Deutscher Apothekertag 2008

Hohes Risiko

Christian Rotta

Die ABDA spielt in der Versandhandelsdebatte mit hohem Risiko. Obwohl bislang völlig offen ist, ob sich im Bundesrat und – was entscheidend ist – im Bundestag genügend Bündnispartner finden, um die Anfang 2004 eingeführte Erlaubnis zum Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln rückgängig zu machen, setzen die ABDA-Juristen bislang allein auf diese Karte. Mehr noch: Im Eifer des Gefechts erklären sie auch noch Ansätze, jenseits des Versandverbots apothekenfremde Arzneimittelbestell- und -abholstellen zu unterbinden, kurzerhand für verfassungswidrig. Wer so sein rechtliches Pulver für den Tag X verschießt, dem kann man eigentlich nur viel Glück wünschen! Überzeugender wird die Strategie dadurch freilich nicht. Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist es richtig, jetzt alle Kräfte zu mobilisieren, um in Bundesrat und Bundestag politische Mehrheiten für ein Rx-Versandhandelsverbot zu organisieren. In der Tat würde ein solches Verbot wesentliche (Folge-)Probleme, die mit der Einführung des Versandhandels verbunden sind, lösen. Aber bei Weitem nicht alle: Pick-up-Stellen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel könnten weiterhin legal betrieben werden (unter Ausschluss des für Drogerieketten ohnehin lästigen Kontrahierungszwangs bei Rx). Und welche Auffanglinien bleiben uns noch, wenn die gewünschten Mehrheiten in Bundesrat und/oder Bundestag nicht zustande kommen? Spätestens dann rächt sich eine Alles-oder-nichts-Strategie. Jetzt schon über die angebliche Verfassungswidrigkeit gesetzgeberischer Maßnahmen im Zusammenhang mit Arzneimittelabholstationen zu schwadronieren, ist kurzsichtig. Warum sollte es z. B. rechtlich (und politisch!) nicht möglich sein, im Arzneimittel- und Apothekengesetz zu statuieren, dass der Versand von Arzneimitteln – gleichgültig ob Rx oder OTC – aus Gründen der Arzneimittelsicherheit nur zeitnah, ohne vermeidbare Unterbrechung und direkt an den Besteller erfolgen darf? Vertriebsmodellen à la Schlecker und dm wäre dann die rechtliche Grundlage entzogen – ebenso wie der Aushändigung von apothekenpflichtigen Arzneimitteln durch den Postboten an den Nachbarn des Bestellers. Und das soll verfassungswidrig sein?

In München forderte der zur Diskussion geladene CDU-MdB (und Apotheker) Wolf Bauer die Berufsorganisationen auf, bei der "Pick-up-Problematik" gemeinsam eine rechtlich tragfähige Lösung zu finden. Von der Präsidentin eines Landesapothekerverbandes musste er sich daraufhin entgegenhalten lassen, dass es nicht die Aufgabe der ABDA sein könne, "der Politik" bei beabsichtigten Gesetzesänderungen konkrete Formulierungshilfen zu geben. Wirklich nicht? Andere würden sich das nicht zwei Mal sagen lassen …


Christian Rotta

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