Medizin

Was ist eigentlich ... ein Lupus erythematodes?

Eine schmetterlingsförmige Rötung im Gesicht, Gelenkbeschwerden, Gliederschmerzen, Haarausfall, Müdigkeit, das alles sind Symptome, die auf einen systemischen Lupus erythematodes hindeuten. Es handelt sich dabei um eine Autoimmunerkrankung, die vor allem junge Frauen heimsucht. Im Vordergrund der Behandlung steht eine immunsuppressive Therapie, mit der die Prognose in den vergangenen Jahren deutlich verbessert werden konnte.
Eine schmetterlingsförmige Rötungist typisch für einen systemischen Lupus erythematodes
Foto: "Hautkrankheiten im Blick", WVG

Bei dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, welche den gesamten Organismus befällt. Man zählt ihn zu den Erkrankungen des Bindegewebes und der Gefäße (Kollagenosen). Hauptsächlich befallen werden Haut, Gelenke, Nieren, Nervensystem und die serösen Häute (Rippenfell, Herzbeutel etc.). Aber auch andere Organe können von der Krankheit betroffen sein.

1872 beschrieb Kaposi erstmalig die Krankheit. Europaweit erkranken etwa 26 Personen pro 100.000 Einwohner, in Asien 49 von 100.000. Bei Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren tritt ein SLE häufiger als Neuerkrankung auf (3,5 pro 100.000 in Europa) als bei Männern (0,4 von 100.000). Die Krankheit kann familiär gehäuft vorkommen, Zwillingsgeschwister von Erkrankten haben ein erhöhtes Risiko. In den letzten 40 Jahren erhöhte sich die Zahl der Erkrankten auf das Dreifache.

Die Prognose hat sich in den letzten drei Jahrzehnten stark verbessert. 1960 betrug die Fünf-Jahres-Überlebensrate 20 bis 30 Prozent, heutzutage liegt schon die Zehn-Jahres-Überlebensrate bei 90%.

Autoimmunkomplexe rufen Entzündungen hervor

Bei dem SLE ist das Immunsystem aus den Fugen geraten. Es reagiert fälschlicherweise gegen Bestandteile des eigenen Körpers durch Bildung von Auto-Antikörpern (Auto-Ak) gegen Bestandteile des Zellkerns. Folgen sind chronische Entzündungen. Besonders häufig bilden sich Antikörper gegen die Doppelstrang-DNA. Aufgrund dieser starken Häufigkeit werden diese Antikörper als diagnostisches Kriterium eingesetzt.

Antikörper und Zellbestandteile bilden einen Komplex, der sich in vielen Organen ablagert und Entzündungen provoziert. Warum genau es zu diesen Immunreaktionen kommt, ist letztendlich noch nicht geklärt. Bestimmte genetische Veranlagungen führen möglicherweise zu einer Störung des programmierten Zelltods (Apoptose) oder der Überreaktion des Immunsystems. Besonders auffällig war die Neuerkrankung nach Infektionen, was auf einen äußeren Faktor als Auslöser schließen lässt. Auch hormonelle Umstände scheinen eine Rolle zu spielen, da bevorzugt Mädchen in der Pubertät erkranken. Auch nach der Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln lässt sich eine Erkrankungshäufigkeit beobachten.

Vielfältige Symptomatik

Das klinische Bild ist sehr vielfältig. Zu Beginn der Erkrankung stehen allgemeine Symptome wie Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit oder Fieber im Vordergrund. Zusätzliche Erkrankungszeichen wie generalisierte Lymphknotenschwellungen und Hautausschläge können hinzukommen. Später stellen sich meistens Gelenkbeschwerden an mehreren Körperstellen ein. Nachfolgende Symptomatiken sollten, in Kombination mit dem gesamten Erkrankungsbild, an einen SLE denken lassen:

Haut. Das typischste Symptom des SLE ist das schmetterlingsförmige Erythem im Gesicht. Die Erkrankten sind in der Regel sehr lichtempfindlich, unter Sonneneinstrahlung kann das Gesichtserythem unter Umständen noch zunehmen. Aber auch an anderen Körperstellen kann es zu Hautausschlägen kommen. Weitere Zeichen der Erkrankung sind ein kreisrunder, meist irreversibler Haarausfall (Alopezie) sowie die Vaskulitis, eine Entzündung der kleinen Hautgefäße.

Gefäße. Neben der schon genannten Vaskulitis kann bei SLE zusätzlich der Morbus Raynaud diagnostiziert werden. Dies ist ein immer wieder auftretender Gefäßkrampf der Fingergefäße mit dem Resultat einer reduzierten Durchblutung, so dass sich die Finger weiß und teilweise bläulich verfärben. Der Morbus Raynaud kommt zwar auch bei Nicht-SLE-Erkrankten vor, findet sich bei Kollagenosen jedoch häufiger.

