DAZ aktuell

Noch kein Beschluss zum Zweitmeinungsverfahren

BERLIN (ks). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine für die vergangene Woche geplante Entscheidung über das sogenannte Zweitmeinungsverfahren vertagt. Grund seien Unstimmigkeiten über die Umsetzung des Verfahrens im stationären Bereich, erklärte der G-BA-Vorsitzende Dr. Rainer Hess am 19. September in Berlin. Beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) befürchtet man durch die Verzögerung eine Verschlechterung der Versorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten.

Nach § 73d SGB V soll bei der Verordnung von Spezialpräparaten mit hohen Jahrestherapiekosten oder erheblichem Risikopotenzial eine Abstimmung des behandelnden Arztes mit einem Zweitmeinungsarzt ("Arzt für besondere Arzneimitteltherapie") erfolgen. Der G-BA hat die diesbezüglichen Einzelheiten in den Arzneimittel-Richtlinien zu bestimmen. Doch es gibt noch einige offene Fragen zu klären, etwa wie die Arzneimittelversorgung an der Schnittstelle Krankenhaus/ambulanter Bereich vergütet werden soll und welche Qualitätsanforderungen an die Zweitmeinungsärzte zu stellen sind. Wie Hess erklärte, soll jedoch in den nächsten vier Wochen eine Einigung erzielt und das Zweitmeinungsverfahren in der Oktobersitzung des G-BA beschlossen werden. Es zeichne sich bereits eine Kompromisslösung ab, sagte Hess, ohne Details zu nennen. Dringlichkeit besteht jedenfalls: Die konkrete Umsetzung des Verfahrens muss nach den gesetzlichen Vorgaben bis spätestens 31. Dezember 2008 erfolgen.

Die stellvertretende BPI-Hauptgeschäftsführerin Prof. Dr. Barbara Sickmüller monierte, dass sich der G-BA bislang "lediglich mit technischen Fragen auseinandergesetzt und die im Stellungnahmeverfahren vorgebrachten Kritikpunkte in der Diskussion nicht berücksichtigt" habe. Deshalb befürchtet man beim BPI nun, dass Behandlungen verzögert und mit zusätzlichen bürokratischen Hürden erschwert werden. Aus Sicht des Verbandes ist das Zweitmeinungsverfahren grundsätzlich nur dann sinnvoll, wenn Alternativtherapien zur Verfügung stehen. Dies sei bei Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen nicht der Fall. "Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier ein Werkzeug installiert werden soll, um Patienten den Zugang zu diesen Arzneimitteln zu erschweren. Orphan Drugs gehören nicht in das Zweitmeinungsverfahren", betonte Sickmüller.

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