Arzneimittel und Therapie

Karzinome der Lunge und des Kopf-Hals-Bereichs

Können fortgeschrittene Tumore der Lunge und des Kopf-Hals-Bereichs nicht mehr kurativ behandelt werden, bieten sich Erhaltungs- und Induktionstherapien an, die zu einer Verlängerung des Überlebens und zu einer verbesserten Lebensqualität beitragen.

Die Standardchemotherapie beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom besteht aus einer platinbasierten Zweierkombination (Cisplatin oder Carboplatin plus ein weiteres Zytostatikum). Neu ist die Gabe zweier platinfreier Zytostatika wie etwa Docetaxel und Gemcitabin. Im Rahmen einer Erhaltungstherapie, die sich an die intensive Chemotherapie anschließt, wird ebenfalls Docetaxel eingesetzt. Bislang wurde die Meinung vertreten, mithilfe einer Anschlusstherapie könne zwar das progressionsfreie Überleben, aber nicht das Gesamtüberleben verlängert werden. Nun konnte aber gezeigt werden, dass eine Erhaltungstherapie auch das Gesamtüberleben verlängern kann.

Biologicals bei Lungenkrebs

In mehreren Studien werden Biologicals in Kombination mit Docetaxel beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom eingesetzt, so etwa Aflibercept (noch nicht im Handel). Aflibercept ist ein VEGF-Trap (VEGF = vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor), das heißt, ein vollständig humanisiertes, lösliches VEGF-Rezeptor-Fusionsprotein, das an die VEGF-Rezeptor-Familie bindet und die Gefäßneubildung des Tumors verhindert (Antiangiogenese). Die Substanz besitzt eine hohe Spezifität für VEGF-A und bindet an alle VEGF-A Isoformen mit wesentlich höherer Affinität als Bevacizumab. Außerdem bindet Aflibercept an VEGF-C und -D, die die Neubildung der Lymphgefäße induzieren.

Im Rahmen einer klinischen Studie wird bei rezidivierten Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom VEGF-Trap mit Docetaxel kombiniert und mit einer alleinigen Docetaxel-Gabe verglichen.

Erhaltungstherapie mit Docetaxel

In einer Studie zur Erhaltungstherapie wurden 552 Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom zunächst mit Gemcitabin und Carboplatin behandelt und bei Tumoransprechen oder Stabilisierung der Erkrankung randomisiert. Die Hälfte der randomisierten Patienten wurde ohne Therapieunterbrechung sofort mit Docetaxel weiterbehandelt, während die andere Hälfte erst bei Progress Docetaxel als klassische Second-line-Therapie erhielt. Die sofort mit Docetaxel weiterbehandelten Patienten blieben im Median statistisch signifikant länger progressionsfrei (6,5 vs. 2,8 Monate; p<0,0001). Nach einem Jahr waren noch 20% der Patienten rezidivfrei im Vergleich zu 9% im Kontrollarm. Im Median überlebten die Patienten bei sofortiger Weiterbehandlung mit Docetaxel fast ein Jahr (11,9 Monate) im Vergleich zu 9,1 Monaten im Kontrollarm (p=0,071). Fast die Hälfte der unmittelbar mit Docetaxel weiterbehandelten Patienten war nach einem Jahr noch am Leben (48,5%) versus 38,3% im Kontrollarm. Dabei führte die First-line-Sequenz mit Docetaxel zu keiner klinisch relevant erhöhten Toxizität.

Induktionstherapie bei Kopf-Hals-Tumoren

Bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereichs werden folgende Behandlungsziele angestrebt:

  • die lokale Kontrolle des Tumors,
  • eine Verhinderung der Metastasierung sowie
  • der Organerhalt.

Mit Hilfe einer Induktionstherapie ist man diesem Ziel ein Stück näher gekommen. Diese Art der Behandlung besteht aus einer Chemotherapie (TPF-Regime = Docetaxel, Cisplatin, 5-Fluorouracil) und einer nachfolgenden Radio-Chemotherapie. Die Ergebnisse zweier randomisierter Phase III-Studien – TAX 323 und TAX 324 – haben gezeigt, dass dieses Vorgehen der alten Induktionstherapie (eingesetzt wurde dabei das PF-Schema = Cisplatin und 5-Fluorouracil) überlegen ist, was sich in einem um 30% reduzierten Mortalitätsrisiko niederschlägt. Zudem konnte in einer weiteren Studie bestätigt werden, dass nach einer TPF-Induktionstherapie die nachfolgende Strahlendosis nicht reduziert werden muss. Nach abgeschlossener Radio-Chemotherapie lag die Rate der Patienten mit klinisch kompletter Tumorrückbildung mehr als doppelt so hoch wie im Kontrollarm ohne Induktionstherapie (46,8% vs. 19,2%). Durch eine Induktionstherapie kann in vielen Fällen organerhaltend operiert werden, was wiederum die Lebensqualität des Patienten beträchtlich erhöht.

Chemotherapie verbessert Lebensqualität

Verbessert eine Chemotherapie die Lebensqualität oder wird durch die Behandlung die Qualität des verbleibenden Lebens eingeschränkt? Diese Frage wird häufig gestellt, wenn nach menschlichem Ermessen mit keiner Heilung mehr zu rechnen ist. Bei fortgeschrittenen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich oder der Lunge werden die Beschwerden durch das unkontrollierte Wachstum maligner Zellen ausgelöst. Kann dieses Wachstum gehemmt werden, bessern sich auch die Beschwerden. Dies konnte in mehreren Studien zur Lebensqualität gezeigt werden. So etwa in der TAX 317-Studie bei Patienten mit einem fortgeschrittenen und bereits rezidivierten nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom. In dieser Studie erhöhte die Monotherapie mit Docetaxel die Lebensqualität der Patienten nachhaltiger als eine rein symptomatische Behandlung (best supportive care). Ähnliche Ergebnisse zeigten sich bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem und bereits inoperablem Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereiches. Sie konnten nach einer docetaxelhaltigen Behandlung besser sprechen, befanden sich in einem besseren Allgemeinzustand, hatten weniger Probleme mit der normalen Nahrungsaufnahme und weniger Hemmungen, in der Öffentlichkeit zu essen.

 

Quelle

Nach Vorträgen von Prof. Dr. Martin Wolf, Kassel, Prof. Dr. Frank Griesinger, Oldenburg und Prof. Dr. Ulrich Keilholz, Berlin, beim Satellitensymposium "Klinischer Nutzen in der Therapie von Head & Neck-/Lungentumoren" veranstaltet von Sanofi Aventis, Frankfurt, am 22. Februar 2008 in Berlin anlässlich des 28. Deutschen Krebskongresses in Berlin.

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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