Arzneimittel und Therapie

Hypofraktionierte Bestrahlung beim Mammakarzinom?

Wie lange und mit welcher Dosis muss ein Tumor bestrahlt werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen? Diese Frage taucht auch bei der Therapie des Mammakarzinoms auf. Aktuell wird diskutiert, ob bei verringerter Strahlendosis und verkürzter Bestrahlungsdauer gleich gute Resultate erreicht werden wie bei dem herkömmlichen Vorgehen.

Durch eine postoperative Bestrahlung der Brust kann das Auftreten lokaler Rezidive gesenkt und in der Folge die Mortalitätsrate reduziert werden. Internationale Standards sehen beim frühen Mammakarzinom eine lokale postoperative Nachbestrahlung vor. Diese besteht aus einer Gesamtstrahlendosis von 50 Gy, aufgeteilt auf 25 Einzeldosen (Fraktionen) von jeweils 2 Gy, die im Zeitraum von fünf Wochen appliziert werden. Es gibt allerdings auch Regime, bei denen höhere Einzeldosen, in der Summe aber eine niedrigere Gesamtdosis eingesetzt werden (hypofraktionierte Bestrahlung). Dieses Vorgehen ist seit einigen Jahrzehnten in England und Kanada üblich, und die retrospektive Auswertung entsprechender Daten deutet auf gute Ergebnisse hin. So scheinen Patientinnen auf die adjuvante Strahlentherapie besser anzusprechen, wenn sie eine etwas höhere Einzeldosis erhalten. Durch höhere Einzeldosen lässt sich bei verkürzter Behandlungsdauer die Gesamtstrahlendosis reduzieren, ohne die Prognose zu verschlechtern. In einer englischen randomisierten Phase-III-Studie wurden diese zwei Methoden – konventionelle Radiotherapie vs. hypofraktionierte Bestrahlung – miteinander verglichen.

Die Start-Studie

Die Start-Studie (Standardisation of Breast Radiotherapy) wurde an 23 Zentren in England durchgeführt. Zwischen 1999 und 2001 wurden insgesamt 2215 Frauen, bei denen ein frühes Mammakarzinom diagnostiziert worden war, nach dem chirurgischen Eingriff zwei Gruppen zugeteilt.

Bei 1105 Frauen erfolgt die Bestrahlung nach dem Standardvorgehen (50 Gy in 25 Fraktionen von 2 Gy über fünf Wochen).

1110 Patientinnen erhielten eine hypofraktionierte Radiotherapie (40 Gy in 15 Fraktionen von 2,67 Gy während drei Wochen).

Studienendpunkte waren die lokoregionäre Tumorkontrolle (erneutes Auftreten des Tumors an der bestrahlten Seite), Auswirkungen auf das Gewebe und die Lebensqualität. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit betrug sechs Jahre.

Vergleichbare Ergebnisse

Nach fünf Jahren betrug die Rate für ein lokoregionäres Rezidiv nach der hypofraktionierten Bestrahlung 2%, nach der Standardbestrahlung 3%. Die geschätzte absolute Differenz beim Vergleich der beiden Bestrahlungsregime lag bei -0,7%. Bei einem 95%igen Konfidenzintervall von -1,7% bis 0,9% bedeutet dies, dass die Rezidivrate nach der hypofraktionierten Bestrahlung im schlimmsten Fall 0,9% höher ist und im günstigsten Fall 1,7% tiefer ist als bei der herkömmlichen Bestrahlung.

Auch die Rate distaler Rezidive war nach der hypofraktionierten Bestrahlung niedriger als nach der Standardbestrahlung (8% vs. 10%). Dasselbe gilt für die Gesamtmortalitätsrate nach fünf Jahren, die nach einer Bestrahlung mit 40 Gy bei 8% und nach einer Radiotherapie mit 50 Gy bei 11% lag.

Ein weiterer Effekt der hypofraktionierten Bestrahlung war die bessere Verträglichkeit, da das gesunde Brustgewebe weniger in Mitleidenschaft gezogen wurde, und Brustverhärtungen, Schwellungen und Hautveränderungen seltener auftraten.

Divergierende Einschätzungen

Die Autoren der obigen Studie kommen zum Schluss, dass eine hypofraktionierte Bestrahlung zu mindestens gleich guten Resultaten führt wie die herkömmliche Methode. Ein Kommentator der Ergebnisse teilt diese Einschätzung nicht und weist darauf hin, dass sich beim frühen Mammakarzinom der Benefit einer Radiotherapie erst nach zehn Jahren zeigt, zur endgültigen Beurteilung also eine längere Zeitspanne nötig sei.

Hautpflege nach der Bestrahlung

Die bestrahlte Haut reagiert gegenüber mechanischen Reizen empfindlich, daher sind die Reinigung mit hautreizenden Seifen, Bürstenmassagen, Frottieren, die Applikation reizender Pflaster, Wärmebehandlungen und das Tragen enger oder scheuernder Kleidung zu vermeiden. Bei intakter Haut sind keine speziellen Pflegemaßnahmen erforderlich. Bei trockener, juckender oder geröteter Haut kann eine kühlende und rückfettende Creme aufgetragen werden. Bei trockener und schuppender Haut wird die zwei- bis dreimal tägliche Applikation einer Dexpanthenol-haltigen Salbe empfohlen. Alternativ kann ein Babypuder verwendet werden. Die betroffenen Hautareale sollten nur mit lauwarmem Wasser und einer pH-neutralen Waschlotion gereinigt werden, die Einzeichnungen für die Bestrahlung dürfen dabei nicht abgewischt werden.

[Quelle: Brustkrebs. Die blauen Ratgeber, Ausgabe 8/2005; herausgegeben von der Deutschen Krebshilfe]

Quelle

The Start trialists`Group: The UK standardisation of breast radiotherapy (Start). Trial B of radiotherapy hypofractionation for treatment of early breast cancer: a randomised trial. Lancet 371, 1098 – 1107 (2008).

Bartelink, H.; et al.: Hypofractionation in radiotherapy for breast cancer. Lancet 371, 1050 – 1051 (2008).

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

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