Arzneimittel und Therapie

Tödliche Zwischenfällenach Heparingabe

Seit Ende letzten Jahres werden in den USA unerwartet viele Meldungen über Komplikationen nach Heparingabe registriert, mehrere Patienten sind an den Folgen gestorben. Die in Verdacht stehenden Präparate stammten von der Firma Baxter, die daraufhin zunächst nur einige Chargen zurückgezogen hat. Jetzt hat sie in den USA alle ihre Heparine zurückgerufen. Spekuliert wird, dass die aus China stammenden Ausgangsstoffe kontaminiert gewesen sein könnten. Ein Beweis dafür steht jedoch aus.

Seit Ende Dezember 2007 sind bei der FDA die Meldungen über schwere Zwischenfälle nach Heparingabe sprunghaft gestiegen: Im Vergleich zu weniger als 100 Komplikationen im Jahr 2007 wurden für den Zeitraum Ende Dezember 2007 bis Mitte Februar 2008 350 Zwischenfälle nach Gabe von Heparinen der Firma Baxter registriert. Vier Patienten sind laut FDA-Mitteilung vom 11. Februar 2008 an den Folgen verstorben. Inzwischen soll die Zahl weiter auf über 400 Patienten gestiegen sein, Zeitungsberichte sprechen von 17 bis 21 Todesfällen. Als Reaktion darauf hatte Baxter zunächst nur einige Chargen seiner Heparine zurückgezogen. Jetzt wurden in den USA alle Heparine zurückgerufen.

In fast allen Fällen war Heparin entweder bei Dialysepatienten, nach invasiven kardiovaskulären Eingriffen oder im Rahmen einer Apherese eingesetzt worden. In der Folge kam es unter anderem zu gastrointestinalen Beschwerden, Blutdruckabfall, Brustschmerzen, Herzrasen und schweren allergischen Reaktionen bis hin zu einem tödlichen Schock.

Seit Bekanntwerden der Problematik wird intensiv nach der Ursache geforscht. Eine Erklärung gibt es bislang nicht. Schnell gerieten chinesische Heparinzulieferer in Verdacht. Sie könnten verunreinigtes Ausgangsmaterial geliefert haben, das dann in Deerfield/ Illinois von der Firma Baxter weiter verarbeitet wurde. Die Firma Baxter bezieht ihr Ausgangsmaterial nahezu ausschließlich aus China über die Firma Changzhou SPL. Diese wiederum erhält die für die Heparingewinnung notwendigen Schweinedärme über Großhändler, die ihrerseits von kleinen Familienbetrieben beliefert werden. Die FDA musste einräumen, dass sie es versäumt hat, die Zulieferbetriebe in China zu kontrollieren. Das wird zurzeit nachgeholt.

Da Baxter bislang in den USA die Hälfte des Heparin-Gesamtbedarfs abgedeckt hat, könnte ein Versorgungsengpass mit den blutverdünnenden Medikamenten drohen. Die FDA geht jedoch davon aus, dass andere Anbieter die Lücke schließen werden.

Keine Baxter-Heparine in Deutschland

In Deutschland sind keine Heparine der Firma Baxter auf dem Markt. Hier finden sich entsprechende Präparate von den Herstellern Ratiopharm, Sanofi Aventis, B. Braun Melsungen, Leo und Rotexmedica. Wir wollten von diesen Firmen wissen, woher sie ihr Heparin beziehen und ob auch in Deutschland entsprechende Probleme aufgetreten sind. Geantwortet haben die Firmen Ratiopharm, Sanofi Aventis und B. Braun Melsungen (s. Kasten). Danach sind in Deutschland schwere allergische Reaktionen wie in den USA bislang nicht aufgetreten.

Nachgefragt

Woher stammen die Heparine in Deutschland?

  • Stellungnahme der Firma Ratiopharm

In Deutschland ist die Problematik bislang nicht registriert worden, wie sie in den USA von der FDA beschrieben wurde.

Der Weltbedarf an Heparin wird fast ausschließlich durch die Produktion in China gedeckt. Die pharmazeutische Industrie ist global auf den Import aus China angewiesen, um die Versorgung der Weltbevölkerung mit Heparin sicherstellen zu können. Heparin ist ein Naturstoff und wird aus der Mucosa von Schweinen gewonnen.

Ratiopharm bezieht Roh-Heparin ebenfalls aus China. Der Hersteller des von Ratiopharm in den Parenteralzubereitungen verwendeten Roh-Heparins verfügt über ein European Pharmacopoeia Certificate of Suitability und wurde durch die European Directorate for the Quality of Medicines and Healthcare (EDQM) inspiziert. Dieser Hersteller steht in keiner Verbindung zum Lieferanten der Fa. Baxter, USA.

  • Stellungnahme der Firma B. Braun Melsungen

Die Ausgangsstoffe für die Heparin-Präparate der B. Braun Melsungen AG stammen nicht von dem Lieferanten, der im Zusammenhang mit den Problemen der Firma Baxter in den USA stehen soll.

Die Heparin-Präparate der B. Braun Melsungen AG werden in Europa hergestellt.

In Deutschland sind uns keine vergleichbaren Probleme wie in den USA bekannt geworden. Heparin-Präparate der B. Braun Melsungen AG sind nicht betroffen.

  • Stellungnahme der Firma Sanofi Aventis

 

Sanofi-Aventis hat keinen Hinweis auf derartige Probleme durch Kontamination der Ausgangsstoffe des Heparins. Das Roh-Heparin von Calciparin wird in Deutschland und in den USA hergestellt und stammt von Tieren aus Deutschland, Polen und Nordamerika.

Quelle

FDA News Baxters Multiple-dose Vial Heparin Linked to Severe Allergic Reaction. 11. Februar 2008.

FDA Public Health Update: Recall of Heparin Sodium Injection and Heparin Lock Flush Solution (Baxter) 28. Februar 2008.

 

 


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