Arzneimittel und Therapie

Yoga für die Lymphozyten?

Grünen Tee trinken, Erschöpfung überwinden, die Lebensqualität verbessern – das sind treffliche Ziele eines luxuriösen Wellness-Programms. Aber mehr und mehr werden sie auch im Zusammenhang mit der Fürsorge für Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) diskutiert, die häufigste Leukämie in den Vereinigten Staaten, deren Inzidenz mit dem Alter steigt. Während des Jahrestreffens der American Society of Hematology beschäftigte sich eine umfangreiche Sitzung mit dem ganzheitlichen Ansatz einer CLL-Therapie.

Soll das heißen Yoga, Räucherstäbchen oder Magnetfelder anstatt von Chlorambucil, Rituximab oder Fludarabin, lautete die Frage. "Keinesfalls", versichert E. Kay, Mayo Klinik. "Die Holistische Therapie versucht aktuelle Forstschritte in Therapie und Prognostik zu verknüpfen mit Erkenntnissen über den natürlichen Verlauf der Erkrankung und Aspekten zur Lebensqualität. Aufrechterhaltung und Verbesserung der Lebensqualität sei nämlich ein ganz wichtiger Punkt bei Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie. Eine Studie von Kay et al. untersuchte den Einfluss von grünem Tee auf asymptomatische CLL-Patienten im Stadium 0 bis II. Grüner Tee wird bereits seit längerer Zeit wegen seiner möglichen gesundheitsfördernden Wirkung diskutiert. Die aktiven Inhaltsstoffe sind Polyphenole bzw. Catechine. Epigallocatechingallat (EGCG) ist das Hauptcatechin im grünen Tee. In vitro konnte bereits gezeigt werden, dass Epigallocatechingallat bei den B-Zellen einer chronisch lymphatischen Leukämie eine Apoptose induziert. In einer Phase-I-Studie [1] wurde nun nach der angemessenen Tagesdosis Epigallocatechingallat geforscht. 33 asymptomatische Patienten in den Stadien 0 bis II, die zuvor noch nicht behandelt worden waren, erhielten acht verschiedene Dosislevel EGCG (400 bis 2000 mg oral zweimal täglich). Die maximal tolerierte Dosis (MTD) wurde nicht erreicht. Unerwünschte Wirkungen wie Bauchschmerzen und Übelkeit waren generell mild. Bezüglich der Effektivität erreichte zwar keiner der Patienten die Kriterien des National Cancer Instituts für ein partielles Ansprechen (anhaltende 50% Reduktion sowohl der absoluten Lymphozytenzahl als auch der Lymphadenopathie). Da aber sowohl eine Verringerung der Lymphozytenzahlen (s. Tabelle), als auch der Lymphadenopathie zu verzeichnen war, wurde die Phase-II-Studie bereits 2007 in der Mayo Klinik begonnen.


Reduktion der Lymphozytenzahlen unter einer Therapie mit Epigallocatechingallat
Reduktion der
Lymphozytenzahl um
Anzahl
% der Patienten
mindestens 10%
25
76%
mindestens 20%
14
42%
mindestens 30%
8
24%
mindestens 40%
4
12%
mindestens 50%
2
6%

Einen großen Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten hat auch das Arzt-Patienten-Verhältnis. In einer Umfrage wurden dazu 1482 Patienten befragt und ermittelt, wie sich dieses Verhältnis auf das emotionale Befinden des Patienten und seine Lebensqualität auswirkte [2]. Mehr als 90% der Befragten hatten durchaus den Eindruck, dass ihr Arzt einen guten Überblick darüber habe, wie ihre Erkrankung fortschreite (z. B. Stadium, Blutwerte, Lymphknotenstatus), aber nur 69% gaben an, ihr Arzt wisse, wie die chronisch lymphatische Leukämie ihre Lebensqualität beeinflusse (Angst, Alltagssorgen, Erschöpfung usw.). Während 90% der Patienten angaben, die Gespräche mit ihrem Arzt über die Behandlung der CLL seinen angenehm, empfanden nur 77% die Gespräche über ihre Lebensqualität als angemessen. Die berichtete Zufriedenheit mit ihrem Arzt im Hinblick auf letztgenannte Aspekte korrelierte signifikant mit den nach objektiven Parametern gemessenen Kriterien des emotionalen Befindens und der Lebensqualität. Insgesamt hatten 52% der Patienten von ihren Ärzten Phrasen gehört wie: "CLL ist eine ‚gute‘ Leukämie", oder "Machen Sie sich mal keine Sorge über ihre Leukämie", oder "Falls Sie die Wahl hätten, welche Art von Krebs Sie haben wollten, würden Sie genau diese wählen."

Die emotionale sowie die Gesamtlebensqualität der Patienten, deren Ärzte eine dieser Phrasen gebraucht hatte, war signifikant schlechter als die der übrigen Patienten (p < 0,001). Genau diese Patienten gaben auch an, es sei schwierig, mit ihren Ärzten darüber zu sprechen, wie die Diagnose ihre Lebensqualität beeinträchtige (p < 0,001).

Abschließend bestand Einigkeit darüber, dass bei einem ganzheitlichen Ansatz sowohl komplementäre Methoden einen gewissen Stellenwert hätten, genauso wichtig sei aber ein angemessener emotionaler Umgang mit dem Patienten, bei dem psychosoziale Aspekte keinesfalls unterbewertet werden sollten. Dies alles könne neben der eigentlichen Therapie der Erkrankung sowohl deren Verlauf als auch die Lebensqualität des Patienten eindeutig verbessern. Weitere Studien seien wünschenswert und wurden auch bereits begonnen.

 

Quelle

[1] Shanafelt, T. D.; et al.: A Phase 1 Trial of Daily Oral Green Tea Extract in Asymptomatic, Rai Stage 0-II Patients with Chronic Lymphocytic Leukemia. Proceed. Am. S. Hem. (2008) Vol. 110, No. 11, abstr. 2047.

[2] Shanafelt, T. D.; et al.: The Physician-Patient RelationshipImpacts Patients Quality of Life in Chronic Lymphocytic Leukemia: Results of an International Survey of 1482 Patients. Proceed. Am. S. Hem. (2008) Vol. 110, No.11, abstr. 2060.

 


Apothekerin Dr. Annette Junker

 

 

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