Aus Kammern und Verbänden

Mehr Fortbildung und mehr Qualität – aber wie?

Die Bundespolitik und eine mögliche Pflichtfortbildung standen im Mittelpunkt der Sitzung der Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein am 10. September in Kiel. Die Delegierten empfahlen ein Fortbildungszertifikat für alle Apotheker in öffentlichen Apotheken und berieten über mögliche verpflichtende Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung.
Die schleswig-holsteinische Kammerversammlung diskutierte intensiv über eine mögliche Pflichtfortbildung. Justitiar Dr. Karl Stefan Zerres, Kammerpräsident Holger Iven, Geschäftsführer Frank Jaschkowski, Vizepräsidentin Dr. Roswitha Borchert-Bremer (von links).
Foto: DAZ/tmb

Kammerpräsident Holger Iven berichtete über ein Gespräch mit der schleswig-holsteinischen Gesundheitsministerin Dr. Gitta Trauernicht im August. Die Ministerin habe sich dabei positiv zum Versandhandel mit Arzneimitteln im Inland geäußert, den sie als guten Service für Ältere betrachte. Dagegen verwies Iven auf die totale Wettbewerbsverzerrung durch den Arzneimittelversand aus dem Ausland und durch Pick-up-Stellen, denn die deutschen Apotheker müssen sich an die deutschen Gesetze halten; außerdem werden beim Versand Abgabe und Beratung voneinander getrennt. Bei der Ablehnung des Fremd- und Mehrbesitzes über vier Apotheken hinaus sei die Ministerin jedoch den Argumenten der Apotheker gefolgt.

Als weiteres Problem sprach Iven die Rabattverträge an: "Die Verunsicherung der Patienten wird sich erhöhen, wenn im neuen Jahr das Kassen-Jumping beginnt." Außerdem können pharmazeutische Inhalte nach langen Erklärungen über Rabattarzneimittel kaum noch vermittelt werden. Der Zusammenhang zwischen Todesfällen und Fehlern bei der Arzneimittelanwendung sei nur schwer nachzuweisen, aber es gebe Hinweise auf eine höhere Zahl von Krankenhauseinweisungen seit der Einführung der Rabattverträge.

Von einer ABDA-Sitzung berichtete Iven über Beschwerden interessierter Kreise gegen Apothekerkammern anderer Bundesländer. Diese Kammern seien daraufhin von ihren Aufsichtsbehörden wegen des Vorwurfs angesprochen worden, sie würden zu den Folgen möglicher europarechtlicher Neuregelungen des Apothekenrechts Stellung nehmen und damit ihre Finanzmittel zweckentfremden.

Plan B für Apotheken?

Die Kammerversammlung diskutierte über verschiedene Aspekte der Berufspolitik. Auf die Frage, ob die ABDA einen "Plan B" für den Fall einer erheblichen Liberalisierung des Apothekenrechts habe, bekundete Iven seine feste Überzeugung, dass dies nicht eintreten werde. Falls es dennoch zu Änderungen kommen sollte, werde es lange Übergangsfristen geben. "Wenn einer ausländischen Kapitalgesellschaft der Apothekenbesitz erlaubt wird, gibt es keine Übergangslösung", meinte dagegen der Delegierte Ulrich Ströh. Angesichts der Kritik an der Trennung von Beratung und Verkauf bei Pick-up-Stellen wurde hinterfragt, ob Rezeptsammelstellen noch zeitgemäß sind. Iven schlug dazu eine Verpflichtung vor, die belieferten Patienten anzurufen, um die Anwendungssicherheit zu gewährleisten.

Beratung im Test

Kammergeschäftsführer Frank Jaschkowski erläuterte die Ergebnisse der Pseudo-Customer-Besuche im Rahmen der diesjährigen Beratungsinitiative. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Ergebnisse verbessert, insbesondere die Beratung zum Symptom Fußpilz sei erfreulich verlaufen. Allerdings bestehe noch immer eine geringere Bereitschaft zur Beratung, wenn der Patient einen Präparatewunsch äußert. Die Überprüfungen sollen im nächsten Jahr fortgesetzt werden, wobei auch die Diskretion während der Beratung erfasst werden soll.

