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Ein Blick über die Grenzen nach Österreich

Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr trafen sich der Verband der Angestellten Apotheker Österreichs – VAAÖ – und die Apothekengewerkschaft ADEXA. Inhalt der Gespräche in Hamburg war der Austausch aktueller gesundheitspolitischer und tarifpolitischer Belange. Außerdem wurde das Ziel weiterverfolgt, eine europäische Plattform zu schaffen, um den gemeinsamen Interessen der Angestellten in ganz Europa mehr Gehör zu verschaffen.

Zunächst soll hier aber ein erster Überblick über die tariflichen Arbeitsbedingungen für angestellte Apotheker in öffentlichen und Krankenhausapotheken in Österreich vermittelt werden.

Wie werden die angestellten Apotheker besoldet?

In Österreich gibt es bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine Pharmazeutische Gehaltskasse. Hauptmotiv ihrer Gründung im Jahre 1908 war der Wunsch, ein System steigender Entlohnung im Alter einzurichten und dabei eine Diskriminierung älterer Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt möglichst zu vermeiden. Dieser Gedanke liegt auch dem heutigen System noch zugrunde.

Angestellte Apotheker werden nach einem Gehaltsschema besoldet, das 18 Stufen umfasst und nach jeweils zwei Kalenderjahren ein Vorrücken in die nächst höhere Gehaltsstufe vorsieht. Das war nicht immer so. Bis 1988 rückten nur Volldienstleistende alle zwei Jahre vor, Teildienste nur aliquot; also brauchte ein Halbdienstleistender (20 Std.) vier Jahre usw. Dies hat der Pharmazeutische Reichsverband für Österreich (gegründet 1891, heute VAAÖ) beim Verfassungsgerichtshof wegen Frauendiskriminierung bekämpft und Recht für die rund 90 Prozent Teilzeitbeschäftigten bekommen.

Der jeweilige Dienstgeber (= Arbeitgeber) – also der Apothekenbetrieb, in dem der angestellte Apotheker arbeitet – muss die angestellten Apotheker und Aspiranten (im Berufsausbildungsjahr nach der Universität) melden und bezahlt dafür einen einheitlichen Betrag (die sog. Umlage) an die Pharmazeutische Gehaltskasse, unabhängig davon, in welcher Gehaltsstufe sich sein Dienstnehmer (= Arbeitnehmer) befindet. Diese Gehaltskassenumlage beträgt zurzeit 3621 Euro bei einer 40-Stunden-Woche, für Teilzeitbeschäftigte (36 bis 8 Wochenstunden) aliquot weniger. Die Gehaltskasse "verteilt" dann die Gehaltskassen-Entlohnung gemäß der jeweiligen Stufe (z. B. I: 2211 Euro; XVIII: 4263 Euro).

Zusätzlich zur Besoldung durch die Pharmazeutische Gehaltskasse gibt es kollektivvertragliche Entlohnungsbestandteile, die der angestellte Apotheker direkt von seinem Arbeitgeber erhält. Da auch diese Entlohnungsteile größtenteils unabhängig vom Dienstalter sind, sind die Kosten eines Arbeitnehmers unabhängig vom Dienstalter praktisch immer gleich. Das ist zwar naturgemäß kein Schutz vor Arbeitslosigkeit, aber es verhindert wirksam eine Benachteiligung am Arbeitsmarkt. Ein System, das nicht des berühmten österreichischen Charmes entbehrt. Der gültige Kollektivvertrag (entspricht unserem Rahmentarifvertrag) sieht für alle Apotheker eine Ausgleichszulage von 14 × 893,70 Euro vor. Es gibt auch Familienzulagen im Gehaltskassengesetz, die besonders den Kolleginnen nutzen.

Folgende Familienzulagen sind geregelt: Die Kinderzulage beträgt 84 Euro und die Haushaltszulage 30 Euro. Vom Staat gibt es die sogenannte Kinderbeihilfe (eigentlich Familienbeihilfe), die Kinderzulagen bekommen gehaltskassenbesoldete Apotheker zusätzlich. Die Haushaltszulage (auch "Trauscheinzulage") bekommt man, wenn man verheiratet ist oder alleinerziehend mit Kind.

Eine Sonderzahlung entsprechend der Regelung im deutschen Bundesrahmentarifvertrag ist ebenfalls festgelegt, allerdings auf zwei Auszahlungszeitpunkte (Ende Mai und Ende November) – Urlaubs- und Weihnachtsgeld genannt – verteilt.

