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Tropfen auf dem heißen Stein

Die Bundesregierung hat beschlossen, Familien und Geringverdiener ab Januar 2009 zu entlasten: durch Erhöhungen von Kinder- und Wohngeld sowie Kinderfreibetrag und durch eine Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags. ADEXA meint: Ein Schritt in die richtige Richtung, aber für viele Betroffene nach jahrelanger Stagnation nicht ausreichend. – Bundestag und Bundesrat müssen das entsprechende Gesetz noch verabschieden.

Die Bundesregierung will das Kindergeld für die ersten beiden Kinder um zehn Euro auf monatlich 164 Euro anheben, für das dritte Kind um 16 Euro auf 170 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind um 16 Euro auf 195 Euro. Die steuerlichen Kinderfreibeträge sollen von rund 5800 Euro auf 6000 Euro pro Jahr steigen. Doch das reicht nicht, denn der Entwurf des Existenzminimumberichts 2010 vom Bundesfinanzministerium (BMF) sieht 6024 Euro vor.

Geld für Schulbedarf

Hilfsbedürftige Schüler sollen ab 2009 zusätzlich 100 Euro für Schulbedarf erhalten. Dies ist bis zum Abschluss der 10. Klasse geplant. Laut Familienministerium können die Behörden einen Nachweis über die Verwendung des Geldes verlangen.

Außerdem sollen Dienstleistungen in Privathaushalten wie Putzhilfen, Hausangestellte oder Kinderbetreuung steuerlich besser berücksichtigt werden. Dies wird aber vor allem Gutverdiener entlasten.

Das Bundeskabinett beschloss auch, die ab 2009 geplante Wohngelderhöhung um drei Monate vorzuziehen. Gut 800.000 bedürftige Haushalte erhalten in Form einer Einmalzahlung rückwirkend ab 1. Oktober rund 140 Euro statt bisher 90 Euro.

Arbeitslosenversicherung

Für alle Arbeitnehmer ist die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags besonders wichtig: Er soll ab Januar 2009 für 18 Monate von bisher 3,3 auf 2,8 Prozent reduziert werden und im Juli 2010 auf 3,0 Prozent steigen. Hier muss allerdings der für viele GKV-Versicherte ab Januar 2009 steigende Krankenkassenbeitrag gegengerechnet werden; ab dann gilt ein einheitlicher Beitragssatz von 15,5 Prozent – eine Folge der Einführung des Gesundheitsfonds.

Beitragsbemessungs- / Versicherungspflichtgrenzen

Beschlossen wurden außerdem neue Beitragsbemessungsgrenzen und weitere Rechengrößen der Sozialversicherung ab 2009:

  • Renten- und Arbeitslosenversicherung: Die Beitragsbemessungsgrenze steigt in Westdeutschland um 100 Euro auf 5400 Euro monatlich und im Osten um 50 Euro auf 4550 Euro.
  • Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung: Die Beitragsbemessungsgrenze steigt bundesweit von 3600 Euro auf 3675 Euro monatlich und die Versicherungspflichtgrenze von 4012,50 Euro auf 4050 Euro monatlich (liegt das Bruttogehalt eines Arbeitnehmers unter diesem Betrag, ist er verpflichtet, sich gesetzlich zu versichern).

ALG II und Sozialhilfe

Legt man den noch unverbindlichen Bericht des BMF zugrunde, können auch gut 7 Millionen Bezieher von ALG II und Sozialhilfe mit höheren Regelsätzen rechnen: 2009 könnte es ein Plus von 1,9 Prozent, 2010 von 2,3 Prozent geben. Daraus würden folgende Leistungen resultieren:

  • Alleinstehende: 356 Euro (bisher 349), 2010: 364 Euro.
  • Paare: 640 Euro (bisher 628), 2010: 655 Euro.

Die Anhebung der Regelsätze hängt von der Entwicklung der Bruttolöhne ab und ist an die Rentenanpassung gekoppelt.

Kritikpunkte

Familien von Hartz-IV-Empfängern würden von der geplanten Kindergelderhöhung nicht profitieren, da ihnen die Erhöhung vom Regelsatz abgezogen würde. Generell gleicht die magere Erhöhung um 10 Euro für die ersten beiden Kinder den Wertverlust seit der letzten Erhöhung von 2002 nicht aus. Faktisch beträgt sie 6,5 Prozent – für den Inflationsausgleich für sieben Jahre viel zu wenig, von einer echten Förderung ganz zu schweigen. In eine ähnliche Richtung zielte die scharfe Kritik des Augsburger Bischofs Walter Mixa: Das geplante Plus von 10 Euro sei eine "Beleidigung und grobe Missachtung der Leistung von Familien für unsere Gesellschaft".

Es bleibt zu hoffen, dass im Jahr vor der Bundestagswahl Parlament und Bundesrat nicht noch Abstriche bei den geplanten Maßnahmen vornehmen, sondern vielleicht den einen oder anderen Euro als Wahlgeschenk drauflegen.


Dr. Sigrid Joachimsthaler

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