Gelenke. Morgendliche Gelenkschmerzen der großen und kleinen Gelenke sind typisch, Schwellungen können zusätzlich auftreten. Zusätzlich können Muskelschmerzen (Myalgien) zu finden sein.

Bauchorgane und Lymphknoten. Als Zeichen der Aktivierung des Immunsystems kommt es zu Vergrößerungen der Lymphknoten, der Leber und der Milz.

Lunge. Die häufigste Lungenbeteiligung ist die Rippenfellentzündung (Pleuritis) mit Erguss, was sich durch starke atemabhängige Schmerzen bemerkbar macht.

Herz. Am häufigsten tritt eine Entzündung des Herzfells (Perikarditis) auf, aber auch alle anderen Herzwandschichten (Endokard, Myokard) können betroffen sein.

Niere. Bei etwa zwei Dritteln aller Erkrankten ist eine Nierenbeteiligung unterschiedlicher Ausprägung zu finden mit den Symptomen Proteinurie, Hämaturie und Hypertonie. Schwere Formen enden in 40 Prozent in einer Niereninsuffizienz.

Zentrales Nervensystem (ZNS). Typisch sind Kopfschmerzen, psychische Auffälligkeiten und Krämpfe.

Autoantikörpernachweis sichert Diagnose

Neben der Sonografie sind Blut- sowie Gewebeuntersuchungen diagnoseweisend. Am wichtigsten ist der Nachweis von Autoantikörpern (Tab.).


Tab.: Autoantikörpernachweis bei SLE
Anti-Nukleäre Antikörper (ANA)
bei über 90% positiv
Anti-Doppelstrang DNA-Antikörper
(ds-DNA-Ak)
sehr spezifisch für SLE
Anti-Sm-Antikörper
sehr spezifisch für SLE
Anti-Phospholipid-Antikörper
(Anti-Cardiolipin-Ak)
assoziiert mit Thrombose- oder Embolierisiko

Sehr spezifisch sind neben den Anti-Doppelstrang-DNA-Antikörpern die Anti-Sm-Antikörper, die nach der SLE-Patientin Smith (Anfangsbuchstaben) benannt sind, in deren Blut die Antikörper erstmals nachgewiesen worden sind. Typisch ist auch eine erhöhte Blutsenkung bei einem meist normalen C-reaktiven Protein (Entzündungsparameter). Zusätzlich zu finden sind eine Leukopenie (zu wenig weiße Blutkörperchen), eine Thrombozytopenie (zu wenige Blutplättchen) und eine Anämie (zu wenig rote Blutkörperchen). Immunkomplexe (gebundene Antikörper) können Eiweiße des sogenannten Komplementsystems aktivieren und verbrauchen. Folge ist eine Reduktion der Komplementfaktoren C3 und C4 sowie des Gesamtkomplements CH50. Anhand dieser Parameter kann die Aktivität des SLE gut überwacht werden. Bei Hautbefall kann aus der entsprechenden Stelle eine Gewebeprobe entnommen und feingeweblich untersucht werden. Typisches Zeichen der Erkrankung ist ein sogenanntes Lupusband, welches die Ablagerungen von Immunkomplexen in der Haut anzeigt. Extrem wichtig ist zu erkennen, ob die Niere befallen ist. Dies ist wichtig für die Krankheitsprognose. Deshalb muss gelegentlich mittels einer Nierenpunktion Material für die feingewebliche Untersuchung gewonnen werden.

 

Immunsuppression steht im Vordergrund

Die Therapie richtet sich nach Krankheitsaktivität und Organmanifestation. Eine Heilung ist derzeit leider nicht möglich, deswegen stehen symptomatische Maßnahmen wie Blutdrucksenkung, Schmerzmittelgabe oder Lichtvermeidung im Vordergrund.

 

Grundlage der Behandlung ist stets die Immunsuppression. Fast immer spricht der SLE auf höhere Dosen Cortison an. Bei Haut- und Gelenkbefall hilft das Malariamittel Hydroxychloroquin. Sind innere Organe stark betroffen oder bestehen starke chronische Beschwerden, werden oftmals Immunsuppressiva wie Cyclophosphamid oder Azathioprin eingesetzt. Weitere Indikationen sind die schwere Lupusnephritis, Beteiligung des Zentralnervensystems oder Entzündung der Herzklappen. In sehr schweren Fällen wird eine besondere Form der Plasmapherese eingesetzt, bei der im Anschluss an eine Cyclophosphamid-Behandlung die Antikörper aus dem Plasma entfernt werden.

 

Komplikationen dieser immunsuppressiven Behandlung sind Infektionen oder Tumorerkrankungen. Schwere Infektionen stellen die häufigste Todesursache dar.

 

 

Quelle:

Aringer M: Aktuelle Therapieoptionen beim SLE. Uni-med Verlag, Bremen

Isenberg D: Lupus (The Facts). Oxford University Press


 

Dr. med. Ingo Blank

Burgenstraße 33

71116 Gärtringen

 

 

 

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