werk entsteht.

… in todsicherer Dosis

Die vom Sächsischen Apothekenmuseum konzipierte Ausstellung gibt Informationen zur Rezeptur im Allgemeinen und von Venena im Besonderen. Sie zeigt die dabei benötigten Geräte wie Handwaagen, Pillenmaschine oder Reibschalen, die teilweise mit "Gift" oder "Venena" gekennzeichnet sind, und zitiert auch die humorigen Bezeichnungen "Pillendreher" und "Giftmischer" für den Apotheker.

Der Besucher lernt: Gift ist nicht gleich Gift, und "Dosis sola facit venenum" – erst die entsprechende Menge macht einen Wirkstoff zum Gift. Fast alle ausgestellten Substanzen, z. B. Arsen, Strychnin oder Digitalis, wurden – oder werden heute noch – in therapeutischer Dosierung als Arzneimittel verwendet.

Zwischen der medizinischen Wirksamkeit eines Stoffes und seiner Giftigkeit liegt oft nur ein kleiner Schritt – und damit auch zwischen seiner legalen und seiner illegalen Verwendungsweise. Wollte jemand einen Giftmord begehen, so konnte er die Mittel dazu in der Apotheke bekommen – und für Ärzte oder Krankenschwestern war es ein Leichtes, sich entsprechend "einzudecken".

Blausäure, Arsen, Morphin

In über 40 Kriminalromanen hat Christie ihre Opfer durch Gift "über den Jordan geschickt", wobei die Mörder besonders die schnell wirkenden, damals schwer nachweisbaren Substanzen nutzten. Blausäure (13 Titel), Arsen (neun Titel), und Morphin (sieben Titel) sind unter den Spitzenreitern und werden von Christie in ihren Charakteristika und ihrer Wirkungsweise aufs Genaueste beschrieben. So genau, dass sogar Toxikologen der "Lady of Crime" ein pharmazeutisches Wissen bescheinigen, das sich auf Lehrbuchniveau bewegt. Nicht nur Wirkung und Symptome der Gifte seien meisterlich und absolut realistisch beschrieben, auch die häufigen Fehldiagnosen der Ärzteschaft der damaligen Zeit bringe Christie treffend auf den Punkt.

Bei der Ausstellungseröffnung, die mit der Lesung einer Kurzgeschichte von Agatha Christie ihren Anfang nahm, wurden Pralinen und roter Traubensaft gereicht. "Ein Schelm, der Böses dabei denkt!"

Literatur

ku: Aus der Giftküche der Agatha Christie. DAZ 1/1999, S. 71.

Friedrich Schmelzer, Diespeck info@apotheke-diespeck.de

Museum

Fränkisches Freilandmuseum

Eisweiherweg 1, 91438 Bad Windsheim

Tel. (0 98 41) 6 68 00 oder 66 80 40 (Kasse), Fax 66 80 99

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