Pflichtfortbildung – ja oder nein?

Iven sieht die Apotheker an einer Schwelle, etwas tun zu müssen, um glaubwürdig zu bleiben. Dazu verwies er auf die jüngsten Beschlüsse der Apothekerkammer Westfalen-Lippe zur Pflichtfortbildung und zu verpflichtenden Regelungen für ein Qualitätsmanagement in den pharmazeutischen Kernbereichen. Iven meinte: "Eine Pflichtfortbildung wie bei den Ärzten würde uns gut anstehen." Bei der Diskussion, ob auch in Schleswig-Holstein ähnliche Regelungen wie in Westfalen-Lippe vorbereitet werden sollten, stimmten die Delegierten darin überein, dass die Fortbildung weiter zu intensivieren, das Interesse am Fortbildungszertifikat zu erhöhen und das Qualitätsmanagement zu fördern ist. Allerdings wurden Zweifel an der Zweckmäßigkeit einer verpflichtenden Regelung geäußert.

Ströh verwies auf die derzeit intensiven Debatten in Westfalen-Lippe und die unterschiedlichen Auffassungen zwischen der dortigen Kammer und dem Verband. Ein QMS als umfassenderes Instrument sei zweckdienlicher als eine Pflichtfortbildung und schließe die Fortbildung der PTA mit ein. "Es geht darum, Ergebnisqualität zu sichern und erlebbar zu machen," meinte Ströh, dafür sei eine Pflicht aber nicht geeignet. Der Delegierte Klaus Rabe verwies auf die Gefahr, dass eine Fortbildungspflicht die Personalsituation und besonders den Wiedereinstieg nach Berufspausen erschwert. Als Alternative zu einer Pflicht könnten Überprüfungen durchgeführt werden. Prof. Dr. Dieter Heber meinte, eine erfolgreiche Fortbildung sei auch durch intensive Lektüre der Fachzeitschriften und über das Internet möglich, es werde aber einige Zeit dauern, Defizite zu beheben.

Es bestand Konsens, dass die Anforderungen für das bisher freiwillige Fortbildungszertifikat nicht hoch sind. Einerseits reiche dies als Zukunftssicherung nicht aus, andererseits sei eine Pflichtfortbildung ein erster Schritt und ein Signal für die Öffentlichkeit. Etliche Delegierte meinten, dies alles sei schon lange vorgeschlagen worden, und es sei nun höchste Zeit zu handeln. Die Kammer kann eine Pflichtfortbildung aber nur für Apotheker und nicht für PTA beschließen. Dazu verwies Kammervizepräsidentin Dr. Roswitha Borchert-Bremer auf die Vorbildfunktion der Apotheker für die PTA. Außerdem würden die PTA nicht eigenverantwortlich tätig. Daher sei die Fortbildung der Apotheker entscheidend.

Nach langer Diskussion beauftragte die Kammerversammlung den Vorstand einstimmig, weitere Maßnahmen zu gestalten. Dabei sollte es nicht um mehr Bürokratie, sondern um eine Hilfestellung gehen, die erwartete Qualität zu erbringen. Der Beschluss enthält die Empfehlung: "Wer als Apotheker in einer öffentlichen Apotheke tätig ist, sollte über ein Fortbildungszertifikat verfügen." In einer weiteren Abstimmung stimmten zwei Drittel der Delegierten dafür, dass der Vorstand darüber hinaus Überlegungen zur Gestaltung einer Pflichtfortbildung anstellen soll. Da im nächsten Jahr Kammerwahlen anstehen, wird eine Entscheidung wahrscheinlich erst in der nächsten Legislaturperiode fallen.


tmb

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