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Pflegereform verabschiedet

BERLIN (ks). Der Bundestag hat am 14. März die Reform der Pflegeversicherung beschlossen. Nach monatelangem Streit zwischen den Koalitionspartnern und mehr als 50 Änderungen soll das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz nun zum 1. Juli 2008 in Kraft treten. Zuvor muss es noch den Bundesrat passieren. Mit der Reform sollen die ambulante Pflege gestärkt und die Leistungen für die 2,1 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland verbessert werden. Auch eine Anhebung des Beitragssatzes ist vorgesehen – auf eine weitergehende Finanzreform konnten sich Union und SPD jedoch nicht verständigen.

Trotz der vorangegangenen Querelen um die Reform zeigte sich Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt "sehr zufrieden" mit dem nun erreichten Ergebnis: "Das Gesetz ist ein Erfolg für die Pflegebedürftigen, die Angehörigen und die Ehrenamtlichen sowie für die Beschäftigten in den Pflegeeinrichtungen", erklärte sie vor der Abstimmung im Bundestag.

Mit der Reform wird zum 1. Juli der Beitragssatz um 0,25 Punkte angehoben. Versicherte mit Kindern zahlen dann 1,95 Prozent, kinderlose Versicherte 2,2 Prozent. Dies soll zu jährlichen Mehreinnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro führen und ausreichen, die Leistungen der Pflegeversicherung bis etwa 2014/2015 zu finanzieren. Im Gegenzug werden die Leistungen für Demenzkranke, psychisch Kranke und geistig behinderte Menschen verbessert. Sie erhalten künftig statt 460 bis zu 2400 Euro jährlich. Erstmals seit Einführung der Versicherung im Jahr 1995 sollen zudem die Pflegesätze erhöht werden. Im ambulanten Bereich werden die Leistungen in der Pflegestufe I bis zum Jahr 2012 schrittweise von monatlich 384 auf 450 Euro, in Pflegestufe II von monatlich 921 auf 1100 Euro und in der Pflegestufe III von 1432 auf 1550 Euro angehoben. Bei den stationären Pflegesätzen soll die Stufe III ebenfalls angehoben werden. Für die Dauer von bis zu sechs Monaten soll für die Pflege von Angehörigen zudem ein Anspruch auf unbezahlte, sozialversicherte Freistellung von der Arbeit eingeführt werden.

Bei dem in der Koalition lange umstrittenen Punkt der Einführung von Pflegestützpunkten sieht der Reform-Kompromiss nun vor, dass diese auf Initiative eines Landes eingerichtet werden können – dabei ist es ausdrücklich erwünscht, dass vorhandene Strukturen weiterentwickelt werden. In den Stützpunkten sollen Fallmanager Bedürftige und ihre Angehörigen beraten und begleiten. Vorgesehen ist eine Anschubfinanzierung von bis zu 45.000 Euro pro Stützpunkt. Die Förderung kann um bis zu 5000 Euro erhöht werden, wenn Mitglieder von Selbsthilfegruppen und Ehrenamtliche einbezogen werden. Schmidt sieht die Pflegestützpunkte als eine "wichtige Entlastung für die Menschen, die ihre Angehörigen zuhause pflegen wollten". Sie zeigte sich zuversichtlich, dass sich das Modell der Pflegestützpunkte bundesweit durchsetzen wird.

Weiterhin soll die Qualitätsprüfung der Pflegeeinrichtungen verschärft werden. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen wird bis Ende 2010 jede Einrichtung mindestens ein Mal und ab 2011 jährlich – in der Regel unangemeldet – überprüfen. Stärker berücksichtigt werden sollen dabei der Pflegezustand und die Zufriedenheit der pflegebedürftigen Person. Zudem sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden.

Seitens der Opposition musste der Gesetzentwurf der Großen Koalition in der Plenardebatte erneut harsche Kritik einstecken. Grüne und FDP waren sich einig, dass die Pflegereform weit hinter den Versprechungen der Regierung zurückbleibe – insbesondere beinhalte sie nicht die dringend benötigte Finanzreform. Elisabeth Scharfenberg (Grüne) bemängelte, die Finanzierung sei "weder nachhaltig noch gerecht". Der FDP-Abgeordnete Heinz Lanfermann monierte, das dies "zu Lasten der jungen Generation" gehe. Die Regierung habe vor einer richtigen Finanzreform "kapituliert". Bei der Lösung des Problems sind sich die beiden Oppositionsparteien jedoch nicht mehr einig: Die Grünen fordern eine Bürgerversicherung in der Pflege, die FDP den Umstieg in ein kapitalgedecktes Versicherungssystem – ihre Anträge für eine Pflegereform hatten gegen die Stimmen von Union und SPD jedoch keine Chance. Auch die Pflegestützpunkte missfallen der Opposition: Während die FDP diese als "überflüssig und teuer" bezeichnete, sehen die Grünen die "Gefahr föderaler Zersplitterung". Auch die Linksfraktion kritisierte, die Reform greife zu kurz. Insbesondere reiche die angekündigte, schrittweise Anhebung der Leistungen "nicht einmal aus, um Inflationsverluste zu decken".

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