DAZ aktuell

Kürzung tariflicher Sonderzahlung muss begründet sein

(ks). Es ist zumeist das Novembergehalt, mit dem Apothekenmitarbeitern die im Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) vorgesehene Sonderzahlung ausbezahlt wird. Der einschlägige §18 BRTV besagt, dass sie grundsätzlich 100 Prozent des tariflichen Monatsverdienstes beträgt. Der Apothekeninhaber ist jedoch berechtigt, sie auf bis zu 50 Prozent des tariflichen Monatsverdienstes zu kürzen, wenn sich ihm dies aus wirtschaftlichen Gründen als notwendig darstellt. Welche Anforderungen an die Begründung einer solchen Kürzung zu stellen sind, war einige Zeit umstritten. Inzwischen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Voraussetzungen konkretisiert. (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Februar 2008, Az. 10 AZR 126/07)

In dem entschiedenen Fall hatte eine PTA gegen ihren Arbeitgeber geklagt. Dieser hatte ihr im November 2005 neben einem Bruttogehalt in Höhe von 1473,91 Euro eine gekürzte tarifliche Sonderzahlung von 736,96 Euro brutto ausgezahlt. Der Apothekeninhaber hatte seine Mitarbeiter in einem Schreiben auf die im BRTV vorgesehene Möglichkeit der Kürzung der Sonderzahlung hingewiesen. Er begründete seine Kürzung unter anderem mit einem Umsatzeinbruch sowie einen gesunkenen Ertrag. Als Anlagen fügte er ein Schreiben seines Steuerberaters zur Kostenentwicklung der Apotheke und eine grafische Darstellung der Umsatzentwicklung bei.

Die Klägerin hielt diese Begründung für unzureichend; sie sei lediglich ein allgemeines "Lamento" über die wirtschaftliche Lage. Sie forderte daher den Differenzbetrag zwischen ausgezahlter Sonderzahlung und einem tariflichen Monatsgehalt ein. Der beklagte Apothekeninhaber vertrat dagegen die Auffassung, die Kürzung habe in seinem freien Ermessen gestanden und sei überdies nicht gerichtlich überprüfbar. Beide Vorinstanzen gaben der Klägerin Recht. Auch im Revisionsverfahren vor dem BAG blieb der Apothekeninhaber unterlegen.

Nach dem Urteil des BAG muss die Einschätzung des Apothekenleiters, ob die Kürzung aus wirtschaftlichen Gründen notwendig ist, nach dem Wortlaut des §18 BRTV nicht "objektiv" erfolgen. Eine solche "objektive" Notwendigkeit hatte zuvor das Landesarbeitsgericht angenommen und gefordert, dass der Arbeitgeber ein Sanierungskonzept hätte vorlegen müssen. So weit geht das BAG jedoch nicht. Es geht vielmehr davon aus, dass die Einschätzung durchaus subjektiv sein kann. Eine akute Gefahr für die Existenz der Apotheke und damit den Bestand der Arbeitsplätze der Apothekenmitarbeiter, die ein Sanierungskonzept erforderlich macht, sei nicht erforderlich. Die Richter verweisen auf den Wortlaut, wonach sich "dem Apothekeninhaber die Kürzung der Sonderzahlung aus wirtschaftlichen Gründen als notwendig darstellen" muss. Aus der Formulierung "dem Apothekeninhaber" werde deutlich, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Einschätzung der wirtschaftlichen Situation der Apotheke durch deren Inhaber zu achten und insofern von einer Einschätzungsprärogative des Apothekeninhabers auszugehen sei.

... aber gut begründet werden

Zu begründen und gerichtlich überprüfbar ist dem BAG zufolge aber auch eine subjektiv vorgenommene Kürzungsentscheidung. Anderenfalls wäre die Grundregel bezüglich der Höhe der tariflichen Sonderzahlung sinnentleert, so die Richter. Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Kürzungsentscheidung sei sodann nur zu prüfen, ob der Apothekeninhaber eine auf die wirtschaftliche Situation seiner Apotheke bezogene Prognose erstellt und offengelegt hat, welche nachvollziehbaren, einsichtigen und konkreten Gründe aus seiner Sicht die Kürzung der tariflichen Sonderzahlung erfordern.

Die Begründung des beklagten Apothekenleiters hat das Gericht in diesem Sinne nicht für ausreichend erachtet: Allgemein gehaltene Hinweise auf die wirtschaftliche Lage der Apotheken in Deutschland und ein pauschaler Vortrag zur Verfehlung von Umsatzzielen, zum Rückgang des Umsatzes, zu Gewinnverfall oder Unrentabilität oder zur Notwendigkeit der Einsparung von Personalkosten machten die Kürzungsentscheidung nicht plausibel und genügten daher auch nicht zu ihrer Begründung.

Entscheidung im Wortlaut bei DAZonline

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