Fortbildungskongress

Strategien zur Überwindung von Antibiotika-Resistenzen

"Frapper fort et frapper vite". Diese bereits 1913 von Paul Ehrlich formulierte Forderung besitzt heute noch Gültigkeit. Wie sich ein falsch ausgewähltes oder falsch dosiertes Antibiotikum oder eine nicht adäquate Therapiedauer auf die Resistenzen auswirken und wie Resistenzentwicklungen verhindert werden können, erläuterte Prof. Dr. Pramod M. Shah, Frankfurt.

Resistenzen können unter verschiedenen Aspekten betrachtet werden. Aus der Sicht der Mikrobe ist die Resistenz ein Selbstschutzmechanismus, der ihr das Überleben ermöglicht. Kliniker und Mikrobiologen verstehen unter einer Resistenz, wenn auch bei der vom Hersteller empfohlenen Höchstdosierung kein therapeutischer Erfolg eintritt oder wenn die Behandlung trotz einer In-vitro-Empfindlichkeit fehlschlägt. Die Gründe hierfür können in einer inadäquaten Dosierung, zu hohen Grenzwerten oder in falsch ausgewählten Substanzen liegen. Der Einsatz von Antibiotika beeinflusst ebenfalls die Resistenzlage, und zwar folgendermaßen:

  • Ein geändertes Verschreibungsverhalten führt zu Änderungen der Resistenz.
  • Ein vermehrter Einsatz von Antibiotika führt zu einer Zunahme der Resistenz.
  • Eine längere Antibiotika-Therapie erhöht die Resistenzraten.
  • Eine mehrfache antibiotische Therapie begünstigt die Resistenzentstehung, und Patienten mit resistenten Bakterien sind fast immer antibiotisch vorbehandelt.

So konnte etwa in einer finnischen Studie gezeigt werden, dass bei steigenden Erythromycin-Verordnungen die Resistenzrate deutlich ansteigt, und eine Untersuchung zum ambulanten Antibiotika-Einsatz in unterschiedlichen europäischen Ländern zeigt, dass die Erregerempfindlichkeit bei zunehmendem Antibiotika-Verbrauch abnimmt.

Auch die Dosierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Resistenzen. So führen niedrige Dosierungen häufiger zur Selektion resistenter Stämme, was vor allem für Aminopenicilline, Cephalosporine und Makrolide zutrifft. Zusätzlich kann das kinetische Profil einer Substanz die Resistenzentwicklung beeinflussen. Shah führte hier das Beispiel der Makrolide Clarithromycin und Azithromycin auf. Die Konzentration von Clarithromycin sinkt rasch ab, wohingegen nach Gabe von Azithromycin eine lange Zeit subtherapeutische Konzentrationen erhalten bleiben, welche auf die hohen Resistenzraten für Azithromycin zurückzuführen sind.

Für kurze Zeit hoch dosiert

Um Resistenzen zu verhindern, müssen mehrere Grundsätze beachtet werden: Nicht jede bakterielle Infektion muss antimikrobiell behandelt werden. So weisen manche Infektionen eine hohe Spontanheilung auf, wie etwa die Otitis media oder Infekte der oberen Atemwege. Infektionen der Haut können in vielen Fällen chirurgisch behandelt werden ("Messer ist besser"), und bei vielen viralen Infektionen sind Antibiotika kontraindiziert. Liegt eine Indikation für eine antibiotische Therapie vor, so sollte diese möglichst kurz und hoch dosiert sein. Neue Substanzen sollten restriktiv eingesetzt werden. Der Patient muss besser aufgeklärt werden, um "Antibiotikaängste" abzubauen, aber auch um falsche Erwartungen an Antibiotika auszuräumen und einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen Substanzen zu lernen. Letzteres gilt Shah zufolge auch für manche Ärzte, die ihre Therapien nach der klinischen Symptomatik und nicht nach den Versprechungen der Antibiotikahersteller ausrichten sollten.


Gonorrhö – Paradebeispiel für eine unzulängliche Therapie

Eine Gonorrhö wird oft unkontrolliert und falsch behandelt. Die häufig eingesetzten Gyrasehemmer, die bei entsprechenden Urlaubszielen oftmals als "Stand-by" in der Reiseapotheke mitgeführt werden, sind mit einer hohen Resistenzrate (28%) behaftet. Auch Doxycyclin oder Azithromycin wirken aufgrund unsachgemäßer Anwendung nicht mehr zuverlässig. Mittel der Wahl sind Cephalosporine der dritten Generation wie etwa Ceftriaxon i.m. oder Cefixim.


pj

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