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Die Zeit ist reif für LOB

Auf der ADEXA-Gewerkschaftssitzung Ende März war die Tarifpolitik ein zentrales Thema. Dazu ein Interview mit Tanja Kratt, der Zweiten Vorsitzenden von ADEXA, die für den Tarifbereich zuständig ist:

Frau Kratt, welche tarifpolitischen Herausforderungen stehen in diesem Jahr an?

Kratt: Wir haben gerade die beiden Gehaltstarifverträge mit dem ADA (Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken) und mit der TGL Nordrhein mit Wirkung zum 30. Juni 2008 gekündigt. Entsprechend müssen wir rasch in die Gehaltstarifverhandlungen mit beiden Tarifpartnern einsteigen, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab dem 1. Juli ihre verdiente Gehaltserhöhung bekommen.

Außerdem muss mit dem ADA über einen Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) verhandelt werden, den dieser zum Jahresende 2007 gekündigt hat. Bei der TGL wird die Kündigung des Rahmentarifes erst Ende 2008 wirksam.

Die größte Herausforderung und Chance ist aber die Einführung eines Tarifs zur leistungsorientierten Bezahlung – kurz LOB genannt –, mit der das Fortbildungsengagement der Angestellten endlich auch durch Gehaltszusätze honoriert werden soll.


Bisher sind zu LOB nur wenig Details bekannt. Wie ist denn aktuell die Stimmung unter den Mitgliedern?

Kratt: Da sprechen Sie einen kritischen Punkt an. Einerseits ist es schwierig, Details aus den laufenden Verhandlungen zu veröffentlichen, weil dadurch unnötige Befürchtungen oder voreilige Hoffnungen geweckt werden könnten. Aber mangelnde Transparenz schafft natürlich Ängste und Widerstände. In letzter Zeit haben wir insbesondere von älteren Mitgliedern mit langjähriger Erfahrung gehört, dass sie fürchten, bei der Einführung von LOB zu den "Verlierern" zu gehören.


Wird es denn überhaupt Verlierer und Gewinner geben?

Kratt: Hier haben Presseveröffentlichungen der TGL Nordrhein für Verwirrung und unnötige Angst gesorgt. LOB kann und darf nicht "kostenneutral" umgesetzt werden – sprich, man würde den einen etwas wegnehmen und es denen geben, die viele Fortbildungen machen. Das ist für ADEXA völlig unakzeptabel, denn die Tarife sind ja als untere Messlatte zu betrachten, die nicht unterlaufen werden darf. Hierin sind sich allerdings der ADA und ADEXA absolut einig. Deshalb wird es natürlich Regelungen geben, um gerade langjährigen und erfahrenen MitarbeiterInnen den Bestandsschutz zu sichern.


LOB soll also nicht "kostenneutral" sein. Wie kommt es, dass hier die Arbeitgeber und die Gewerkschaft trotzdem an einem Strang ziehen?

Kratt: Das geplante Modell wird sich mittelfristig als profitabel für die Apotheken erweisen. Beide Seiten wissen, dass wir die Beratungsqualität in den Apotheken kontinuierlich verbessern müssen, um die Arbeitsplätze zu sichern und uns im Gesundheitsmarkt der Zukunft zu behaupten. Und besser qualifiziertes Personal ist nun einmal nicht zum Nulltarif zu haben. Außerdem wird die Kundenbindung durch kompetente Beratung gestärkt werden, was wiederum zu einer besseren Gewinnsituation der Apotheken führt. Sollten ab 2009 Ketten in Deutschland möglich werden, wird engagiertes, kompetentes Personal noch wesentlich knapper. Sich auf diese möglichen Änderungen vorzubereiten, ist für beide Seiten von fundamentaler Bedeutung.


Frau Kratt, vielen Dank für das Gespräch!


Das Interview führte Dr. Sigrid Joachimsthaler


FAQ* zur leistungsorientierten Bezahlung

Frage: Ich bin noch nicht lange ADEXA-Mitglied und habe die bisherige Diskussion nicht verfolgt. Bedeutet LOB, dass wir in Zukunft nach Umsatz oder anderen Leistungsparametern bezahlt werden?

Nein, auch wenn davon auszugehen ist, dass durch Fortbildungen neben der besseren Beratung auch mehr Kundenbindung und höhere Umsätze erzielt werden, so wird sich der Gehaltstarif nicht am wirtschaftlichen Output orientieren. Für die Gehaltssteigerung wird vielmehr der Wissens-Input in Form von bestimmten Fortbildungseinheiten ausschlaggebend sein. Dabei wird es Basismodule für alle Berufsgruppen geben, zum Beispiel zum Thema Kommunikation oder PC, und Aufbaumodule, die nach Berufsgruppen unterschiedlich ausfallen. Wenn LOB kommt, wird die ADEXA Wissenswerkstatt als gewerkschaftlicher Fortbildungsträger neben anderen entsprechende Fortbildungen anbieten.

Frage: Ich arbeite jetzt schon so lange in meiner Apotheke und habe mich früher regelmäßig fortgebildet. Mit meiner Erfahrung kann ich jetzt locker mit allen jungen Kolleginnen mithalten. Werde ich in Zukunft im Gehalt zurückgestuft, wenn ich die Seminare nicht noch einmal besuchen will?

Nein, Gehaltseinbußen für Mitarbeiterinnen wird es mit ADEXA nicht geben. Aber im Gegensatz zur bisherigen Tarifstruktur, die nur auf Berufsjahresgruppen basiert, können Apothekenmitarbeiter/-innen künftig durch die Teilnahme an Fortbildungen schneller in höhere Gehaltsklassen aufrücken.

Frage: Unser Chef gibt uns für Fortbildungsveranstaltungen bislang weder frei noch übernimmt er die Kosten. Müssen wir auch im LOB-Modell alles in unserer freien Zeit absolvieren und allein finanzieren?

Nein, der LOB-Vertrag wird genau regeln, dass Arbeitnehmer freigestellt werden müssen und wie die Kosten zwischen Arbeitgeber und Angestellten aufgeteilt werden.


* häufig gestellte Fragen (von engl. frequently asked questions)

Ja, ich will …

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