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IfH: Das beste System setzt den Benchmark

KÖLN (ks). Das Kölner Institut für Handelsforschung (IfH) fordert in der Diskussion um das für 2009 erwartete Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Fremdbesitzverbot für Apotheken mehr Sachlichkeit. Nur so könne man der Bedeutung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gerecht werden, teilte das Institut diese Woche mit. Das IfH warnte zugleich vor einer "Europäisierung um jeden Preis". Es genüge nicht, den kleinsten gemeinsamen Nenner der europäischen Arzneimittelversorgung zu identifizieren und als Maßstab zu setzen.

Die Meinungen, wie der EuGH entscheiden und welche Konsequenzen dies haben wird, gehen bekanntlich weit auseinander. Aus Sicht des EU-Binnenmarkt-Kommissars Charlie McCreevy ist ein Verbot des Apothekenfremdbesitzes weder erforderlich noch geeignet, die öffentliche Gesundheit zu schützen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt meint dagegen, die Sicherheit der Arzneimittelversorgung und die Unabhängigkeit der pharmazeutischen Beratung lassen sich am besten gewährleisten, wenn der Inhaber einer Apotheke ein unabhängiger Apotheker ist. Auch bei der ABDA sieht man die unabhängige Arzneimittelversorgung durch eine Einflussnahme gewinnorientierter Shareholder gefährdet. Gerne verweisen Befürworter wie Kritiker auf die Erfahrungen im EU-Ausland; in vielen Ländern gehört seit der Liberalisierung des Apothekenmarktes die deutliche Mehrheit aller Apotheken einer Kette an. Doch das IfH warnt vor vorschnellen Rückschlüssen. So sei beispielsweise Norwegen aufgrund seiner geringen Bevölkerungsdichte (4,6 Mio. Einwohner auf rund 324.000 km²) nicht mit dem deutschen Markt (82,4 Mio. Einwohner auf 357.000 km²) zu vergleichen.

Effektivität geht vor Effizienz

Nach Auffassung der Fachleute der am IfH angesiedelten Forschungsstelle für Arzneimitteldistribution ist es für eine Versachlichung der Diskussion notwendig, in einem ersten Schritt eine objektive Effektivitätsdiskussion zu führen: "Erst wenn die Effektivität der Arzneimittelversorgung, d. h. die Arzneimittelsicherheit, die Versorgungssicherheit und die Versorgungsqualität, sichergestellt ist, können wir die Effizienzreserven alternativer Vertriebssysteme bewerten", so Forschungsstellen-Leiter Dr. Markus Preißner. Ansätze, die Effektivität der Arzneimittelversorgung zu quantifizieren und Vergleichbarkeit im europäischen Kontext zu schaffen, haben verschiedene Institutionen bereits vorgelegt. Dennoch blieben angesichts fehlender oder nicht vergleichbarer Daten sowie unzureichender Indikatoren Zweifel an der Validität der bislang durchgeführten Untersuchungen. Die IfH-Experten warnen zudem vor einer "zwanghaften Homogenisierung heterogener Versorgungssysteme", wie sie in Europa existierten, wenn hierdurch Einbußen bei der Versorgungssicherheit oder -qualität in den Mitgliedstaaten zu erwarten wären. Bei der Europäisierung der Märkte müsse der Marktführer, also das unter Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten führende europäische Versorgungssystem, Orientierungsgröße sein.

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