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EU-Parlamentarier hält EU-Kommission auf Trab

BERLIN (ks). Während die Standesvertretung der deutschen Apotheker und die Bundesregierung derzeit keinen Anlass sehen, den Fall des Fremd- und Mehrbesitzverbotes bereits als beschlossene Sache anzuerkennen, wird aus anderen Richtungen die unausweichlich bevorstehende Liberalisierung des Apothekenmarktes beständig beschworen. Nun hat auch der binnenmarktpolitische Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Andreas Schwab, den deutschen Gesetzgeber und die Fachverbände zu einer "konstruktiveren Haltung" aufgerufen.

Schwab betonte vergangene Woche in Brüssel, dass die derzeit immer mehr an Dynamik gewinnende Entwicklung im Apothekenwesen "nicht aus heiterem Himmel" gekommen, sondern seit Langem absehbar gewesen sei. So liefen bereits seit Juni 2006 einschlägige Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien, Spanien und Österreich. "Es war klar, dass die deutschen Einschränkungen bei der Niederlassungsfreiheit von Apothekern, das Mehr- und Fremdbesitzverbot sowie die Frage des Versandhandels ebenfalls auf den Prüfstand kommen würden", so Schwab. Nun, da sich auch der Europäische Gerichtshof mit dem deutschen Fremdbesitzverbot beschäftigt und die EU-Kommission gegen die Bundesregierung ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des Mehrbesitzverbotes eingeleitet hat, dürfe man sich nicht länger "einigeln". Vielmehr müsse man gemeinsam mit den übrigen bereits beklagten Staaten zu einer europarechtskonformen Lösung kommen, ohne die qualitativ hochwertige Versorgung mit Arzneimitteln zu gefährden. Dazu gehört aus Schwabs Sicht auch eine Regelung der Gesundheitsdienstleistungen, die bisher aus der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen sind. "Insbesondere die Verbände sollten hier intensiv an einer Paketlösung mitarbeiten", so der Europa-Abgeordnete. An Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt appellierte er, "endlich ihre Verantwortung für das deutsche Apothekenwesen wahrzunehmen". Sie müsse Vorschläge dafür unterbreiten, wie in einem liberalisierten Apothekenmarkt das Ziel erreicht werden könne, eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung – auch im ländlichen Raum – sicherzustellen.

Extra-Honorar für Landapotheken?

Die Gefährdung der Versorgung auf dem Lande ist für den aus Südbaden stammenden Europa-Politiker offenbar eines der größten Probleme, das eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes mit sich bringen könnte. Eine mögliche Lösung sieht Schwab darin, ein apothekeninternes Vergütungssystem einzuführen, das einen finanziellen Ausgleich für den Betrieb von Apotheken im ländlichen Raum vorsieht. Bei der EU-Kommission hat er vergangene Woche schriftlich angefragt, ob ein solches Vorgehen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar wäre. Ebenso fragte er, ob ein gelockertes Fremdbesitzverbot, das den Besitz von bis zu zehn Apotheken zulässt, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar wäre. Innerhalb der kommenden sechs Wochen ist eine Antwort der Kommission auf diese Fragen zu erwarten.

Der Stein des Anstoßes?

Schwabs Interventionen bei der EU-Kommission haben möglicherweise maßgeblich dazu beigetragen, dass EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in die Wege geleitet hat. Bereits Ende 2006 hatte der EU-Parlamentarier vor dem Hintergrund des Streits um die Saarbrücker DocMorris-Apotheke bei der Kommission angefragt, ob ihr bekannt sei, "dass in Deutschland die Niederlassungsfreiheit für Apotheker durch eine Anzahl von Vorschriften behindert wird, die insbesondere die Gründung von Filialen von Versandapotheken aus anderen Mitgliedstaaten erschweren". Zudem wollte Schwab wissen, ob die Kommission wisse, "dass das deutsche Apothekenrecht Diskriminierungen zu Lasten von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten enthält, die insbesondere die Gründung neuer Apotheken durch diese verhindern". Nicht zuletzt fragte Schwab seinerzeit, was die Kommission unternehmen werde, um diese Beschränkungen in Deutschland zu beseitigen. Im Januar 2007 antwortete McCreevy hierauf, dass die Kommission "die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens ins Auge fassen" werde, wenn die laufende Untersuchung zur Situation in Deutschland ergebe, dass die genannten Beschränkungen gegen den Nichtdiskriminierungsgrundsatz verstoßen, sie nicht gerechtfertigt und im Hinblick auf das angestrebte Ziel auch nicht verhältnismäßig sind.

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