Arzneimittel und Therapie

Retardiertes Quetiapin in der Akut- und Langzeittherapie

Mit Seroquel® Prolong steht das atypische Neuroleptikum Quetiapin nun auch in retardierter Form zur Behandlung der Schizophrenie zur Verfügung. Mit klarem Vorteil für Patienten und Ärzte: Die Aufdosierung ist einfacher und schneller. Die tägliche Einmalgabe fördert die dringend notwendige Compliance.

Quetiapin ist ein atypisches Neuroleptikum, das erfolgreich in der Therapie der Schizophrenie eingesetzt wird. Bislang allerdings war das Regime für Ärzte und Patienten wenig komfortabel. Das Medikament musste mehrmals täglich eingenommen werden, das Aufdosieren war schwierig und die notwendige Erhaltungsdosis oft erst nach einigen Tagen erreicht. Das hat dazu geführt, dass oft zu vorsichtig aufdosiert und die Wirkung nicht sofort spürbar wurde. Gelöst werden diese Probleme nun mit der Einführung von retardiertem Quetiapin (Seroquel® Prolong), das Ende Januar 2008 durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte für die Akuttherapie und Rückfallprophylaxe erwachsener Schizophreniepatienten zugelassen wurde. "Die neue Formulierung verbindet sehr gute Wirkeigenschaften und ein sehr gutes Verträglichkeitsprofil mit einer schnellen Aufdosierung und einer täglichen Einmalgabe", brachte Prof. Dr. Hans-Jürgen Möller, Direktor der Psychiatrischen Klinik der LMU München die Vorteile auf den Punkt.

Raschere Aufdosierung

Mit dem einfachen Aufdosierungsschema, beginnend mit 300 mg am ersten Tag (früher: 50 mg), ist die empfohlene Tagesdosis von 600 mg bereits am zweiten Tag erreicht. In medizinisch begründeten Fällen kann die Tagesdosis auf 800 mg erhöht werden. Die Patientencompliance wird durch die tägliche Einmalgabe zur Nacht erleichtert. Ein Aspekt, der in der Schizophrenietherapie besonders wichtig ist. Denn Non-Compliance ist der größte Risikofaktor für ein Rezidiv. 81% der Patienten mit Schizophrenie, die das Antipsychotikum absetzen, erleiden innerhalb der kommenden fünf Jahre einen Rückfall. Wichtig ist, dass das Medikament nicht zu einer Mahlzeit eingenommen wird. Der zeitliche Abstand sollte laut Fachinformation mindestens eine Stunde betragen.

Studien belegen Wirksamkeit und Verträglichkeit

Die retardierte Quetiapin-Formulierung wurde in verschiedenen klinischen Studien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit untersucht, und zwar in der Akuttherapie, in der Rückfallprophylaxe und im Rahmen einer Umstellung. Bei akuter Schizophrenie konnte in einer randomisierten Doppelblindstudie mit 588 Patienten der PANSS(positive and negative symptome scale)-Score in allen verwendeten Dosierungen innerhalb von sechs Wochen deutlich reduziert werden, nämlich um 24,8 Punkte unter 400 mg/Tag, um 30,9 Punkte unter 600 mg/ Tag und um 31,3 Punkte unter 800 mg/ Tag (Placebo: 18,8 Punkte). Auch die CGI(clinical global impression)-Scores zeigten Vorteile gegenüber Placebo. Die Wirksamkeit in der Rückfallprophylaxe wurde bei 197 Patienten gezeigt, die bereits in der Akuttherapie gut auf retardiertes Quetiapin angesprochen hatten. Die Rückfallwahrscheinlichkeit lag nach sechs Monaten bei 14,3% gegenüber 68,2% unter Placebo. Das bedeutet eine Risikoreduktion um 84%. Auch Patienten, die auf ihre bisherige antipsychotische Medikation nicht ausreichend ansprechen, können von einer Umstellung auf retardiertes Quetiapin profitieren. Dies zeigte eine zwölfwöchige, multizentrische Open-label-Studie mit 477 Patienten mit Schizophrenie. 315 Patienten wurden wegen mangelnder Wirksamkeit, die übrigen wegen unzureichender Verträglichkeit der bisherigen Medikation umgestellt. Bei knapp zwei Drittel verbesserte sich der klinische Gesamteindruck. Auch der PANSS-Score als Maß für Positiv- und Negativ-Symptomatik ging zurück, unabhängig von der Vormedikation.

