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GSK darf Parallelhandel nicht unterbinden

BERLIN (ks). Die Methoden des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline (GSK), in Griechenland den Parallelhandel mit seinen Arzneimitteln zu unterbinden, sind nach Auffassung von Dámaso Ruiz-Jarabo Colomer, Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), missbräuchlich. In seinen Schlussanträgen zu einem Vorabentscheidungsersuchen eines Athener Gerichts machte er deutlich, dass die EG-Vertragsbestimmung, die den Missbrauch einer beherrschenden Stellung verbietet, keine Ausnahme zulässt.

In Griechenland ist GSK mit den Zwischengroßhändlern im Clinch. Sei einigen Jahren erwerben die Grossisten die griechischen GSK-Arzneimittel nicht nur für die Apotheken des heimischen Marktes, sondern beliefern mit ihnen auch andere Länder – etwa Deutschland und das Vereinigte Königreich – in denen die Preise für diese Medikamente höher liegen. Im Jahr 2000 änderte GSK sein Vertriebssystem in Griechenland und führte die Bestellungen der Großhändler nicht mehr aus. Stattdessen bediente sich das Unternehmen für einige Monate der Gesellschaft Farmacenter AE, um Krankenhäuser und Apotheken zu beliefern. Vor den griechischen Zivilgerichten vertraten die Großhändler die Ansicht, dass die Einstellung der Belieferung durch GSK und der Vertrieb über Farmacenter Handlungen des unlauteren Wettbewerbs und den Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellten. Der Streit führte letztlich zum EuGH.

Keine ausreichende Rechtfertigung

Der Generalanwalt betont in seinen Schlussanträgen vom 1. April, dass selbst Handlungen von Unternehmen in beherrschender Stellung, die zweifelsohne eine wettbewerbsfeindliche Zielrichtung haben, objektiv gerechtfertigt sein könnten. Dies liege zum einen daran, dass der Arzneimittelmarkt ein unvollkommener Markt mit einem eingeschränkten Grad der Harmonisierung sei. Dieser sei durch staatliche Preisintervention, öffentliche Erstattungssysteme und Versorgungspflichten gekennzeichnet. Patente für die Arzneimittel könnten hier leicht zu einer beherrschenden Stellung ihrer Rechtsinhaber führen. Rechtfertigend wirken könne aber auch die Verteidigung legitimer Interessen – das Argument eines "Kausalzusammenhangs zwischen den Erlöseinbußen aufgrund des Parallelhandels und der Reduzierung der Investitionen des Herstellers in Forschung und Entwicklung" ließ der Generalanwalt vorliegend jedoch nicht gelten. Schließlich hält der Generalanwalt Unternehmen in beherrschender Stellung für berechtigt, die wirtschaftliche Effizienz ihrer vermeintlich missbräuchlichen Verhaltensweisen nachzuweisen – doch auch dies habe GSK vorliegend nicht getan. Vielmehr habe GSK – neben der Darstellung der "perversen Folgen des Parallelhandels" – keinen positiven Aspekt der Begrenzung ihrer Arzneimittellieferungen an die Großhändler aufgezeigt.

Schlussantrag für EuGH nicht bindend

Der Generalanwalt schlägt dem EuGH daher vor, die Vorabentscheidungsfragen dahingehend zu beantworten, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung missbräuchlich handelt, wenn es sich weigert, die Bestellungen der Arzneimittelgroßhändler in vollem Umfang auszuführen, um den ihm durch den Parallelhandel entstandenen Schaden zu begrenzen. Das Unternehmen könnte sein Verhalten jedoch objektiv rechtfertigen, indem es nachweise, dass die Gegebenheiten der Marktregulierung es dazu zwingen, sich auf diese Weise zu verhalten, um seine legitimen Geschäftsinteressen zu verteidigen. Die Ansicht des Generalanwalts ist für den Gerichtshof nicht bindend, sondern lediglich ein Entscheidungsvorschlag. Die Richter des EuGH treten nunmehr in die Beratung der Rechtssache ein.

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