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Gewerkschaftsmitglieder bald unter Generalverdacht?

Beunruhigende Details weist ein geplantes Abkommen zwischen Deutschland und den USA auf. Thema des Papiers ist der Informationsaustausch zur Terrorismusabwehr. Besonders schützenswerte Daten könnten bald unter die Räder kommen.

Die Daten, die nach der Ratifizierung des Abkommens an Ermittler in den USA weitergegeben werden, beinhalten neben der Religion, der ethnischen Herkunft oder dem Gesundheitsstatus auch Angaben zu einer möglichen Gewerkschaftszugehörigkeit. In einem Interview zeichnet Michael Sommer, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), das Bild vom "linken Gewerkschafter dunkler Hautfarbe und muslimischen Glaubens", der für die Politik wohl der "Inbegriff des Terroristen" sei.

Datenschützer kritisieren, dass gerade besonders sensible, schützenswerte Bereiche aufgeweicht würden. So kommentiert der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, die Regelungen lägen im europaweiten Durchschnitt weit hinten, was den Schutz der Persönlichkeitsrechte betrifft. Zudem stellt sich die Frage, woher Bundesbehörden Informationen über eine eventuelle Gewerkschaftszugehörigkeit nehmen. "Gewerkschaftsdaten haben in staatlichen Dateien nichts zu suchen", so die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Silke Stokar. Bereits deren Speicherung wäre ein Verstoß gegen die Verfassung.

Dem Gesetzentwurf zur Umsetzung des Abkommens muss das Parlament noch zustimmen.


KOMMENTAR

Ein willkommener Vorwand?


Die Zugehörigkeit zu Gewerkschaf­ten wird in Deutschland mit Bedacht zu den be­sonders schützenswer­ten Daten gezählt. Da­von sollte man nicht ohne Not abweichen. Und solch eine Notlage ist weder in Deutsch­land noch in den USA auszumachen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass das Schreckgespenst Terroris­mus manchen Politikern durchaus willkommen ist – lassen sich damit doch haarsträubende Maßnahmen rechtfertigen, bis hin zur Aufwei­chung der Werte unseres Grund­gesetzes. Zugegeben, Gewerkschaften sind für Regierungen manchmal unbe­quem. Doch sie gehören zu den un­verzichtbaren Elementen westlicher Demokratien – und die Mitglied­schaft geht außerhalb von tariflichen Fragestellungen niemanden etwas an. Gewerkschaftsmitglieder wer­den mit Sicherheit nicht häufiger zu terroristischen Taten neigen als nicht organisierte Menschen – ver­mutlich sogar seltener. Deshalb dür­fen diese Informationen nicht ge­speichert und an die USA weiterge­geben werden.


Barbara Neusetzer
ADEXA, Erste Vorsitzende



Michael van den Heuvel


Quelle: Einblick – gewerkschaftlicher Info-Service des DGB, 5. Mai 2008.

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