Feuilleton

Parfumflacons aus der DDR

"Es gab nicht nur Florena", heißt das Thema einer Sonderausstellung, die bis zum 16. November im Stadt- und Waagenmuseum Oschatz bei Leipzig zu sehen ist. Gezeigt werden Parfumflacons, ihre Verpackungen und Werbeträger aus der DDR – die schönsten und interessantesten Stücke aus der Sammlung von Kerstin Zimmermann, Radebeul.

"Schwarzer Samt", "China-Seide" und "Sierra" heißen Duftnoten, welche die Damen zwischen Elbe und Oder gern trugen. Gepflegte Herren rochen nach "Pitralon", "Arctic", "Privileg" oder "Dur for Men". Genauso vielfältig wie das Sortiment an Parfums, Eau de Cologne und Rasierwasser made in GDR war die Palette an Flacons.

Nach der Verstaatlichung der letzten Kosmetikhersteller 1972 hatte die Regierung zwar auf einheitliche Fläschchen gesetzt, um Kosten zu sparen. Doch das war mit dem Berufsethos der Designer natürlich nicht vereinbar. Trotz Materialengpässen gelang es ihnen immer wieder, für Duftwässer originelle Behältnisse und Verpackungen zu kreieren.

Seit Mitte der neunziger Jahre hat Kerstin Zimmermann über tausend Objekte aus der DDR zusammengetragen. Die allermeisten Marken verschwanden zwar 1990 aus den Regalen der Parfümerien. Dennoch entdeckt Kerstin Zimmermann auf Flohmärkten und im Internet noch oft Produkte von Florena & Co., welche unbeschadet die "Wegwerfwelle" in der Wendezeit überstanden haben.

Breites Sortiment an Düften

Wenn früher eine DDR-Familie ein Westpaket mit edlen Düften bekam, wurden die Flacons aus heimischer Produktion in den Wäscheschrank verbannt. Kein Wunder, dass bei mancher Haushaltsauflösung noch heute gefüllte Fläschchen oder sogar komplette Geschenkpackungen samt Seife, Spitzentaschentuch oder Brokattäschchen entdeckt werden.

Die jeweiligen Düfte sind nicht "gekippt", sondern noch weitgehend authentisch. Deshalb erkennt manche Seniorin sogar mit verbundenen Augen das Parfum, das sie vor vielen Jahren zum ersten Rendezvous trug, wieder. In der DDR orientierten sich die Parfumeure zwar an internationalen Trends. Anders als ihre westeuropäischen Kollegen konnten sie aber kaum natürliche Rohstoffe importieren und mussten sich meistens mit synthetischen Substanzen begnügen.

Auch die Flacons belegen, dass Parfum in der DDR kein einsilbiges Thema war. In der Nierentäschchen-Ära stand in den Regalen der Parfümerien eine breite Palette an Duftwässern vom Eau de Cologne über Parfum de Toilette bis zum konzentrierten Parfum zur Auswahl. Herren, die gut riechen wollten, hatten die Qual der Wahl zwischen Pre- und Aftershave, Eau de Cologne oder Gesichtswasser diverser Marken.

Verpackt in Satin und Velours

Filigran geschliffene Flacons unterstrichen den Hauch von Luxus und entsprachen dem Geschmack der Nachkriegszeit. Der Chemnitzer Hersteller von "Lebona Lavendel" – eine später nur noch im Westen verwendete Marke – bettete den kostbaren Glasbehälter sogar auf Satin und legte das Ganze in eine edle Verpackung.

Auch die Geschichte von "Schwarzer Samt" aus dem Haus Florena begann in den fünfziger Jahren. Dieses Parfum wurde damals in einem kleinen Flacon mit geschliffenem Glasstopfen auf schwarzem Velours in einer mit pfirsichfarbenem Velourspapier bezogenen Schachtel präsentiert. Den Deckel schmückte ein mit schwarzem Velours hinterlegtes Passepartout. Später wurde die komplette Serie in einheitlichen Flacons mit schlankem Design vertrieben. Sie entsprachen dem neuen Trend zur Sachlichkeit und klaren Linienführung.

Rasierwasser mit Oldtimer-Bus

In den sechziger und siebziger Jahren wurden die geschliffenen Glasstopfen durch Stopfen oder Schraubverschlüsse aus Metall ersetzt. Auch wurden Flacons zuweilen mit Bast und anderen natürlichen Materialien dekoriert. Berlin Kosmetik entwickelte eine Präsentpackung mit "SYXI Pepita" im Glasflacon nebst befüllbarem Porzellanzerstäuber. Für "Onyx" von Gerdeen kreierten die Designer ein Etikett mit Intarsien aus Halbedelsteinen. Ein originelles Geschenk für das "Kind im Manne" war der Karton mit "Dur for Men" Eau de Toilette, After Shave und einem kleinen Oldtimer-Bus aus Plaste.

Luxusartikel, aber keine Raritäten

"Sierra" wurde auf der Leipziger Messe 1965 ausgezeichnet. Für dieses Eau de Parfum hatte Florena einen schlanken Flacon aus einem dem Biskuit-Porzellan nachempfundenen Scherben entwickeln lassen. In eine runde Bastdose verpackt, sollte der duftende Messehit die Damenwelt erobern. Als Verschluss musste allerdings ein Stopfen aus violetter Plaste genügen. Er deutet auf den zunehmenden Materialmangel hin, der Designer und Hersteller immer wieder zu Kompromissen zwang.

Schon in den fünfziger Jahren waren viele Parfumhersteller aus der DDR gen Westen abgewandert. Ein gutes Jahrzehnt später schmälerten dann staatlich verordnete Rationierungen die Duftpalette. Nach der Verstaatlichungswelle 1972 wurden die meisten noch existierenden Betriebe einem Kombinat zugeordnet und trugen schließlich dessen Markennamen.

Und dennoch: Wie anderswo in der Welt waren auch in der DDR Duftwässer zwar Luxusartikel, aber keine Raritäten. Im Stadt- und Waagenmuseum Oschatz laden derzeit auch "Russisch Kölnisch Wasser", "Yava", "Poesie" und viele andere einst begehrte Duftnoten zum "Ostalgie-Schnuppern" ein.


Reinhard Wylegalla

Museum

Stadt- und Waagenmuseum
Frongasse 1, 04758 Oschatz
Tel. (0 34 35) 92 02 85,
Fax (0 34 35) 98 76 11,
www.oschatz-erleben.de

Geöffnet: Dienstag bis Freitag 10–17 h, Samstag und Sonntag 14–17 h. Am 31. Oktober (Reformationstag) geschlossen

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