Arzneimittel und Therapie

Mifepriston: Neue Warn- und Anwendungshinweise

Die Fachinformation und die Packungsbeilage des als Abortivum eingesetzten Mifepriston (Mifegyne®) müssen nach einer Entscheidung der Europäischen Kommission geändert werden. Die Änderungen betreffen in erster Linie die Besonderen Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung. So muss auf das Auftreten länger anhaltender Blutungen und die Notwendigkeit eines Kontrolltermins zur Verifizierung der vollständigen Austreibung hingewiesen werden, ebenso auf die Gefahr eines tödlichen toxischen Schocks bei unzulässiger vaginaler Anwendung von Misoprostol.

Auf Antrag des EU-Mitgliedstaates Frankreich wurde im Dezember 2005 ein europäisches Risikobewertungsverfahren für Mifepriston eingeleitet. Konkret wünschte Frankreich eine Nutzen-Risiko-Bewertung in Bezug auf die zugelassene Dosis von 600 mg Mifepriston für die Indikation medikamentöse Beendigung einer intakten intrauterinen Schwangerschaft in sequenzieller Anwendung mit einem Prostaglandinanalogon im Vergleich zu einer 200-mg-Dosierung. Darüber hinaus hatte Frankreich Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Anwendung von Mifepriston geäußert. Hintergrund dafür waren unter anderem Berichte über das Auftreten eines tödlichen Schocks, verursacht durch Clostridium sordellii endometritis, nach einem Schwangerschaftsabbruch mit Mifepriston und Misoprostol.

Mifepriston

Das Abortivum Mifepriston, auch bekannt unter RU-486, ist ein Progesteron-Rezeptorantagonist, der in die Entwicklung der Uterusschleimhaut eingreift. Bei Einnahme von Mifepriston in der Schwangerschaft degeneriert die Uterusschleimhaut innerhalb weniger Stunden, die Plazentafunktion wird gestört. Die Anwendung in den ersten Schwangerschaftswochen führt in der Regel zum Abort. Um eine sichere abortive Wirkung zu erzielen, wird Mifepriston zusammen mit einem Prostaglandin-Analogon (Misoprostol oder Gemeprost) eingesetzt.

Das Verfahren wurde basierend auf einem wissenschaftlichen Gutachten des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) und der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Humanarzneimittel am 14. Juni 2007 mit einem Bescheid abgeschlossen. Danach müssen die Fachinformation, die Etikettierung und die Packungsbeilage von Mifepriston 200 mg Tabletten entsprechend der Kommissionsentscheidung bis zum 1. Juli 2008 geändert werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat mit Schreiben vom 4. März 2008 einen entsprechenden Bescheid an den Hersteller erlassen.

Prinzipiell kam der CHMP zu dem Schluss, dass das NutzenRisiko-Verhältnis von Arzneimitteln mit dem Inhaltsstoff Mifepriston für die Indikation "medikamentöse Beendigung einer intakten intrauterinen Schwangerschaft in sequenzieller Anwendung mit einem Prostaglandin-Analogon (Gemeprost oder Misoprostol) bis zum 63. Tag der Amenorrhoe" günstig zu erachten ist.

Differenziert wird zwischen einem Abbruch bis zum 49. Tag und einem Abbruch bis zum 63. Tag der Amenorrhoe.

Danach ist Mifepriston bis zum 49. Tag der Amenorrhoe zur medikamentösen Beendigung einer intakten intrauterinen Schwangerschaft in sequenzieller Anwendung mit einem Prostaglandin-Analogon (Gemeprost oder Misoprostol) wirksam ist, wenn es in der Dosis

  • 200 mg bzw. 600 mg Mifepriston + 1 mg Gemeprost oder
  • 600 mg Mifepriston + 400 μg Misoprostol

verabreicht wird.

Zwischen dem 50. und 63. Tag der Amenorrhoe wird es als wirksam angesehen, wenn es in der Dosis

  • 200 mg bzw. 600 mg Mifepriston + 1 mg Gemeprost

gegeben wird.

Schwere Blutungen

Im Rahmen der Sicherheitsbewertung verständigte sich der CHMP unter anderem darauf, dass in der Fachinformation unter "Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung" auf das Risiko schwerer Blutungen hingewiesen wird. Die Patientinnen müssen darüber aufgeklärt werden, dass längere und möglicherweise starke vaginale Blutungen nach der Anwendung von Mifepriston auftreten können. Die Dauer der Blutungen wird mit durchschnittlich zwölf Tagen und länger angegeben. Da Blutungen nach dem Schwangerschaftsabbruch nicht immer ein Beweis für eine vollständige Austreibung sind, müssen die Patientinnen innerhalb von 14 bis 21 Tagen nach Verabreichung von Mifepriston einen Kontrolltermin wahrnehmen. Hier muss mit geeigneten diagnostischen Maßnahmen überprüft werden, ob die Austreibung abgeschlossen und die vaginale Blutung zum Stillstand gekommen ist.

Toxischer Schock

Bezüglich des Auftretens eines tödlichen toxischen Schocks, verursacht durch Clostridium sordellii endometritis schließt der CHMP einen möglichen Zusammenhang mit der Anwendung von Mifepriston aus. Da die Fälle nach unzulässiger vaginaler Anwendung von Misoprostol-Tabletten und anschließender Gabe von 200 mg Mifepriston aufgetreten waren, muss dennoch auf die Problematik unter "Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung" sowie unter "Nebenwirkungen" hingewiesen werden. Ärzte sollen sich der möglicherweise tödlichen Komplikation einer nicht autorisierten vaginalen Anwendung von Misoprostol bewusst sein.

 

Quelle

Mifegyne: Abwehr von Arzneimittelrisiken Stufe II. Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 4. März 2008.

Wissenschaftliche Schlussfolgerungen und Begründung der EMEA für die Änderungen der Zusammenfassung der Merkmale der Arzneimittel und der Packungsbeilagen zur Kommissionsentscheidung vom 14. Juni 2007.

 


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