Arzneimittel und Therapie

Widerruf der Zulassung von Kava-Kava-Zubereitungen

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat mit seinem Bescheid vom 21. Dezember 2007 die Zulassung Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel mit sofortiger Wirkung widerrufen. Da der Verdacht bestand, dass diese Arzneimittel schwere hepatotoxische Reaktionen auslösen können, hatte das BfArM im Mai 2005 das Ruhen der Zulassungen angeordnet und in der Folge bis zum Dezember 2007 verlängert.

Dieser Bescheid berücksichtigt auch die im Laufe des bisherigen Stufenplanverfahrens von den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern eingebrachten Unterlagen. Auf der Basis der nun vorliegenden aktuellen Erkenntnisse hält es das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte für nicht vertretbar, dass diese Arzneimittel wieder in den Verkehr gebracht werden, da weiterhin der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Zudem stünden für die bisherigen Kava-Kava-Anwendungsgebiete nervöse Angst-, Spannungs- und Unruhezustände gesicherte Therapiealternativen zur Verfügung.

WHO-Bericht zu hepatotoxischen Risiken

Die Welt-Gesundheits-Organisation WHO hatte 2007 einen Bericht zu hepatotoxischen Risiken im Zusammenhang mit der Einnahme Kava-Kava-haltiger Produkte publiziert. Hierin wurde festgestellt, dass die vorliegenden Fallberichte zu Nebenwirkungen an der Leber einen deutlichen Kausalzusammenhang mit der Kava-Einnahme zeigen. Insgesamt wurden im WHO-Bericht 93 Fallberichte über Leberschädigungen im Zusammenhang mit der Gabe von Kava-Kava-Produkten bewertet. Von diesen Fällen endeten sieben tödlich, in 14 Fällen war eine Lebertransplantation erforderlich. Die WHO-Expertengruppe schätzten die Kausalität dieser Berichte in acht Fällen als wahrscheinlich, in 53 als möglich und in 28 als nicht bewertbar ein. Es wurde ein erheblicher Unterschied zu den Bewertungen gesehen, die seitens der pharmazeutischen Industrie vorgelegt wurden. Auch die britische Gesundheitsbehörde Medicines and Healthcare products Regulatory Agency (MHRA) befasst sich seit geraumer Zeit mit dem Risiko der Anwendung Kava-Kava-haltiger Produkte. So wurde in Großbritannien 2002 die Verwendung von Kava-Kava in Arzneimitteln aus Risikogründen verboten. Diese Entscheidung wurde im Jahr 2005 nach öffentlicher Konsultation einer Überprüfung unterzogen. Das Ergebnis dieser Überprüfung wurde 2006 publiziert und bestätigte die bislang getroffenen Maßnahmen.

Mechanismus der Lebertoxizität ungeklärt

Die beschriebenen zum Teil schwerwiegenden hepatotoxischen Reaktionen mit Todesfolge oder Lebertransplantation sind histologisch als toxische Arzneimittelreaktionen gesichert. In nahezu allen diesen Fällen war die Dosis höher als der in der Monographie der Kommission E empfohlene Standardbereich von 60 bis 120 mg. Das BfArM geht daher davon aus, dass den Leberschädigungen sowohl dosisunabhängige idiosynkratische als auch dosisabhängige Reaktionen zugrunde liegen können. Weder die Mechanismen der aufgetretenen hepatotoxischen Effekte der klinisch verwendeten Kava-Kava-Extrakte noch das klinisch relevante Toxin selbst sind derzeit bekannt. Nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse wird von einer allergischen oder von einer dosisabhängigen toxischen Arzneimittelreaktion ausgegangen. Eventuell spielt auch eine genetische Prädisposition eine Rolle. Eine Hypothese besagt, dass es sich bei der genetischen Prädisposition in seltenen Fällen um einen Zusammenhang mit einem CYP2D6-Mangel handeln könnte. Kavapyrone werden beim Menschen partiell verstoffwechselt und mit dem Urin ausgeschieden. Es ist zu vermuten, dass die Metabolisierung in der Leber geschieht, wobei die Metabolite direkt toxisch wirken oder Hypersensitivitätsreaktionen auslösen können.

Erhebliches gesundheitliches Risiko

Das BfArM stellte zusammenfassend fest, dass für Kavain-haltige Arzneimittel kein dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der herrschenden Zulassungspraxis entsprechender Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit vorliegt. Es vertritt die Meinung, dass die unter der Anwendung von Kava-Kava Präparaten aufgetretenen hepatotoxischen Effekte ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellen. Dieses wird nicht durch eine belegte therapeutische Wirkung in den beanspruchten Indikationen und bei den verwendeten Dosierungen kompensiert. Zudem stehen zur Behandlung von Angststörungen durchaus therapeutische Alternativen aus anderen Wirkstoffgruppen zur Verfügung, deren Wirksamkeit erwiesen ist und deren lebertoxisches Potenzial offensichtlich weit geringer ist. Angesichts der Höhe der Gefahr des Auftretens schwerer lebensbedrohlicher UAWs an der Leber (akute toxische, nekrotisierende Hepatitis, fulminantes Leberversagen mit Erfordernis einer Transplantation oder letalem Ausgang) wird ein weiteres Inverkehrbringen nicht mehr für vertretbar gehalten. Vielmehr müssten nach Auffassung des BfArM die Patienten vor den Risiken, die mit einer Einnahme Kava-Kava-haltiger Arzneimittel verbunden sind, geschützt werden. Dazu wurde der sofortige Widerruf der Zulassungen angeordnet.

Das BfArM weist ausdrücklich darauf hin, dass sich dieser Widerruf aufgrund der Bestimmungen des § 5 Abs. 1 AMG nicht nur auf registrierungs- oder zulassungspflichtige Fertigarzneimittel bezieht. Es betrifft u. a. auch den Verkauf der Arzneidroge selbst sowie diejenigen homöopathischen Arzneimittel, die aufgrund der Regelungen in § 38 Abs. 1 AMG von der Pflicht zur Registrierung freigestellt sind, sofern sie in Mengen bis zu 1000 Packungen in einem Jahr in den Verkehr gebracht werden. Nicht betroffen von dieser Maßnahme sind Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt werden und Kava-Kava-Zubereitungen in einer Endkonzentration enthalten, die geringer ist als die vierte Dezimalpotenz; sowie Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen spagyrischen Verfahrenstechnik nach Zimpel (Vorschriften 25 und 26) hergestellt werden.

 

Quelle 

Abwehr von Gefahren durch Arzneimittel, Stufe II. Kava-Kava (piper methysticum)- und Kavain-haltige Arzneimittel. Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 21. Dezember 2007. 

 


 

ck

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