Einnahmehinweis

Quetiapin (Seroquel®, Seroquel® Prolong ist eine atypische antipsychotisch wirksame Substanz. Quetiapin und der aktive Plasmametabolit N-Desalkylquetiapin interagieren mit einem breiten Spektrum von Neurotransmitterrezeptoren. Sie besitzen Affinität zu zerebralen serotonergen (5-HT2)- und dopaminergen D1- und D2-Rezeptoren. Es wird angenommen, dass diese Kombination eines Rezeptorantagonismus mit höherer Selektivität für 5-HT2- verglichen mit D2-Rezeptoren für die klinischen antipsychotischen Eigenschaften und das gering ausgeprägte extrapyramidalmotorische Nebenwirkungsprofil von Quetiapin mitverantwortlich ist.

Seroquel® Prolong wird angewendet zur Behandlung der Schizophrenie. Bei stabilen Schizophreniepatienten, die bereits auf die Retardformulierung eingestellt sind, wirkt Seroquel® Prolong präventiv gegen einen Rückfall.

Das retardierte Quetiapinpräparat sollte einmal täglich eingenommen werden, und zwar nicht zusammen mit einer Mahlzeit: Die Einnahme sollte mindestens eine Stunde vor einer Mahlzeit erfolgen. Die Retardtabletten sollen im Ganzen geschluckt und nicht geteilt, zerkaut oder zerkleinert werden.

Umsteigen möglich

Seroquel® und Seroquel® Prolong haben sich in Studien als äquivalent in Wirkung und Dosierung erwiesen. Retardiertes Quetiapin in einer Dosis von 600 mg einmal täglich ist ebenso wirksam wie zweimal täglich 300 mg schnell freigesetztes Quetiapin. Die Umstellung von den bisherigen schnell freisetzenden Seroquel®-Filmtabletten auf retardiertes Quetiapin ist problemlos. Die Tagesgesamtdosis ist dann äquivalent und wird einmal täglich eingenommen. Im Einzelfall kann eine Dosisanpassung notwendig sein.

 

Quelle

Prof. Dr. Hans-Jürgen Möller, München: "Neue Therapieoption in der Schizophreniebehandlung: Seroquel® Prolong zur täglichen Einmalgabe", München, 26. Februar 2008, veranstaltet von der AstraZeneca GmbH, Wedel.

 


Apothekerin Dr. Beate Fessler

 

 

 

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1 Kommentar

Seroquel 200XR

von Posch Simon am 07.01.2020 um 15:27 Uhr

In dem o.a. Bericht „Umsteigen möglich“ beschreiben Sie die Möglichkeit von Prolog auf Retard umzusteigen. Meine Frau nimmt seit 2014 Seroquel XR200 und hat im Jahr 2017 in Absprache mit Ihrem Arzt im Juli von 200 auf 100 Seroquel XR reduziert. Anfänglich mit kaum feststellbaren Veränderungen, vielleicht etwas weniger tief geschlafen. Im Oktober hat sie den nächsten Schritt ebenfalls in Absprache mit dem Arzt auf 50XR gewagt, vorerst nur geringe Probleme wieder seichterer Schlaf und etwas mehr Müdigkeit. Ende Oktober dann der totale Zusammenbruch mit ausgeprägten Nebenwirkungen, Klinikaufenthalt 2018 über 5 Monate mit kaum merkliche Verbesserungen ihres Gesundheitszustandes. Sie hat sich seither kaum erholt. Versucht höhere Dosen zu gehen mit wochenlangen schweren Nebenwirkungen.
Als fast letzte Option bleibt ihr das langsame Ausschleichen. Da dies vor 2 Jahren so daneben gegangen ist waren die Reduzierungssprünge vermutlich zu hoch. Es ist mit Seroquel retardiert sehr schwierig kleinere Schritte zu setzten. Warum soll man die retardierte Tablette nicht teilen, geht es da nur um die verzögerte Abgabe des Wirkstoffes oder hat das noch andere Gründe. Wenn meine Frau jetzt bei der Reduzierung umsteigen muss auf die unretardierte Tablette ist das wiederum eine sehr große Herausforderung ihres Gesundheitszustandes weil die unretardierte Seroquel viel schneller ihre Wirkstoffe freisetzt.
Sie ist 2018 wieder auf 200XR eingestellt worden. Wenn sie jetzt auf 50XR umstellt und bei 1ner Tablette mit einer Feinwaage z.B. Die Häfte oder weniger wegnimmt, dann ist nur ein kleiner Schnitt und der Rest ist immer noch retardiert und setzt den Wirkstoff nicht so schnell frei wie das unretardierte und sie könnte so die Reduzierung genau nach ihrer Befindlichkeit steuern was sonst einfach nicht möglich ist. Sie könnte die eine 50iger auch eine Stunde später zu einer Mahlzeit nehmen, dadurch würde der Wirkstoff auch nicht so schnell freigesetzt.
Mit der Bitte um Ihre Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,
Simon Posch

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