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Ärzte gegen Praxisgebühr und Arzneimittelwerbung

ULM (ks). Der 111. Deutsche Ärztetag ist am 23. Mai in Ulm zu Ende gegangen. Das Ärzteparlament beschäftigte sich unter anderem mit dem Arztbild der Zukunft und der Telematik im Gesundheitswesen. Verabschiedet wurde zudem das "Ulmer Papier", das auf 35 Seiten die gesundheitspolitischen Leitsätze der Ärzteschaft zusammenfasst. Darüber hinaus trafen die Delegierten eine Reihe von Beschlüssen rund um das Thema Arzneimittelversorgung.

Eine Absage erteilte der Ärztetag einer Lockerung des Werbeverbots für rezeptpflichtige Arzneimittel. Auch den Vorschlag der EU-Kommission, am Werbeverbot grundsätzlich festzuhalten, der Pharmaindustrie aber Möglichkeiten zur Information der Öffentlichkeit einzuräumen, lehnen die Ärzte ab. Aus ihrer Sicht könnten solche Informationen nur "vermeintlich objektiv" sein. "Die Industrie verfolgt legitimerweise primär das Ziel, Gewinne zu erzielen. Sie hat im Gegensatz zu Körperschaften öffentlichen Rechts keine Gemeinwohlbindung", hoben die Delegierten hervor. Die Delegierten plädierten stattdessen dafür, die bereits vorhandenen Strukturen und Institutionen für die Erstellung von Patienteninformationen (z. B. durch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft) sowie EU-weite industrieunabhängige Medikamenten-Informationssysteme zu fördern.

Unzureichende Kosten-Nutzen-Bewertung

Das Ärzteparlament forderte den Gesetzgeber ferner auf, es den Patienten zu ermöglichen, gegen Aufzahlung das Arzneimittel ihrer Wahl zu erwerben. Auch sollte eine Verpflichtung zur Kennzeichnung neuer Arzneimittel eingeführt werden. Sie sollte für Präparate gelten, die weniger als fünf Jahre auf dem Markt sind. Dadurch wäre für Patienten nachvollziehbar, dass die Sicherheit des entsprechenden Mittels noch nicht abschließend bewertet sei, heißt es in dem Beschluss. Weiterhin sprach sich das Ärzteparlament dafür aus, dass das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bei der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln seine gesundheitsökonomische Betrachtung nur aus der Sicht der GKV zugunsten einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive aufgeben und alle relevanten Kosten berücksichtigen sollte. Zudem müsse die Bewertung transparenter und nachvollziehbarer gestaltet werden. Der bisherige Ansatz des IQWiG sei unzureichend, so die Ärzte.

Praxisgebühr abschaffen

Außerdem forderte der Ärztetag den Gesetzgeber auf, die Praxisgebühr – auch in Notfällen – wieder abzuschaffen. Sie habe "den bürokratischen Aufwand in den Arztpraxen und Notfallambulanzen sowie bei den Verwaltungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Krankenhäuser und Kassen erheblich erhöht", kritisierten die Delegierten. Damit würden neue Kosten verursacht, die der Gesundheitsversorgung nicht zugute kämen. Zudem gehe die erhoffte steuernde Wirkung der Praxisgebühr vor allem zulasten der wirtschaftlich schlechter gestellten Bürger. Diese würden trotz bestehender Befreiungsregelungen auf notwendige Arztbesuche verzichten.

Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen

Die Delegierten betonten zudem, dass die Ärzteschaft auch weiterhin auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen setzte. Eine Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf Nicht-Ärzte lehnten sie jedoch ab. Entschieden sprachen sie sich insbesondere gegen Modellvorhaben aus, "die auf Arztersatz und Aufweichung des Facharztstandards in Diagnostik und Therapie hinauslaufen". Solche Pläne gefährdeten die Patientensicherheit, zersplitterten die Einheitlichkeit der Heilkundeausübung und erzeugten mehr statt weniger Rechtsunsicherheit. Dagegen befürwortete der Ärztetag eine Delegation in der medizinischen Versorgung an Gesundheitsfachberufe unter der Voraussetzung der "therapeutischen Gesamtverantwortung des Arztes".

Skeptischer Blick auf die eGK

Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) in der bisher vorgelegten Form lehnte das Ärzteparlament bereits im zweiten Jahr in Folge ab. Ihr weiteres Mitwirken in der eGK-Betriebsorganisation Gematik und den regionalen Test wollen die Ärzte davon abhängig machen, ob und inwieweit die in ihrem Positionspapier zur Telematik formulierten "Prüfsteine" während der weiteren Vorbereitungsarbeiten für die eGK berücksichtigt werden (siehe AZ Nr. 22/2008, S. 8).

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