Arzneimittel und Therapie

Aktuelle Behandlungsstrategien bei Crohn und Colitis

Die Colitis ulcerosa ist neben dem Morbus Crohn die wichtigste chronisch entzündliche Darmerkrankung. Der Verlauf und die Ausdehnung der beiden Erkrankungen sind sehr variabel. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer komplexen Diagnostik und abgestuften Therapie in der klinischen Praxis. Zwar gibt es keine kausale Therapie, aber es stehen antientzündliche und immunsuppressive Wirkstoffe zur Verfügung, die das Entzündungsgeschehen positiv beeinflussen können.

Die Internistin Dr. Franziska Plath beschrieb im Rahmen der Scheele-Tagung eindrücklich die Einschränkungen in der Lebensqualität, die diese Erkrankungen für die Betroffenen mit sich bringen. Neben allgemeinen Krankheitszeichen wie Leistungsabfall, Müdigkeit, Appetitverlust und gelegentlichem Fieber kommt es zu schleimigen oder blutigen Stuhlgängen bis hin zu heftigen Durchfällen, es treten krampfartige Bauchschmerzen auf, die lokalisiert werden können, aber auch teilweise den gesamten Bauch erfassen. Bei beiden Erkrankungen können Auswirkungen nicht nur im Bereich des Darmes auftreten, sondern auch andere Organe des Körpers miteinbeziehen. So können Entzündungen der Gelenke der Arme oder Beine auftreten.

Ursache ungeklärt

Ein Hauptunterscheidungsmerkmal der CED ist der Befall der unterschiedlichen Abschnitte des Darmes: Beim Morbus Crohn ist zwar am häufigsten der Übergang zwischen Dünndarm und Dickdarm oder der letzte Teil des Dünndarms betroffen, doch die Entzündungen können überall im Verdauungstrakt vom Mund bis zum After auftreten. Damit kann der Morbus Crohn von einer Colitis ulcerosa unterschieden werden, die nur im Dickdarm vorkommt. Typisch für den M. Crohn ist ein segmentaler Befall, der alle Darmwandschichten – auch die tiefen – betrifft. Die Ätiologie und die Pathogenese der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sind immer noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass bestimmte genetische und umweltbedingte Faktoren zu einer pathologischen Aktivierung des intestinalen Immunsystems führen.

Therapie des Morbus Crohn

Die Therapie des Morbus Crohn richtet sich danach, welche Darmabschnitte betroffen sind und wie ausgeprägt die Entzündung ist: Bei einem akuten leichten Crohn-Schub wird 5-ASA empfohlen. Die übliche Tagesdosis beträgt 3 bis 4 g. Bei ileozölekalem Befall hat sich Budenosid (9 mg täglich) bewährt. Eine enterale Ernährungstherapie kann ebenfalls in Erwägung gezogen werden. Bei einer hohen Entzündungsaktivität sollten systemische Steroide eingesetzt werden. Üblich ist 1 mg/kg KG Prednisolonäquivalent pro Tag. Bei einem unzureichenden Ansprechen, so Plath, sollte zusätzlich Azathioprin bzw. 6-Mercaptopurin (2,5 mg bzw. 1,5 mg/kg KG pro Tag) eingesetzt werden. Sobald eine Remission erreicht ist, sollte versucht werden, die Steroiddosis zu reduzieren. Eine Langzeittherapie empfiehlt Plath wegen der unerwünschten Corticoideffekte möglichst nicht. Bei distalem Befall können begleitend Zäpfchen, Klysmen oder Schäume eingesetzt werden. Kommt es zu einem Schub mit ausgedehntem Dünndarmbefall wird mit systemisch-wirksamen Steroiden behandelt. Bei mäßiger bis schwerer Krankheitsaktivität sollte frühzeitig mit einer immunsuppressiven Therapie (Azathioprin, Methotrexat) ergänzt werden. Allerdings sind viele Crohn-Patienten steroidrefraktär. Die Betroffenen erhalten dann Azathioprin. Um die Compliance zu fördern, sollte bei einer Azathioprintherapie unbedingt darauf hingewiesen werden, dass ein Effekt erst nach etwa zwei bis sechs Monaten eintritt. Ist ein schnelles Ansprechen notwendig oder sind Kontraindikationen vorhanden, sei eine zusätzliche Therapie mit Antikörpern gegen TNF α wie Infliximab oder Adalimumab indiziert.

Therapie der Colitis ulcerosa

Bei einem leichten Schub sollte bevorzugt topisch mit Aminosalicylaten therapiert werden: bei Proktitis mit Zäpfchen, bei Proktosigmoiditis mit Klysmen oder mit Schäumen. Die minimale, aber auch ausreichende lokale Dosis zur Erzielung einer Remission beträgt 1 g 5-ASA pro Tag. Die Dosierung im akuten Schub kann 3 bis 4 g täglich betragen. Von einem fulminanten Schub spricht man, wenn eine systemische Beteiligung wie Fieber, Tachykardie und Anämie sowie erhöhte Entzündungsparameter auftreten.

Ziel: Remission erhalten

Bei den entzündlichen Darmerkrankungen ist es ein Ziel, die erzielte Remission solange wie möglich zu erhalten. Besonders bei der Colitis ulcerosa haben sich 5-Aminosalicylate bewährt. Auch beim Morbus Crohn ist eine Remissionserhaltung mit 5-Aminosalicylaten nachweisbar, aber leider wesentlich geringer als bei Colitis ulcerosa. Bei unkomplizierten Verläufen ist nach erfolgreicher Remissionsinduktion eine langfristige remissionserhaltende Therapie indiziert.

Anwenderfreundliche moderne Darreichungsformen

Sehr erfreulich sei es, so Plath, dass mittlerweile verschiedene Darreichungsformen für die Arzneistoffe zur Verfügung stehen. Mittlerweile ist es möglich, die Wirkstoffe in Form von Zäpfchen, Klysmen oder Rektalschäumen direkt unter Umgehung der Metabolisierung in der Leber an die Enddarm- und Dickdarmschleimhaut zu bringen. Zwar sei es sehr gewöhnungsbedürftig ein Schaumvolumen von 30 ml anzuwenden, so Plath, aber sie empfiehlt ihren Patienten zur Anwendung sich abends auf die linke Seite zu legen, so werden Schmerzen verringert und die Schleimhäute können sehr gut benetzt werden.

In den im Handel befindlichen Darreichungsformen sind die Arzneistoffe als Kapsel oder Granulat enthalten, die sich erst im unteren Dünndarm oder im Dickdarm auflösen und die Wirksubstanz dort direkt freisetzen. Je nach Art der Verkapselung oder Ummantelung gibt es erhebliche Unterschiede in der Freisetzung aus den Präparaten: Salofalk und Claversal enthalten den Wirkstoff mit Eudragit-Harzen ummantelt und setzen ihn vorwiegend im terminalen Ileum und im Dickdarm frei, Pentasa enthält 5-ASA in Ethylcellulose mikroverkapselt und setzt bereits im Dünndarm wirksame Mengen frei. So ist Pentasa nur bei Patienten sinnvoll, die einen Dünndarmbefall haben, während umgekehrt Präparate wie Salofalk oder Claversal eher am Dickdarm wirken. Hier sollte ganz individuell das Präparat ausgewählt werden.


Quelle

Dr. Franziska Plath, Stralsund: Aktuelle Behandlungsstrategien von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Scheele-Tagung, 7. bis 9. November 2008, Heringsdorf.


ck

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