Arzneimittel und Therapie

Warum Sibutramin manchmal nicht hilft, Gewicht zu reduzieren

Übergewicht und Adipositas sind mittlerweile in allen westlichen Ländern zu einem Problem geworden. Trotz Sport und Ernährungsumstellung gelingt es vielen Menschen nicht, ihr Gewicht dauerhaft zu senken. Appetitzügler wie Sibutramin sollen sie dann zusätzlich unterstützen. Aber wem helfen diese Mittel wirklich? Und wann treten unerwünschte Wirkungen wie Herzrasen oder Bluthochdruck auf? Ein Genpolymorphismus kann eine Vorhersage über die Wirksamkeit von Sibutramin ermöglichen.

In ihren Untersuchungen konnten Forscher vom Universitätsklinikum Essen und vom Münchener Klinikum rechts der Isar zeigen, dass abhängig von der genetischen Ausstattung der Appetitzügler Sibutramin keinen Nutzen bringen, sondern sogar gefährlich sein könnte. In ihren Untersuchungen fanden die Wissenschaftler im Gen GNAS eine häufige Genveränderung. Das Gen GNAS steuert die Produktion eines sogenannten stimulierenden G-Proteins, welches unter anderem an der Fettverbrennung und an der Steuerung der Herzfrequenz beteiligt ist. Menschen mit der GG-Variante, das sind rund 40%, produzieren am meisten von diesem stimulierenden G-Protein. Diejenigen mit der A-Variante produzieren weniger. Die Forscher führten daraufhin Genuntersuchungen bei 110 übergewichtigen Patienten durch, die bei einer klinischen Gewichtsreduktionsstudie teilgenommen hatten. In dieser insgesamt ein Jahr dauernden Studie mussten alle Teilnehmer mehr Sport treiben und ihre Kalorienzufuhr einschränken. Die Hälfte der Teilnehmer bekam noch zusätzlich Sibutramin, die anderen Placebo. Sibutramin ist ein zentral angreifender Appetitzügler der als unterstützende Therapie zur Behandlung adipöser Patienten eingesetzt wird. Ziel der doppelblinden Studie war es zu prüfen, ob Sibutramin im Vergleich zum Placebo tatsächlich zu einer vermehrten Gewichtsreduktion innerhalb eines Jahres führte.

Sibutramin bei Patienten mit GG-Genvariante nutzlos

Die nachträglichen Genanalysen der Wissenschaftler führten zu einem erstaunlichen Befund: Patienten mit der GG-Genvariante konnten bei Lebensstiländerung im Jahr 7,5 kg abnehmen und die Einnahme von Sibutramin führte zu keiner weiteren Gewichtsabnahme. Dafür zeigten diese Patienten einen besonders ausgeprägten Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks. Die Patienten mit der A-Variante hingegen konnten mit Sibutramin 9,4 kg statt nur 4,5 kg ohne Arzneistoff abnehmen und sie zeigten zudem weniger Herz-Kreislauf-Nebenwirkungen.

In der Pharmakogenetik werden die Polymorphismen in Genen, die G-Proteine kodieren, sehr häufig als Gentests eingesetzt, da sie eine zentrale Rolle bei der Signalübertragung in menschlichen Zellen spielen: G-Proteine nehmen eine Schlüsselrolle bei der Signalübertragung von der Zelloberfläche zu Komponenten im Zellkern ein. "Ein Gentest könnte künftig helfen, für jeden übergewichtigen Patienten die optimale Therapie zu bestimmen und gefährliche Nebenwirkungen zu vermeiden" so Siffert. Allerdings, betonten die Autoren, sei es erforderlich die vorliegenden Ergebnisse durch weitere Untersuchungen zu bestätigen.

 

Quelle

Frey, U. H.; Hauner, H.; Jöckel, K.-H.; Manthey, I.; Brockmeyer, N.; Siffert, W.: A novel promoter polymorphism in the human gene GNAS affects binding of transcription factor USF1, Galphas protein expression and body weight regulation. Pharmacogenetics and Genomics. 2008; 18:141-151; in Druck. 

 


 

ck

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