Aus der Hochschule

Auszeichnung für universitäre Spitzenforschung

Vier Universitätsprofessoren im deutschsprachigen Raum haben den Phoenix Pharmazie Wissenschaftspreis 2008 erhalten. Die begehrte Auszeichnung honoriert Spitzenforschung, die an Universitäten betrieben wird. Die Firma Phoenix, Stifter des Preises, will auf diese Weise zur Profilierung der Pharmazie innerhalb der naturwissenschaftlichen Fakultäten beitragen.
Prof. Dr. Peter Gmeiner, Prof. Dr. Walter E. Müller, Prof. Dr. Andreas Zimmer, Prof. Dr. Jörg Kreuter (Jury), Henry Iberl (Fa. Phoenix), Prof. Dr. Peter Ruth (Jury), Prof. Dr. Werner Roos (von links; alle Preisträger mit ihrer Trophäe).

In einer Feierstunde am 5. November in Freiburg wurden folgenden Personen, die jeweils eine andere pharmazeutische Disziplin vertreten, die Preise überreicht:

  • Prof. Dr. Walter E. Müller, Frankfurt/Main, im Fach Pharmakologie,
  • Prof. Dr. Werner Roos, Halle, im Fach Pharmazeutische Biologie,
  • Prof. Dr. Peter Gmeiner, Erlangen, im Fach Pharmazeutische Chemie,
  • Prof. Dr. Andreas Zimmer, Graz, im Fach Pharmazeutische Technologie.

Als Vorsitzender der Jury betonte Prof. Dr. Jörg Kreuter, Frankfurt, dass viele hervorragende Arbeiten eingereicht worden seien und dass die Auswahl der besten sehr schwer gefallen sei. Zudem sei in den letzten Jahren das Niveau kontinuierlich gestiegen – ein erfreulicher Trend, der sich auch im hohen Ansehen der universitären Pharmazie niederschlägt. Allerdings kritisierte Kreuter, dass der Staat die Universitäten vernachlässige. Immer mehr Forschung werde an Institute außerhalb der Universitäten verlagert.

Anschließend stellten die Preisträger ihre Forschungsprojekte kurz vor.

Wie wirkt Hyperforin?

Prof. Dr. Walter E. Müller wurde für seine Forschungen zum Wirkmechanismus von Hyperforin, dem Hauptwirkstoff im Johanniskraut, ausgezeichnet. Bisher war bekannt, dass Antidepressiva adaptive Veränderungen an Nervenzellen bewirken und dadurch eine Imbalance im System der Neurotransmitter korrigieren; die adaptiven Veränderungen sind der Grund für den verzögerten Wirkungseintritt nach Beginn der Medikation. Müller fand heraus, dass Hyperforin zusätzlich noch einen direkten Wirkmechanismus besitzt: Es aktiviert den Ionenkanal TRPC6 (transient receptor potential cation channel 6), durch den Calcium- und Natriumionen in die Zelle gelangen. Die Selektivität für den Kanal Nr. 6 wies Müller nach, indem er HEK-Zellen, die gar keine TRPC besitzen, durch gentechnische Manipulation mit jeweils einem der sieben verschiedenen TRPC ausstattete. Müller hat auch andere Antidepressiva auf eine eventuelle Wirkung am TRPC6 getestet – mit negativen Ergebnissen, was die Sonderstellung von Hyperforin und Johanniskraut in ihrer Indikationsklasse unterstreicht.

Signaltransduktion in Pflanzenzellen

Prof. Dr. Werner Roos, Halle, fand durch seine Erforschung der G-Proteine in Pflanzen die Anerkennung der Jury. Die transmembranären Guaninnucleotid-bindenden Proteine sind für die Weiterleitung von äußeren Signalen ins Zytosol und schließlich in den Zellkern verantwortlich. Prinzipiell sind G‑Proteine in tierischen und pflanzlichen Zellen ähnlich, die Pflanze hat jedoch eine "bescheidenere Ausstattung", wie Roos darlegte. G-Proteine bestehen aus den drei Untereinheiten α, β und γ; die beiden letzteren haften stets aneinander, während α in tierischen Zellen dissoziieren kann, nicht aber in pflanzlichen Zellen. Insbesondere befasste sich Roos mit der Rolle von Lysophosphatidylcholin bei der Aktivierung der G-Proteine. Ein wesentlicher Schritt bei der Signalweiterleitung in Pflanzenzellen ist der Influx von Protonen aus der Vakuole ins Zytosol; die eintretende pH-Wert-Änderung stimuliert dann die Genexpression.

Neue PET-Liganden

Prof. Dr. Peter Gmeiner stellte seine Forschungen zur Entwicklung neuer PET-Liganden vor. Mithilfe der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist es möglich, bildlich darzustellen, welche radioaktiv markierten Moleküle an welche Rezeptoren binden, und auf diese Weise Kandidaten für neue Arzneistoffe zu finden. Dabei verwendet Gmeiner 18 F als radioaktives Isotop und konzentriert sich auf Dopamin-Rezeptoren. Ziel ist es, Substanzen zu identifizieren, die selektiv nur an einen bestimmten Rezeptor-Subtyp binden, und den Grund für die Selektivität herauszufinden. Ob eine Bindung zustande kommt oder nicht, darüber entscheidet nur ein kleiner Teil des Rezeptors, die Bindungstasche. In diesem Abschnitt gibt es Aminosäurensequenzen, die allen oder den meisten Rezeptoren gemeinsam sind – die Genetiker sprechen von konservierten Sequenzen –, aber es gibt auch sehr spezifische Elemente, wobei es sich oft nur um eine einzige differierende Aminosäure handelt.

Die Blut-Hirn-Schranke überwinden

Das preisgekrönte Forschungsprojekt der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Andreas Zimmer stellte Frau Ingrid Kratzer vor. Zimmer experimentiert mit Verbindungen, die geeignet sind, Wirkstoffmoleküle durch die Blut-Hirn-Schranke zu transportieren. Die Blut-Hirn-Schranke besteht aus Endothelzellen, Perizyten und Astrozyten. Die Bindungen der Zellen aneinander (tight junctions) sind so stark, dass die Überwindung der Barriere nur durch die Zellen hindurch erfolgen kann (Transzytose). Als natürliche Transporter hat Zimmer die Apolipoproteine ausgesucht, die Bestandteile des Cholesterins sind und leicht in Zellen eindringen können. Als Wirkstoffe hat er Oligonucleotide gewählt, mit denen schon mehrere Arbeitsgruppen experimentiert haben. So verwies Kratzer darauf, dass Oligonucleotide in wässriger Lösung mit Protamin Nanopartikel bilden ("Proticles"). Bei der Kombination von 5 μg Apolipoprotein mit 10 μg Oligonucleotiden zeigte sich eine zufriedenstellende Transzytose. Da es bei den Apolipoproteinen Untergruppen von A bis I gibt, die jeweils weitere Differenzierungen aufweisen, wird die Suche nach dem idealen Carrier noch einige Zeit andauern. cae

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