Aus Kammern und Verbänden

Tipps für Fernreisen

"Reisen in die Ferne – und was soll mit?" war das Thema einer Fortbildungsveranstaltung der DPhG am 30. Juni in Marburg. Priv.-Doz. Dr. August Stich, Chefarzt der Tropenmedizinischen Abteilung der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg, gab u. a.Ratschläge zur Reiseapotheke.

Unliebsame Reiseandenken

Jährlich reisen bis zu 8 Mio. Bundesbürger in die Tropen; etwa 2% von ihnen suchen nach der Heimkehr wegen Beschwerden, die mit der Reise in Zusammenhang stehen, einen Arzt auf. Es sind vor allem

  • fiebrige Erkrankungen und
  • gastrointestinale Beschwerden

sowie in geringerem Maße

  • allgemeine Beschwerden,
  • Hauterkrankungen und
  • unklare Veränderungen von Laborwerten

Reisevorbereitung

Zur sorgfältigen Vorbereitung einer Fernreise zählen reisespezifische Impfungen, die Überprüfung des allgemeinen Impfstatus, eventuell eine Malariaprophylaxe und die Information über Verhaltensmaßregeln.

Ein Fieberthermometer gehört unbedingt ins Reisegepäck, da eine erhöhte Temperatur und deren zeitlicher Verlauf dem untersuchenden Arzt wichtige Hinweise geben. Digitalthermometer sind den Anforderungen der Tropen jedoch häufig nicht gewachsen.

In den Tropen herrschen Bedingungen wie in einem Brutschrank. Scheinbar harmlose Hautverletzungen sind deshalb mit Verbandmaterial und einem Wunddesinfektionsmittel zu versorgen.

Schmerzen sollte der Reisende laut Dr. Stich mit Paracetamol behandeln (Dosierung beachten!). Acetylsalicylsäure ist ungeeignet, da die thrombozytenaggregationshemmenden Eigenschaften dieser Substanz bei dem gar nicht so selten vorkommenden Dengue-Fieber höchst unerwünscht sind.

Patienten, die unter Dauermedikation stehen, sollten ausreichende Mengen der verordneten Arzneimittel mitführen, da deren Beschaffung im Ausland schwierig sein kann und ihre Qualität ungewiss ist (die Lagerungsbedingungen sind oft unsachgemäß, und Fälschungen kommen häufig vor).

Durch eine evtl. Zeitverschiebung kommen Einnahmerhythmen aus dem Tritt. So kann zum Beispiel die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva verloren gehen.

Nicht zu unterschätzen ist die Thrombosegefahr, besonders auf langen Flügen. Auch junge Menschen – insbesondere rauchende Anwenderinnen der "Pille" – sind gefährdet. Wer bereits eine thrombotische Erkrankung hatte, sollte Kompressionsstrümpfe anziehen; eventuell ist auch niedermolekulares Heparin angezeigt.

Durchfallerkrankungen

Durchfallerkrankungen auf Fernreisen sind fast immer durch Infektionen aufgrund kontaminierter Lebensmittel bedingt. Hier gilt die eingängige Regel: Koch es, brat es, schäl es oder vergiss es! Trinkwasser sollte mindestens 15 Minuten abgekocht werden, Silberionen benötigen vier bis acht Stunden, um wirksam zu sein. Ist es dann trotzdem "passiert", dann sind Ruhe und ein ausreichender Flüssigkeitsersatz (Glucose-Elektrolyt-Mischungen) am wichtigsten.

Den Einsatz von Loperamid stufte Dr. Stich als "nicht ungefährlich" ein – gelegentlich wurden Fälle von Darmparalyse beobachtet. Auch kann es – besonders bei Kindern – zur vermehrten Resorption von Toxinen kommen. In schweren Fällen ist ein Antibiotikum (Ciprofloxacin) indiziert. Für Hefepräparate und Tanninalbuminat fehlt ein Wirkungsnachweis.

Weitere Reisemedikamente

Empfehlenswert: gegen Übelkeit und Erbrechen Metoclopramid, gegen Bauchkrämpfe N-Butylscopolamin, gegen Reisekrankheit Scopolamin. Vorsicht ist gegenüber den gern bei Magenbeschwerden verwendeten Antacida geboten. Sie können den Schutz gegen die Erreger von Diarrhö vermindern.

Der Wechsel zwischen großer Hitze im Freien und klimatisierten Räumen kann schnell zu Erkältungen führen. Schleimhautabschwellende Nasentropfen, Schleimlöser und Hustenstiller könnten sich dann als nützlich erweisen.

Staub kann zur Bindehautentzündung führen, die mit antibiotikahaltigen Augensalben behandelt wird. Gegen Juckreiz, Allergien und Insektenstiche helfen Antihistaminika-Gele (vor allem durch ihren kühlenden Effekt?).

Die Gefahr durch Gifttiere wird im Allgemeinen überschätzt. Die mit Abstand gefährlichsten Tiere, die einem auf Fernreisen begegnen können, sind die Moskitos. Die durch die Fiebermücken (Anopheles) übertragene Malaria gehört zu den gefährlichsten in den Tropen erworbenen Krankheiten (siehe dazu den zweiteiligen Beitrag "Malaria" auf S. 53 und in DAZ Nr. 30, S. 36).


Prof. Dr. M. Schlitzer, Marburg

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