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Guter Standort mit schlechter Ausstrahlung

BERLIN (ks). Dem Pharmastandort Deutschland ergeht es wie dem deutschen Gesundheitswesen insgesamt: Er ist weit besser als sein Ruf. In den vergangenen zweieinhalb Jahren hat die Große Koalition einiges dafür getan, dass der Standort wieder attraktiver geworden ist – etwa durch Forschungsinitiativen, Exzellenzförderung oder auch die Unternehmenssteuerreform. Dennoch: Die Politik ist weiterhin gefordert, will sie diese Position halten oder verbessern.

Zu diesem Ergebnis ist Prof. Dr. Thomas Straubhaar vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) gekommen, der für eine Studie im Auftrag des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) die Pharma-Politik der Großen Koalition unter die Lupe genommen hat.

Deutschlands Stärken in der gesamten pharmazeutischen Wertschöpfungskette sieht Straubhaar insbesondere in der Forschung sowie der (Biotech-)Produktion. Doch diese positiven Aspekte werden leicht ausgeblendet durch die Probleme, die die Arzneimittelhersteller im Bereich des Absatzes ihrer Produkte sehen. Die Vielzahl sich zum Teil widersprechender Regulierungen sowie ineffiziente Antrags- und Genehmigungsverfahren wirken besonders abschreckend – vor allem auf Betrachter aus dem Ausland. Da hilft es auch nichts, dass Deutschland neuen Arzneimitteln grundsätzlichen einen freien Marktzugang sowie eine freie Preisbildung bietet. Die Diskussionen um das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen und die Kosten-Nutzenbewertung, sowie die Möglichkeit von Jumbo-Festbetragsgruppen, in denen auch patentgeschützte Arzneimittel einem Festbetrag unterstellt werden können, sind laut Straubhaar von symbolischer Bedeutung für das Standortimage Deutschlands. Um das Vertrauen der Investoren zurückzuholen, seien daher transparente, in sich konsistente und verlässliche politische Rahmenbedingungen von Nöten. Besinne sich Deutschland überdies auf seine Standortvorzüge und mache deren Erhalt und gezielten Ausbau zum Kern einer politischen Strategie, könne es auch angesichts der zunehmenden Konkurrenz aus Schwellenländern wieder weltweit ein führender Pharmastandort werden, so Straubhaar.

VFA fordert Standort-Kampagne

Der VFA-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Plischke zieht aus der HWWI-Studie folgenden Schluss: "Der Pharmastandort Deutschland verkauft sich unter Wert." Davon habe aber niemand etwas – weder die Industrie, noch die Politik. "Deshalb fordere ich die Bundesregierung auf, gemeinsam mit dem VFA eine internationale Standortkampagne zu initiieren, die die Vorzüge unseres Standortes gegenüber investitionsverantwortlichen Managern hervorhebt", so Plischke. Er betonte, dass die deutsche pharmazeutische Industrie mit ihren 112.600 Mitarbeitern 2007 einen Umsatz von 31,2 Mrd. Euro erwirtschaftet habe. Sie gehöre damit zu den leistungsfähigsten und produktivsten Wirtschaftszweigen in Deutschland.

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