Wie sind Überstunden zu entlohnen?

Überstunden fallen ab der 9. Tages- und der 41. Wochenarbeitstunde an. Dafür ist die Grundstunde mit 1 /172 aus dem persönlichen Gehalt inkl. aller Zulagen, aber ohne Mehrdienstleistungsentlohnungen zu errechnen; dazu kommt ein Zuschlag von 50 Prozent werktags und tagsüber (Montag bis Samstag von 6 bis 20 Uhr) und ein 100-prozentiger Zuschlag für Nacht- (20 bis 6 Uhr), Sonntags- und Feiertagsarbeit.

Für an verkaufsoffenen Samstagnachmittagen geleistete Arbeit steht pro Stunde ein Lagezuschlag von 75 Prozent zu. Zeitausgleich kann auf Wunsch des Arbeitnehmers vereinbart werden, in diesem Fall steht der volle Zuschlag auch in Zeit zu.

Fortbildungsansprüche im Kollektivvertrag

Pro Arbeitsjahr stehen drei Arbeitstage à acht Stunden zur Fortbildung zu. Bei Teildienst ist dieser Anspruch zu aliquotieren, Rundungsbestimmungen kennt der Kollektivvertrag in diesem Fall nicht. Der Anspruch kann aus einem Jahr ins nächste mitgenommen werden, sodass bis zu zwei Jahresansprüche kumuliert verbraucht werden können. Der Anspruch entsteht erstmals nach einer einjährigen Betriebszugehörigkeit.

Interessenvertretung der Approbierten in Österreich

Der VAAÖ ist parteipolitisch unabhängig und vertritt die beruflichen, wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Interessen der angestellten Apotheker und Apothekerinnen.

Die laufende Verbesserung der Rahmenbedingungen und der Entlohnung der Arbeit ist nur bei sehr hoher Mitgliederzahl gewährleistet. Der Organisationsgrad beträgt mehr als 60% der angestellten Apotheker.

Eine Mitgliedschaft sichert eine Vielzahl an Serviceleistungen, auf die Mitglieder nicht nur bei Problemen am Arbeitsplatz selbst, sondern auch in den verschiedensten, mit dem Berufsleben zusammenhängenden Bereichen rasch und kostenlos zugreifen können.

Der VAAÖ bietet fachkundige Beratung und Unterstützung vom Abschluss eines Arbeitsvertrages bis zu dessen Auflösung, aber auch in Fragen der Sozialversicherung und des Lohnsteuerrechts unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Apothekerberufes.

Die Mitgliedschaft beim VAAÖ ist für Studenten und Aspiranten (= Anwärter) kostenlos. Für über die Gehaltskasse besoldete Apotheker beträgt der monatliche Mitgliedsbeitrag 1,5% des Brutto-Gehaltskassen-Schemengehaltes.

Es macht Sinn, sich auszutauschen

Um auch weitere Informationen anderer europäischer Gewerkschaften zu bekommen, haben sich VAAÖ und ADEXA auf die Fahnen geschrieben, eine Interessengemeinschaft ins Leben zu rufen, die sich für alle Berufsgruppen einsetzt, die in Apotheken vertreten sind. Sie soll die beruflichen, sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen auf europäischer Ebene fördern und vertreten; sie soll die Arzneimittelabgabe – im Sinne eines Apotheker- und Apothekenvorbehaltes – an die Apotheker in den Apotheken bzw. an das pharmazeutische und pharmazeutisch-kaufmännische Personal binden, dort, wo Gesundheitsdienstleistung sowie Verantwortung und Arzneimittelkontrolle für das Wohl der Patienten eine Rolle spielt. Die neue Interessengemeinschaft soll sich für adäquate Bezahlung sowie Fort- und Weiterbildung des Apothekenpersonals mit finanziellem Anreiz einsetzen und als appellierbares Kontrollgremium für positive und negative Entwicklungen der Arbeitsbedingungen in den europäischen Ländern fungieren.

Das nächste Treffen findet in München am 20. und 21. September parallel zur Expopharm statt. Interessierte erhalten Informationen über:

vorsitz@adexa-online.de oder info@vaaoe.at.


Barbara Neusetzer
ADEXA, Erste Vorsitzende

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