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Kämpferisch und zuversichtlich

Peter Ditzel

Viel Harmonie und Einigkeit beherrschten in diesem Jahr den Apothekertag. Was allerdings nicht überraschte. Denn die Mehrheit der deutschen Apothekerinnen und Apotheker steht für das System der inhabergeführten Präsenzapotheke, ist gegen Fremd- und Mehrbesitz, gegen Arzneimittelvertrieb über Pick-up-Stellen und weiß, dass die Rabattverträge so, wie sie derzeit ablaufen, gelinde gesagt Schwachsinn sind. Einig war man sich auch darin, dass die Rahmenbedingungen zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte noch Korrekturen bedürfen, insbesondere beim Datenschutz.

Besonderes positiv hervorzuheben ist in diesem Jahr die etwas andere Gestaltung der Arbeitskreise auf dem Apothekertag – raus aus dem eigenen Saft, frischer Wind mit Gastreferenten und -diskutanten sowie eine gesundheitspolitische Diskussionsrunde. Vertreter der Pharmazie aus den USA und Norwegen führten dem Plenum drastisch vor Augen, was es heißt, wenn ein Apothekensystem mit Fremd- und Mehrbesitz, mit Ketten, mit Liberalisierung und unbegrenztem Wettbewerb leben muss, nämlich: es zählen nur noch Umsatz, Budgetdruck und Zusatzverkäufe, die pharmazeutische Beratung bleibt auf der Strecke. Die ABDA konnte den Referenten aus den USA übrigens dafür gewinnen, am Anfang dieser Woche mit Vertretern aus dem Bundesgesundheitsministerium zu sprechen – hoffen wir, dass es hilft. Ein Novum: auch die Vorsitzende der Apothekengewerkschaft durfte auf das Apothekertagspodium und mitdiskutieren, um die Belange der angestellten Apothekerinnen und Apotheker zu vertreten. Weiter so!

Und da wir gerade bei der Neugestaltung der Arbeitskreise sind, die übrigens von einer Rundfunk- und Fernsehmoderatorin zwar nicht ganz pharmaziefest, dafür aber charmant und professionell moderiert wurde: ein Highlight war mit Sicherheit die kurzweilige Unterbrechung der politischen Diskussionsrunde durch Überraschungsgäste. Drei Medaillengewinner der Paralympics waren direkt von Peking nach München gekommen und ließen sich vom Apothekertag mit standing ovations feiern. Der Hintergrund dieser Sportschau: Die deutschen Apothekerinnen und Apotheker sind Förderer des Behindertensports und Sponsoren der Paralympics.

Äußerst harmonisch traten in diesem Jahr die eingeladenen Politikerinnen und Politiker auf. Alle ohne Ausnahme lobten die Apotheker und versprachen, sich für die Belange der Apotheken einzusetzen, hatten Verständnis für die Probleme und sprachen sich unisono gegen Fremd- und Mehrbesitz und Pick-up-Stellen aus. Die Apotheke und die Kirche sollten im Dorf bleiben, wünschte sich denn auch Bayerns Ministerpräsident Beckstein, auch ohne zwei Maß Bier. Es tut gut, wenn die Politiker von den Apotheken und unserem Apothekensystem überzeugt sind – aber es gibt bekanntlich auch andere in den gleichen Parteien, die uns weniger gewogen sind. Vielleicht sollte man im nächsten Jahr die Apothekengegner unter den Politikern einladen, um ihnen die Chance zu geben, vom Saulus zum Paulus zu werden.

Zuversicht für die Zukunft der Pharmazie verbreitete das Generalthema des Apothekertags: die Arzneimittelversorgung mit Sicherheit. Will sagen: die Gesellschaft, unser Gesundheitssystem setzt auch in Zukunft auf eine sichere Arzneimittelversorgung durch Apothekerinnen und Apotheker. Allein der demografische Wandel in unserer Gesellschaft – immer mehr Ältere und damit immer mehr chronisch Kranke – bedingt, dass man auf eine sichere und optimierte Arzneiversorgung nicht verzichten kann. Die Apothekerinnen und Apotheker wollen dafür etwas tun, so ihr Bekenntnis auf dem Apothekertag. Man möchte stärker in Richtung Pharmazeutische Betreuung, in Richtung Medikationsmanagement gehen. Die Apotheker wollen neue Aufgaben und Verantwortung übernehmen. Sie wollen qualitätsgesicherte Dienstleistungen erbringen, in der Prävention mitmischen, bei Disease-Management-Programmen beteiligt werden und in Versorgungsprozesse für ältere multimorbide Menschen eingebunden werden. Dabei ist man sich wohl bewusst, dass man dafür noch ein bisschen arbeiten muss. Angestrebt wird ein bundeseinheitliches Qualitätsmanagementsystem für Apotheken und noch mehr Fortbildung, vielleicht sogar eine Pflichtfortbildung, obwohl dies so nicht explizit gesagt wurde. Die Bundesapothekerkammer strebt auf jeden Fall an, die Teilnehmerzahl an den Fortbildungsveranstaltungen zu verdoppeln.

Die Mühen sollen nicht umsonst sein. Der Deutsche Apothekerverband will in den anstehenden Verhandlungen mit den Krankenkassen erreichen, den Kassenabschlag von derzeit 2,30 Euro zu verringern. Außerdem soll ein Musterprozess geführt werden, um sich gegen die unsäglichen Null-Retaxationen der Krankenkassen zu wehren.

Es war ein etwas anderer Apothekertag, der gut tat. Vielleicht lässt sich die neue Form im nächsten Jahr ausbauen. Und vielleicht erfährt man, sprich die Berufsöffentlichkeit, denn auch eines schönen Tages, was aus den vielen konstruktiven Anträgen und Vorhaben des vergangenen Jahres geworden ist. Eine Stunde "Bericht über die Anträge des letzten Apothekertags" wäre einfach transparent und zeitgemäß. Ich bin überzeugt, das interessiert nicht nur mich.


Peter Ditzel

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