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Das OTC-Geschäft stärken

Peter Ditzel

Die aktuellen Marktdaten zum Absatz der nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittel zeigen deutlich nach unten. Nach Angaben des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) setzt sich dieser Trend fort. Betroffen vom Rückgang sind dabei alle drei Segmente der Selbstmedikation: Rückgang im verordneten rezeptfreien Sektor, Rückgang im OTC-Geschäft der Apotheke und Rückgang auch außerhalb der Apotheke bei den freiverkäuflichen Arzneimitteln – hier sogar noch drastischer. Woran liegt’s? Fehlt es den Menschen an Geld für ihre Gesundheit? Werden die Selbstmedikationspräparate von der Industrie nicht ausreichend genug oder falsch beworben? Machen die "Absatzkanäle" für OTC-Präparate etwas falsch?

Am Geld dürfte es eigentlich nicht liegen. Ein OTC-Arzneimittel kostet im Durchschnitt knapp acht Euro, weniger als zwei Packungen Zigaretten. In den meisten Haushalten ist zudem Geld vorhanden. Dies lässt sich auch daran ablesen, dass reichlich davon ausgegeben wird für Urlaubsreisen, Vergnügungen, Luxusgüter. Zum Teil aber auch für paramedizinische Richtungen wie Esoterik-Krimskrams und dubiose Heiler.

Dass die Hersteller ihre Präparate nicht ausreichend bewerben, lässt sich so nicht feststellen. Werbung für OTC-Arzneimittel findet sich täglich im Fernsehen, Rundfunk und in den einschlägigen Publikumszeitschriften. Der Konsument dürfte ausreichend auf die Präparate und ihre Vorteile aufmerksam gemacht werden.

Liegt es also mit an den Absatzkanälen, sprich an den Apotheken? Setzen sich die Apotheken zu wenig für den Verkauf der Selbstmedikationspräparate ein? Bevor hier die Marketingvertreter der Firmen allzu schnell zustimmen, sollte man wissen, dass die Apotheke zunächst auch eine Institution sein muss, die einem Vielgebrauch von Arzneimitteln entgegenarbeiten soll, sofern deren Einsatz nicht angezeigt ist. Arzneimittel ins Volk drücken, damit der "flotte Abverkauf" gesichert ist, ist nicht die Aufgabe der Apotheke. Eine sinnvolle, von guter Beratung begleitete Abgabe im echten Bedarfsfall dagegen schon. Und mit sinnvollen Zusatzverkäufen bei Vorliegen einer ärztlichen Medikation kann die Apotheke ihren Kunden mit Sicherheit etwas Gutes tun. Möglicherweise steckt hier für die eine oder andere Apotheke noch Potenzial.

Vor allen Dingen kann die Apotheke mithelfen, ein negatives Image der Selbstmedikationsarzneimittel zu beseitigen. Die Tatsache, dass die OTC-Präparate (bis auf wenige Ausnahmen) aus der Verordnungsfähigkeit fielen und von den Krankenkassen nicht mehr erstattet werden – das hat den Glauben der Verbraucher an den therapeutischen Nutzen rezeptfreier Arzneimittel grundsätzlich erschüttert. Dies zeigte eine Untersuchung des BAH von 2006. Die meisten Bürger verbinden mit dieser Entscheidung des Gesetzgebers eine negative Bewertung des Nutzens der Präparate nach dem Motto, was nicht erstattet wird, ist nichts wert. Die Apotheke kann dazu beitragen, den Kunden zu vermitteln, dass eine solche Klassifizierung von Arzneimitteln ausschließlich auf der Risikoabwägung beruht.

Unser Einsatz für die OTC-Präparate und deren sinnvolle Abgabe zeigt darüber hinaus der Gesellschaft, dass wir es mit Arzneimitteln zu tun haben und nicht mit Konsumartikeln. Italienische Entwicklungen können wir in Deutschland nicht gut heißen. Dort finden sich die OTC-Mittel zum Teil schon im Supermarkt. Und in Frankreich macht sich die Gesundheitsministerin bereits dafür stark, dass zahlreiche OTC-Präparate auch in der Apotheken-Freiwahl angeboten werden dürfen. Sie will über ein solches Gesetz, das noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll, den Griff zu Selbstmedikationspräparaten anheizen. Die Menschen sollen schon eher mal zum Selbstmedikationspräparat greifen und weniger zum Arzt gehen – das spart Krankenkassenausgaben. Unsere französischen Kolleginnen und Kollegen sehen diesen Vorstoß skeptisch. Man ist zwar nicht prinzipiell dagegen – immerhin könnte dies durchaus den Apothekenumsatz erhöhen –, möchte aber doch einige Sicherheitsaspekte verwirklicht wissen. Darüber hinaus sieht man natürlich die Gefährlichkeit einer solchen Regelung: Stehen die Arzneimittel erst einmal in der Apotheken-Freiwahl, könnte der Weg vor die Apotheke in andere Absatzkanäle nicht mehr weit sein…

In Deutschland stehen solche Bestrebungen nicht zur Diskussion – manche sagen: noch nicht. Setzen wir uns also dafür ein, dass OTC-Präparate ihren Stellenwert als wirkungsvolle beratungsbedürftige Arzneimittel behalten – damit sie in der Apotheke bleiben.


Peter Ditzel

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